Quo vadis E‑Scooter? Novelle der Elektro­kleinst­fahr­zeu­ge­ver­ordnung geplant

An der Rolle der E‑Scooter in der Verkehrs­wende scheiden sich die Geister: Für die einen sind sie ein gelun­genes Beispiel für innovative und multi­modale Mobilität, die als Elektro­mo­bi­lität auch einen Bezug zur Energie­wende hat und inner­städ­tische Emissionen reduziert. Für andere „kanni­ba­li­sieren“ sie den ÖPNV und machen dem Fußverkehr den Platz streitig. Tatsächlich waren in vielen Stadt­zentren nach Einführung des gewerb­lichen „free-floating“ Verleihs von E‑Scootern die Gehwege und Plätze der Innen­städte kaum noch ohne Umwege oder Hürden­läufe passierbar. Gerade vor Sehens­wür­dig­keiten, Bahnhöfen und S‑Bahnstationen häuften sich wild abgestellte Scooter. Zudem haben sich immer wieder blinde Menschen zum Teil schwer an ihnen verletzt, da sie gefähr­liche Stolper­fallen verur­sachen können.

Von zwei unterschiedlichen Aufstellern auf einem öffentlichen Platz behindernd aufgestellte E-Roller.

Mit Hilfe von Jelbi-Stationen und Geofencing konnte dieses Chaos zumindest in Bereichen, in denen entspre­chende Struk­turen geschaffen wurden, inzwi­schen etwas zurück­ge­drängt werden. Viele Städte sind im Übrigen auf die Idee gekommen, das freie Abstellen gewerb­licher Mobili­täts­an­gebote auf den Gehwegen als Sonder­nutzung einzu­stufen. Das ist von der Verwal­tungs­ge­richts­barkeit bislang akzep­tiert worden. Dadurch hat sich die Verhand­lungs­po­sition der Kommunen verbessert, so dass sie die Bedin­gungen, zu denen E‑Scooter öffentlich angeboten werden dürfen, in Verein­ba­rungen definieren und besser kontrol­lieren können.

Inzwi­schen liegt auch von der Bundes­re­gierung ein Entwurf für die Novelle der sogenannten Elektro­kleinst­fahr­zeuge-Verordnung (eKFV) vor. In ihr sind ein Bündel von Maßnahmen vorge­sehen, die u.a. die Verkehrs­si­cherheit der E‑Scooter stärken sollen, aber auch auf häufige Verkehrs­ver­stöße reagieren. Zugleich werden jedoch auch einige Erleich­te­rungen für E‑Scooter einge­führt, insbe­sondere die weitge­hende verkehrs­recht­liche Gleich­stellung mit Fahrrädern.

Was die techni­schen Voraus­set­zungen angeht, sollen E‑Scooter in Zukunft mit Blinkern ausge­stattet sein, die Anfor­de­rungen an Batterien werden an einen neuen DIN-Standard angepasst sowie die fahrdy­na­mi­schen Prüfungen verschärft (gültig für Neufahr­zeuge ab 2027, ältere Fahrzeuge dürfen weiter genutzt werden).

Die Novelle beinhaltet auch mehrere verhal­tens­recht­liche Änderungen. Die Regeln für E‑Scooter sollen durch die Reform sämtlich aus der eKFV in die StVO überführt werden. Durch die Novelle sollen die Regeln für E‑Scooter weiter an den Radverkehr angeglichen werden. So sollen Freigaben für Fahrräder jeweils auch für E‑Scooter gelten, dies betrifft insbe­sondere die Mitbe­nutzung von Fußgän­ger­zonen und Gehwegen.

Der Deutsche Blinden- und Sehbe­hin­der­ten­verband sowie der Fußgän­ger­verband Fuss e.V. haben dies in Stellung­nahmen kriti­siert. Schon von Radfahrern würde die Pflicht, auf freige­ge­benen Gehwegen Schritt­ge­schwin­digkeit zu fahren, überwiegend nicht beachtet. Dass die Benutzer von E‑Scootern sich daran halten würden, sei ebenfalls nicht zu erwarten.

Außerdem sollen E‑Scooter in Zukunft auch an Licht­zei­chen­an­lagen rechts abbiegen dürfen, an denen für Radfahrer ein grüner Rechts­ab­bie­ge­pfeil angeordnet ist. Beim Überholen sollen E‑Scooter in Zukunft ebenso wie Radfahrer von dem Sicher­heits­ab­stand von 1,50 m gegenüber Radfahrern und Fußgängern ausge­nommen sein, die ansonsten innerorts für motori­sierte Fahrzeuge gelten.

Angeglichen werden soll auch die Höhe des Bußgelds bei verbo­tenen Fahren auf Gehwegen. Bisher müssen Radfahrer dort mehr zahlen als E‑Scooter.

