Das Auslegen von Gesetzen gehört zum Handwerk eines Juristen. Denn leider drückt der Gesetz­geber sich nicht immer verständlich aus oder es bestehen zumindest verschiedene Ansichten über die Frage, was er wohl mit dieser oder jener Aussage im Gesetz gemeint haben könnte. So auch bei § 41 EnWG in der bis zum 26. Juli 2021 geltenden Fassung.

§ 41 EnWG regelt die Anfor­de­rungen an Energie­lie­fer­ver­träge. Aber für wen? In der aktuellen Fassung bezieht sich der Gesamte Paragraph eindeutig auf Energie­lie­fer­ver­träge mit „Letzt­ver­brau­chern“. Der Begriff des Letzt­ver­brau­chers wurde vom Gesetz­geber in § 3 Nr. 25 EnWG definiert. Soweit so klar.

In der früheren Fassung lautete die Überschrift der Norm jedoch noch „Energ­lie­fer­ver­träge mit Haushalts­kunden“ und sämtliche Absätze, abgesehen von Absatz 3 bezogen sich auch eindeutig auf Verträge mit Haushalts­kunden. Die Begriffe „Haushalts­kunde“ und „Letzt­ver­braucher“ sind nicht gleich­be­deutend. Der Begriff des Haushalts­kunden ist gem. der Definition des § 3 Nr. 22 EnWG enger als der des Letzt­ver­brau­chers. Dieser Unter­schied ist von Bedeutung denn im Absatz 3 der alten Fassung des § 41 EnWG stand geschrieben, dass Energie­ver­sorger „Letzt­ver­braucher“ im Fall von Preis­an­pas­sungen recht­zeitig infor­mieren und ihnen ein Sonder­kün­di­gungs­recht gewähren müssen.

Und hierzu war und ist (auch unter Juristen) streitig, ob der Gesetz­geber dort auch wirklich „Letzt­ver­braucher“ meinte, als er Letzt­ver­braucher sagte. Oder ob hier vielleicht ein Versehen des Gesetz­gebers vorlag und er die Begriffe „Letzt­ver­braucher“ und „Haushalts­kunde“ verwechselt hat, denn schließlich sollte der § 41 EnWG a.F. laut Überschrift ja nur für Verträge mit Haushalts­kunden gelten.

Der Streit hat ganz praktische Auswir­kungen, zum Beispiel bei der Frage ob ein Energie­ver­sorger bei der Erhöhung seiner Preise gegenüber einem Indus­trie­un­ter­nehmen (das Letzt­ver­braucher aber nicht Haushalts­kunde ist) die Anfor­de­rungen des § 41 Abs. 3 alte Fassung EnWG einhalten musste oder nicht.

Wir haben hier vertreten, dass der Gesetz­geber beim Wort genommen werden muss und zumindest das Landge­richt Köln gab uns dazu kürzlich recht. § 41 EnWG a.F. sei am Wortlaut auszu­legen und wenn der Gesetz­geber den von ihm selber definierten Begriff des Letzt­ver­brau­chers dort verwendet, dann gilt das auch (Landge­richt Köln, Hinweis­be­schluss vom 30.06.2023, 88 O 3/23).

(Christian Dümke)