Alpha Ventus war 2010 der erste Offshore-Windpark Deutschlands, der ans Netz ging – rund 40 Kilometer nordwestlich von Borkum. Heute, 15 Jahre später, steht die Anlage womöglich vor einem bedeutenden Umbruch: Ein Rückbau des gesamten Windparks wird ernsthaft in Betracht gezogen. Zwar ist noch keine Entscheidung gefallen, doch eine Sprecherin des Betreiberkonsortiums bestätigte, dass derzeit verschiedene Optionen geprüft werden. Darunter fällt leider auch die komplette Stilllegung des Windparks inklusive Rückbau.
Inzwischen hat sich die Offshore-Technologie nämlich erheblich weiterentwickelt. Neue modernere Windkraftanlagen sind heute deutlich leistungsfähiger und wirtschaftlicher als die frühen Modelle. Damit stellt sich für Altanlagen wie Alpha Ventus die Frage, ob sich ein Weiterbetrieb lohnt – oder welche Bauteile überhaupt noch sinnvoll genutzt werden können. Eine umfassende Modernisierung wäre zwar technisch möglich, erscheint jedoch unter den derzeitigen rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen wohl wenig attraktiv.
Ein Alternativszenario wäre die Umnutzung einzelner Anlagen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff. Erste Konzepte dazu wurden bereits gemeinsam mit der Wasserstoff-Projektgesellschaft NorthH2 präsentiert. Allerdings betrifft diese Idee nur ausgewählte Windräder und nicht den gesamten Park.
Die Zukunft von Alpha Ventus wird nicht erst jetzt diskutiert. Schon Ende 2024 hatte Eric Richter, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft DOTI, bei einer Fachveranstaltung der Fraunhofer-Gesellschaft in Hannover mögliche Perspektiven vorgestellt. Dort wurde deutlich: Der Windpark markiert den Beginn eines neuen Kapitels in der Geschichte der deutschen Offshore-Windenergie – eines, in dem Rückbau und Erneuerung vieler Altanlagen anstehen.
Der wirtschaftliche Druck wächst: Mit dem Auslaufen der erhöhten Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im Jahr 2024 entfällt ein zentraler finanzieller Pfeiler. Statt der bisherigen 15,4 Cent pro Kilowattstunde erhalten die Betreiber seither nur noch die Grundvergütung von 3,9 Cent. Das reicht bei Offshore-Anlagen nicht aus, um den Betrieb rentabel aufrechtzuerhalten.
Derzeit wird der Strom über die Börse direkt vermarktet. Künftige Entscheidungen der Betreiber hängen daher stark von der Entwicklung der Strompreise und möglichen Fördermechanismen ab. Sollte sich kein tragfähiges Geschäftsmodell finden, dürfte der Rückbau unausweichlich sein. Falls jedoch eine wirtschaftliche Anschlussnutzung – etwa im Wasserstoffsektor – realisierbar erscheint, könnten sich neue Chancen für den Standort ergeben.
Fest steht: In den kommenden Jahren wird es vermehrt zu Rückbauprojekten kommen, da viele der frühen Offshore-Windparks an ihre technische und wirtschaftliche Lebensgrenze stoßen. Damit wird der politische und wirtschaftliche Handlungsdruck steigen – denn über die Zukunft dieser Standorte muss bald entschieden werden.
(Christian Dümke)
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