Viele Fernwärmeversorger sehen sich derzeit mit dem Problem konfrontiert, dass ältere Preisänderungsklauseln in ihren Verträgen nicht mehr den rechtlichen Anforderungen genügen. Solche Klauseln sind insbesondere dann unwirksam, wenn sie für Kunden intransparent sind oder keine sachgerechte Anpassung an Kostenentwicklungen mehr ermöglichen oder den Wärmemarkt nicht sagerecht abbilden. Doch wie kann ein Versorger auf eine solche Situation reagieren?
Die rechtlich sicherste Variante ist wahrscheinlich die einvernehmliche Vertragsänderung. Der Versorger bietet dem Kunden eine neue Preisklausel an, der dieser ausdrücklich zustimmen muss. Der Aufwand ist jedoch hoch – und Kunden könnten die Änderung ablehnen.
Oder gibt es vielleicht einen Anspruch des Wärmeversorgers, dass der Kunde einer sachgerechten Vertragsänderung zustimmen muss?
Nein – sagt zumindest das Landgericht Frankfurt/Main – in einer aktuellen Entscheidung, über die wir hier bereits berichtet hatten. Im dortigen Verfahren hatte der Versorger (in Gestalt einer hilfsweisen Widerklage) gerichtlich gegen seinen Kunden geklagt und gefordert, dass dieser die Zustimmung zur Änderung der bisherigen vertraglichen Preisklausel im Falle der Unwirksamkeit der alten Regelung erklären müsse.
Eine solche Klage ist zulässig, aber unbegründet, befand das Landgericht Frankfurt. Der Versorger habe nach der Rechtsprechung des BGH die Möglichkeit der einseitigen Änderung einer unwirksamen Preisklausel und daher keinen Anspruch, dass der Kunde hierzu eine zustimmende Willenserklärung abgeben müsse.
„Ein Anspruch auf Vertragsanpassung, wie er Gegenstand der Hilfswiderklage ist, kann auch nicht auf eine andere dogmatische Grundlage gestützt werden, insbesondere nicht auf § 242 BGB. Auch dies stünde im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Ersetzung einer nichtigen Preisanpassungsklausel für die Zukunft bislang einzig über ein einseitiges Änderungsrecht des Versorgers einen dogmatischen Rahmen gegeben hat. Zudem würde die Stattgabe der Hilfswiderklage einen Kontrahierungszwang bedeuten, der mit der verfassungsrechtlichen, in das Privatrecht ausstrahlenden Werteordnung unvereinbar wäre. Es unterfällt der nach Art. 2 I GG verfassungsrechtlich verbürgten Privatautonomie, dass Parteien im Sinne einer negativen Abschlussfreiheit eigenverantwortlich darüber befinden dürfen, ob sie einen Vertrag schließen (vgl. etwa Sachs, GG, 10. Aufl. 2024, Art. 2 Rn. 54; Huber/Voßhule, GG, 8. Aufl. 2024, Art. 2 Rn. 118 jeweils m.w.N.). Diese Freiheit gilt nicht
schrankenlos, ihre Einschränkung bedarf aber rechtfertigender Gründe. Solche Gründe sind hier nicht ersichtlich, weil die von der Beklagten gegenüber der Klägerin verlangte Zustimmung zu einer Vertragsänderung weder erforderlich noch angemessen ist.
Es steht ihr als relativ milderes Mittel die Nutzung ihrer einseitigen Änderungsbefugnis offen. Diese Befugnis ist für die Klägerin milder, weil sie dadurch nicht gezwungen wird, in eine von ihr nicht gewollte Vertragsänderung einzuwilligen. Die Unterscheidung zwischen einer solchen Einwilligung und einer einseitigen Vertragsänderung ist auch kein reiner Formalismus. Denn mit der Zustimmung zur Vertragsänderung können zusätzliche Risiken verbunden sein. Ändert die Beklagte die nichtige Anpassungsklausel einseitig ab, so steht der Klägerin beispielsweise offen, auch die Unwirksamkeit einer neuen Klausel auf Grundlage der AVBFernwärmeV anzugreifen“
(Christian Dümke)
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