Die CDU hat sich ein neues Grundsatzprogramm gegeben, aus dem hervorgeht, wie sie Deutschland zu regieren gedenkt, wenn sie ab 2025 wieder Teil der Bundesregierung sein sollte. Auch die Politikbereiche Energie und Klima werden berührt. Auf der Tonspur teilt Parteivorsitzender Friedrich Merz schon einmal mit, man wolle „das Gegenteil“ der Politik der Grünen. Schauen wir uns also an, wie dieses Gegenteil programmatisch ausieht.
Schon auf S. 4 des Grundsatzprogramms stoßen wir stattdessen auf eine Gemeinsamkeit der CDU mit den Grünen und überhaupt allen anderen demokratischen Parteien: Auch die CDU will Erneuerbare Energien ausbauen, setzt auf den Emissionshandel als wichtigstes Instrument, die Klimaziele zu erreichen, und steht zum Paris Agreement. Auf S. 62 wird man dann bezüglich der Ziele konkret: Auch die CDU will 2045 ein klimaneutrales Deutschland. Am internationalen Rahmen wird auch festgehalten, und auch die Union trägt Zahlungen an Entwicklungsländer mit. Man geht sogar noch einen Schritt weiter: Auf S. 63 spricht sich die CDU für einen weltweiten Emissionshandel aus. Klar ist damit: Auch mit der Union gibt es in 20 Jahren in Deutschland kein fossiles Benzin mehr, keinen Erdgaskessel und auch kein Kerosin. Auch auf S. 63 bekennt sich die Union zum weiteren Ausbau der Erneuerbaren und der Steigerung der Energieeffizienz.
Bis jetzt also praktisch keine Differenzen. Sollte die Union etwa gar nicht „das Gegenteil“ der Politik der Ampel fordern? Hat nicht ihr Vorsitzender sich ausdrücklich gegen Verbote gewandt und fordert … ja, was nun genau? Emissionshandel only etwa? Also einen Pfad der Technologieoffenheit, auf dem keine Erzeugungstechnologie ordnungsrechtlich verboten wird, sondern fossile Erzeugung einfach nur durch Zertifikate so verteuert wird, dass die Autofahrer und Industriellen von selbst umsteuern? Ach nein, doch nicht: Auf S. 63 unten bekennt sich die CDU zum vereinbarten Kohleausstieg und will – wie die Ampel auch – mit Gaskraftwerken die Lücke zwischen Erneuerbarer Erzeugung und Bedarf decken.
Auf der Folgeseite zählt die CDU auf, was sie befürwortet. Brennstoffzellen gehören dazu, Wasserstoffkraftwerke, Geothermie, klimaneutrale Gaskraftwerke, soweit alles Konsens mit allen Regierungsparteien, aber dann kommt es: Die Union befürwortet auch Kernkraftwerke der vierten und fünften Generation sowie Fusionskraftwerke. Hier hätten wir also einen echten Unterschied zu den Grünen und der SPD, die Atomkraftwerke ablehnen. Die Union will also die stillgelegten AKW wieder reaktivieren und neue bauen? Das offenbar dann doch nicht. Eine konkrete Forderung in Zusammenhang mit der Kernkraft sucht der Leser vergebens. Statt dessen findet sich nur die Formulierung Deutschland könne zurzeit nicht auf die Option Kernkraft verzichten, obwohl es bekanntlich derzeit keine Atomkraftwerke in Deutschland gibt, ohne dass es zu Stromengpässen käme. Offenbar schätzt die Union Kernkraftwerke, will aber weder Kernkraftwerke reaktivieren noch neue bauen lassen.
Reicht diese Wertschätzung allein nun schon aus, vom „Gegenteil“ der Ampelpolitik zu sprechen? Bezogen auf praktische Politik strebt die CDU zumindest nach ihrem neuen Grundsatzprogramm keine Kehrtwende an, weder soll das Ziel eines klimaneutralen Deutschlands 2045 aufgegeben werden, noch setzt die CDU auf andere oder weniger Maßnahmen als die Ampel. Regierung und Opposition unterscheiden sich offenbar eher im Detail (Miriam Vollmer).
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