Die Entscheidung ist taufrisch und gerade in aller Munde: Der Springer Verlag hatte gegen einen Anbieter eines Werbeblockers geklagt. Hierbei handelt es sich um ein Programm, das man sich herunterladen und auf seinem Computer installieren kann. Man sieht dann weniger Werbung, bzw. nur noch solche, für die der Werbetreibende nicht nur einmal an den Springer Verlag, sondern noch einmal an den Anbieter des Werbeblockers gezahlt hat. Ins echte Leben übertragen kann man sich den Werbeblocker also ungefähr so wie jemanden vorstellen, der sich neben dem Briefkasten aufbaut, die Prospekte der Supermärkte, Baumärkte und Teppichhändler aus der Tageszeitung nimmt, und sie nur dann wieder hineinlegt, wenn diese ihm etwas dafür zahlen.
Es ist verständlich, dass ein Pressekonzern dies nicht gern sieht. Denn nur wenige Kunden sind bereit, für Presseangebote im Internet Geld zu bezahlen. Werbung bei Anzeigen sind deswegen eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Und natürlich sinkt die Attraktivität einer Homepage für Werbekunden, wenn es zulässige technische Möglichkeiten gibt, die verhindern, dass der Nutzer die Werbung überhaupt sieht. Zudem spricht viel dafür, dass der Verlag Werbeblocker auch schlecht als Schmarotzer angesehen hat, die die Attraktivität fremder Inhalte für sich ausnutzen.
Die erste Instanz wies die Klage des Pressekonzerns ab. Die zweite gab ihr teilweise statt und bejahte eine gem. § 4a UWG wettbewerbsrechtlich unzulässige aggressive geschäftliche Handlung. Der Bundesgerichtshof (BGH) sah dies heute nun anders: Eine Wettbewerbsverletzung liege nicht vor. Das Geschäftsmodell des Werbeblockers sei zulässig.
Insbesondere sieht der BGH keine unzulässige gezielte Behinderung nach § 4 Abs. 4 UWG und auch keine aggressive geschäftliche Handlung nach § 4a UWG. Der Werbeblocker habe nur das eigene Geschäft fördern, nicht aber das Geschäft des Springer Verlags schädigen wollen. Außerdem stünde es dem Verlag ja frei, nur noch Nutzern den Zugang zu eröffnen, die auf solche Programme verzichten. Auch eine allgemeine Marktbehinderung sah das Gericht nicht. Es bejahte auch keine Gefahr für kostenlose Internetangebote an sich.
Doch ist gerade dies letztlich überzeugend? Das ganze Geschäftsmodell der Presse im Internet beruht ja – siehe oben – auf Werbung. Das kann man mit Fug und Recht als ausgesprochen problematisch ansehen, schließlich wünschen wir uns alle eine Presse, die nicht in erster Linie dem Werbetreibenden gefallen, sondern uns informieren soll. Auch wenn der Blick ins UWG durchaus für die Richtigkeit der BGH-Entscheidung spricht, so stellt sich doch mit der Verschiebung der Nachrichtenversorgung ins Netz immer mehr die Frage, wie eine für den Bestand der Demokratie essentielle freie Presse eigentlich künftig überhaupt finanziert werden soll. Vor dem Hintergrund dieser Frage ist das Geschäftsmodell des Werbeblockers kritisch zu sehen, auch wenn die oft überbordende Werbeflut im Internet dem Verbraucher in der Tat viel Langmut abverlangt. Es ist insofern folgerichtig, dass der Springer Verlag das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anrufen will, auch wenn ich der Beschwerde nur bedingt Erfolgsaussichten einräumen würde.
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