Im Rahmen des Clean Industrial Deal (wir berichteten schon hier) sind EU-Gesetze zu Kreislaufwirtschaft und kritischen Rohstoffen („Circular Economy Act“ und „Critical Raw Materials Act“) geplant. Diese stehen im Mittelpunkt der europäischen Industrie- und Umweltstrategie. Sie knüpfen an den European Green Deal (Klimaneutralität 2050) und den 2020 Circular Economy Action Plan an, der bereits eine Verdopplung der Materialkreislaufquote anstrebt. Unter Präsidentin von der Leyen wird im „Clean Industrial Deal“ (Februar 2025) betont, dass eine effiziente Ressourcennutzung „Decarbonisation into a driver of growth“ verwandeln soll. Darin sind der Circular Economy Act (geplant für Q4 2026) und ein EU-Zentrum für gemeinsame Rohstoffbeschaffung (bis 2026) als Meilensteine vorgesehen. Als Zwischenziel soll der Anteil kreislauffähiger Materialien von heute etwa 11,8 % auf 24 % bis 2030 steigen.
Schon heute existiert ein umfassendes EU-Regelwerk zum Abfallrecht und nachhaltigen Produkten: So regelt die Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG grundlegende Abfallhierarchie und Recyclingziele (z.B. 60 % Recyclingquote für Siedlungsabfall bis 2030). Die Verpackungs- und Verpackungsabfallrichtlinie (94/62/EG) wurde mit der neuen Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR 2025/40) ersetzt. Seit Februar 2025 sind z.B. bindende Ziele verankert: das Verpackungsaufkommen pro Kopf soll bis 2030 um 5 % sinken, bis 2035 um 10 % gegenüber 2018. Ab 2030 muss sämtliches in Verkehr gebrachtes Verpackungsmaterial recyclingfähig sein, zudem gelten Quoten für Rezyklate (z.B. steigende Pflichtanteile in Kunststoffverpackungen). In bestimmten Bereichen – etwa Lebensmittelbehälter, Einwegbecher oder Getränkeverpackungen – sind Reuse-/Pfandsysteme vorgeschrieben. Parallel wurde das Ökodesign-Recht deutlich ausgeweitet: Seit Juli 2024 gilt die Ecodesign-for-Sustainable-Products-Verordnung (ESPR), die die alte Ökodesign-Richtline ablöst Die Ökodesignverordnung deckt nun fast alle physischen Produkte ab. Sie schreibt strenge Produktanforderungen vor: neue Kriterien für Haltbarkeit, Reparierbarkeit, Wiederverwertbarkeit und Gesundheitsschutz. Neu eingeführt wurden z.B. Digitale Produktpässe („Digital Product Passports“), die Materialgehalt, Herkunft und Recyclingfähigkeit eines Produkts elektronisch dokumentieren. Wie das technisch umgesetzt wird, ist jedoch noch ungewiss. Auch wird das Vernichten unverkaufter Textilien/Fußbekleidung ausdrücklich verboten. Weitere Regelungen – etwa zur Entsorgung von Elektronikschrott (WEEE-Richtlinie), Batterierecycling oder Mehrweg- und Pfandsystemen – existieren bereits. Der geplante Circular Economy Act (CEA) soll dieses Geflecht jedoch stärker harmonisieren, nationale Alleingänge einschränken und ggf. bisher unregulierte Lücken (z.B. End-of-Waste-Kriterien, Stoffsteuern) schließen.
Der Circular Economy Act („CEA“) ist ein noch nicht finalisiertes Gesetzespaket der EU, das voraussichtlich 2026 vorgestellt wird. Ein Ziel ist die Schaffung eines echten Binnenmarkts für Abfall und Sekundärrohstoffe. Der Anwendungsrahmen ist noch nicht klar, der Fokus dürfte jedoch insbesondere mit Blick auf kritische Rohstoffe (siehe auch Critical Raw Materials Act (Verordnung (EU) 2024/1252) stehen.
Die Kommission kündigt an, Regelungen so zu vereinfachen, dass einheitliche Rahmenbedingungen für Recycling, Wiederverwendung und Rohstoffnutzung gelten. Konkret geht es um Zielvorgaben für den Materialkreislauf: Im CEA könnten sich verbindliche Quoten für Recycling und Rezyklatanteile wiederfinden. Beispielsweise enthält der Zeitplan des Clean Deal das Ziel, 24 % der Materialien bis 2030 recycelt oder wiederverwendet zu haben. Andere Szenarien sprechen von ambitionierten Recyclingquoten nach Sektoren und Produktgruppen. Zudem sind einheitliche Produktstandards angedacht: Der CEA dürfte die ESPR-Vorgaben ergänzen. Laut Kommissions-Arbeitsprogramm sollen Produkte mit knappen (bzw. kritischen) Rohstoffen länger im Kreislauf bleiben. Der Rechtsakt könnte dann gesonderte Mindestanforderungen an Reparierbarkeit, kreislauffähiges Design und Rezyklatanteile einführen. Beispielsweise könnten Hersteller verpflichtet werden, Produktteile nach Gebrauch zurückzunehmen oder Recyclingfähigkeit nachzuweisen. Es kann auch erwartet werden, dass der CEA Anreize schafft, um Sekundärmaterialien attraktiver zu machen (z.B. durch Handelsregeln oder Investitionsförderung). So soll der Markt für Rezyklate gestärkt werden. Wahrscheinlich wird die EU-Ebene weitere Standardregeln für End-of-Waste-Kriterien erlassen (wann Abfälle als also das Ende des Abfallrechts erreichen und produktrechtliche Regelungen gelten), um grenzüberschreitenden Handel mit Sekundärstoffen zu erleichtern. Hierbei wird gerade der Grenzbereich zu produktrechtlichen Anforderungen (beispielsweise REACH) spannend, die durchaus Erschwernisse mit sich bringen und insbesondere im Kunststoffrecycling mitunter kaum zu überwindende Hürden darstellen.
Insgesamt sollte es darum gehen, Rechtsunsicherheiten zu beseitigen und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Gleichzeitig soll durch ein EU-weites Regelwerk der bürokratische Aufwand der Unternehmen sinken und Doppelregelungen zwischen Mitgliedstaaten vermieden werden. Wird der Kreislaufrechtsakt als EU-Verordnung ausgestaltet ist sie direkt anwendbar in allen Mitgliedstaaten. Damit entfiele in vielen Fällen die nationale Umsetzung, Rechtsunsicherheit durch divergierende Vorschriften sinkt. Für Unternehmen bedeutete dies: Einerseits größere Planungssicherheit durch einen einheitlichen Rechtsrahmen; andererseits neue Pflichten und Compliance-Anforderungen (z.B. erweiterte Dokumentations‑, Reporting- und Nachweispflichten). (Dirk Buchsteiner)
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