Was das Parken auf Gehwegen angeht, sollen E‑Scooter weiterhin dort parken dürfen, wo auch Fahrräder abgestellt werden können. Dies ist auf Gehwegen der Fall, soweit der Fußverkehr nicht behindert oder gefährdet wird. Auch am Fahrbahnrand wäre das Abstellen von E‑Scootern zulässig, wird aber üblicher­weise nicht prakti­ziert. Was das gewerb­liche Anbieten von E‑Scootern angeht, soll in der Novelle ausdrücklich geregelt werden, dass die Kommunen darüber entscheiden dürfen, ob und unter welchen Maßgaben das möglich ist. Zum Beispiel können sie es auf ausge­wiesene Flächen beschränken. Auch wenn man über die Gleich­stellung der E‑Scooter mit Fahrrädern geteilter Meinung sein kann, sind diese Klarstel­lungen bezüglich des gewerb­lichen Aufstellens zu begrüßen, da sie sowohl für Kommunen als auch für die Aufsteller mehr Rechts­si­cherheit schaffen. (Olaf Dilling)

 

2025-11-26T09:37:10+01:0025. November 2025|Verkehr|

Geldau­tomat als Sondernutzung

Das Verwal­tungs­ge­richt Berlin hatte laut einer aktuellen Presse­mit­teilung über einen Geldau­to­maten im Stadtteil Prenz­lauer Berg zu befinden. Die Entscheidung ist spannend, weil sie einmal mehr einen Nutzungs­kon­flikt im umkämpften urbanen öffent­lichen Raum betrifft und dabei auch für vergleichbare Fälle beispielhaft ist.

Der Automat war auf einer belebten Straße vor Mehrfa­mi­li­en­häusern auf einem eigenen Fundament aufge­stellt worden. Die offenbar einzige recht­liche Grundlage dafür war ein Mietvertrag mit dem Eigen­tümer des Mehrfa­mi­li­en­hauses. Auch wenn es sich um ein Privat­grund­stück handelt, heißt das nicht unbedingt, dass es sich nicht um einen Teil der öffent­lichen Straße handelt.

Insofern wäre aus Sicht des zustän­digen Bezirksamts Pankow eine Sonder­nut­zungs­ge­neh­migung nach § 11 BerlStrG erfor­derlich gewesen. Dies wurde dann auch vom Gericht bestätigt. Denn der Geldau­tomat diene nicht verkehr­lichen, sondern rein gewerb­lichen Zwecken. Er steht auf einer belebten Straße, auf der weitere Nutzungen poten­tiell zu Einschrän­kungen der Funkti­onfä­higkeit des Gehweg führen. Zudem habe der Geldau­tomat die Zugäng­lichkeit bestehender Leitungen verhindert.

Die Entscheidung – und inbesondere deren amtliche Begründung – dürfte nicht nur Geldau­to­ma­ten­auf­steller inter­es­sieren, sondern z.B. auch Aufsteller von E‑Ladesäulen, die ebenfalls zum Teil als straßen­rechtlich geneh­mi­gungs­be­dürftig einge­stuft werden. (Olaf Dilling)

2023-08-23T19:01:42+02:0023. August 2023|Verkehr|

OVG Münster zu Sonder­nut­zungs­ge­bühren für E‑Scooter

Das Oberver­wal­tungs­ge­richt (OVG) Münster hatte vor einiger Zeit das Aufstellen von sogenannten Sharing-Angeboten im öffent­lichen Raum vom Gemein­ge­brauch ausge­nommen. Das heißt, dass kommer­zielle Leih-Fahrräder oder E‑Scooter nicht mehr ohne weitere auf Gehwegen abgestellt werden dürfen. Vielmehr ist eine Sonder­nut­zungs­ge­neh­migung nötig.

Damit verbunden ist auch eine Gebühr, die angesichts der von den Anbieter häufig massenhaft abgestellten Fahrzeuge häufig ziemlich ins Geld gehen kann. Dazu gibt es jetzt eine weitere Entscheidung des OVG Münster: Die Firma TIER hatte im Sommer 2022 bis zum Ende des Jahres bei der Stadt Köln einen Sonder­nut­zungs­antrag für den öffent­lichen Straßen­raums zum Betrieb von E‑Scootern im Rahmen eines Verleih­systems gestellt. Die Stadt hat daraufhin einen pauschalen Betrag für 3.600 Fahrzeuge von insgesamt 383.000,- Euro festge­setzt. Berechnet war diese Gebühr auf das ganze Jahr, da die entspre­chende Satzung dies so pauschal vorsieht.

Nachdem das Verwal­tungs­ge­richt Köln eine Klage des Anbieters zunächst abgewiesen hatte, hat das OVG Münster dem Anbieter nun im Eilver­fahren insoweit recht gegeben, als die Festsetzung einer Gebühr für ein halbes Jahr nicht identisch mit der Jahres­gebühr sein darf. Zugleich ist das Gericht bei der Auffassung geblieben, dass die Festsetzung einer Sonder­nut­zungs­gebühr grund­sätzlich recht­mäßig ist. Dies ist auch über den Einzelfall hinaus inter­essant, denn auch vielen anderen deutschen Städten gibt es Bestre­bungen, das Abstellen von Scootern stärker zu regle­men­tieren. Sonder­nut­zungs­ge­neh­mi­gungen können dafür ein zentraler Hebel sein. (Olaf Dilling)

2023-05-17T21:04:20+02:0017. Mai 2023|Verkehr|