Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat zwei Verfahren gewonnen, die sie gegen die Bundesregierung geführt hat (OVG 11 A 22/21, OVG 11 A 31/22).
Die eine Klage aus 2020 – 2021 erweitert – richtet sich auf die Verpflichtung der Bundesregierung, ihr Klimaschutzprogramm für die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Landwirtschaft und Verkehr zu überarbeiten. Das existierende Klimaschutzprogramm sei nämlich nicht ausreichend. Die andere Klage aus 2022 richtet sich gegen dieses Klimaschutzprogramm der Bundesregierung in Hinblick auf den Sektor LULUCF (land use, land use change and forestry), der als Senke CO2 konsumieren soll.
Dass das OVG Berlin-Brandenburg beiden Klagen stattgegeben hat, hat sich medial inzwischen herumgesprochen. Dass es die Revision eröffnet hat, also noch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) über die Angelegenheit befinden kann, auch. Ebenso klar ist, dass der Zeitpunkt, zu dem dies der Fall sein wird, nach Inkrafttreten der Änderungen des Klimaschutzgesetzes (KSG) liegen wird, auf dessen Vorgaben die Verfahren fußen. Das KSG wird bekanntlich gerade teilweise entschärft, v. a. weil das Verkehrsressort sich hartnäckig weigert, Maßnahmen zu ergreifen, um seinen sektorspezifischen Minderungsverpflichtungen nachzukommen. Künftig soll national deswegen eine Gesamtbetrachtung über alle Sektoren und mehrere Jahre hinweg an die Stelle der sektorenbezogenen Ziele treten, auch wenn es gemeinschaftsrechtlich bei der Sektorenbezogenheit von Emissionen und Minderungsvorgaben bleibt. Am 17.05.2024 hat nun auch der Bundesrat sich entschieden, keinen Einspruch gegen dieses Gesetz einzulegen.
Sind die Entscheidungen des OVG damit nicht schon heute Makulatur? Zumindest für LULUCF dürfte dies ohnehin nicht der Fall sein. Doch auch für die übrigen Sektoren kann die Bundesregierung die Entscheidungen nicht einfach zu den Akten legen. Zwar liegen bisher die Gründe nicht vor. Denn wenn das OVG selbst in seiner Pressemitteilung ausführt, den Klagen stattgegeben zu haben, weil das Klimaschutzprogramm die Klimaschutzziele und den festgelegten Reduktionspfad nicht einhalte und zudem an methodischen Mängeln leide und teilweise auf unrealistischen Annahmen beruhe, so ändert sich an diesem Maßstab ja erst einmal nichts, wenn man alle Sektoren gemeinsam betrachtet. Auch der nun maßgebliche Blick auf die künftigen Minderungen mittels Projektionen dürfte daran wenig ändern: Wenn die Bundesregierung mit Maßnahmen plant, die insgesamt ungeeignet sind, die – ja der Höhe nach unveränderten – Minderungsziele zu erreichen, weil sie zu optimistisch geplant sind, verhält sie sich auch in Zukunft rechtsfehlerhaft. Sie riskiert also auch mit dem neuen KSG vor Gericht zu mehr Klimaschutz verdonnert zu werden. Die Urteile sind also keineswegs nur für die Galerie interessant, die die Bundesregierung gern vorgeführt sehen möchte.
(Freilich, wie man damit umgeht, wenn sie auch nach immer neuen Urteilen keine ausreichenden Maßnahmen beschließt, bleibt weiter offen.) (Miriam Vollmer).
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