Die besondere Ausgleichs­re­gelung: Was ist das eigentlich und wann bekommt man sie?

Die Erneu­er­baren sollen es richten. Der Ausstieg aus der Atomenergie und die gleich­zeitige Senkung der CO2-Emissionen ist nur möglich, wenn die Erneu­er­baren Energien drastisch ausgebaut werden. Geplant sind 40% bis 45% bis zum Jahr 2025. Heute beträgt der Anteil 36% Anteil der Erneu­er­baren am Bruttostromverbrauch.

Doch der Weg in eine grüne Zukunft kostet viel Geld. Zwar benötigen die meisten Erneu­er­baren Energien keinen Brenn­stoff. Es ist auch absehbar, dass die Erzeu­gungs­losten in Zukunft weiter sinken. Doch heute wären die Erneu­er­baren ohne Förderung noch nicht im nötigen Maße konkur­renz­fähig. Deswegen erhalten die Erzeuger von Strom aus erneu­er­baren Quellen entweder über eine Garan­tie­ver­gütung oder einen Zuschlag auf die im Rahmen der Direkt­ver­marktung erlösten Preise mehr Geld, als für Strom an der Börse bezahlt wird.

Doch diese Zahlungen stellen vor allem die Industrie vor Probleme. Viele Branchen stehen im inter­na­tio­nalen Wettbewerb. Gerade bei Produkten, die weltweit zu einheit­lichen Preisen gehandelt werden, stellen die im inter­na­tio­nalen Vergleich hohen hiesigen Energie­kosten ein Problem dar.  Deswegen enthalten einige Gesetze, die sich mit Strom beschäf­tigen, Sonder­re­ge­lungen für Unter­nehmen, die besonders viel Strom verbrauchen. Diese Unter­nehmen zahlen unter anderem nicht die volle EEG-Umlage, die 2018 6,792 Cent pro kWh beträgt. Sie können statt­dessen einen Antrag nach den § 63ff. EEG 2017 stellen. Wenn sie dessen Voraus­set­zungen erfüllen, sinkt die EEG-Umlage für die privi­le­gierten Mengen drastisch.

Von dieser Möglichkeit kann aber nicht jedes Unter­nehmen Gebrauch machen. Mit wenigen Ausnahmen für Sonder­fälle können nur Unter­nehmen, die den in Anlage 4 zum EEG 2017 aufge­führten Branchen angehören, dürfen einen Antrag stellen. Und für einen Sockel von einem GWh zahlen auch diese Unter­nehmen so viel wie der normale Letzt­ver­braucher. Weiter muss es sich bei den begüns­tigten Unter­nehmen um besonders strom­in­tensive Unter­nehmen handeln. Also Unter­nehmen, mit einem Verhältnis von Strom­kosten zur Brutto­wert­schöpfung von mindestens 14% für Unter­nehmen der Liste 1 und mindestens 20% für Unter­nehmen der Liste 2. Es sollen also nur Unter­nehmen in den Genuss der Erleich­terung kommen, bei denen Strom einen besonders hohen Kosten­faktor darstellt. Darüber hinaus müssen Unter­nehmen ein zerti­fi­ziertes Energie – oder Umwelt­ma­nage­ment­system nach ISO 50001 oder EMAS verwenden, außer sie verbrauchen weniger als 5 GWh. Dann können sie auch auf alter­native Nachweise ausweichen.

Die Erfüllung der Antrags­vor­aus­set­zungen muss ihnen einen Wirtschafts­prüfer testieren. Natürlich gibt es im Detail eine Vielzahl von zum Teil offenen Fragen. So können etwa nicht nur ganze Unter­nehmen, sondern auch selbständige Unter­neh­mens­teile einen Antrag stellen. Diese und andere Abgren­zungen sind im Einzelfall schwierig. Und nicht zuletzt: Für die Antrag­stellung gilt eine Frist. Noch bis zum 30. Juni können Unter­nehmen Anträge fürs laufende Jahr stellen. Das für die Antrags­be­ar­beitung zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr­kon­trolle (BAFA) stellt hierfür ein Formular zur Verfügung.

Gerade für Unter­nehmen die erstmals Anträge stellen, hätte es sich gelohnt, noch früher auf die Behörde zuzugehen, denn dann nimmt die Behörde eine Vorprüfung vor, die es den Unter­nehmen erlaubt, ihren Antrag noch nachzu­bessern, falls etwas fehlt oder nach Ansicht der Behörde nicht richtig darge­stellt ist.

Und wenn am Ende der Bescheid nicht den Vorstel­lungen des Antrag­stellers entspricht, so ist es möglich, hiergegen Wider­spruch einzu­legen und sich gegebe­nen­falls vorm Verwal­tungs­ge­richt (VG) Frankfurt mit der Behörde zu streiten.

2018-06-14T22:01:06+02:0014. Juni 2018|Erneuerbare Energien, Industrie, Strom|

Frankfurt oder Luxemburg: Zuläs­sig­keits­fragen rund um die BesAR

Es gibt Unter­nehmen, die so viel Strom brauchen, dass sie ohne einen Rabatt morgen die Tore zusperren könnten. Für diese besonders energie­in­ten­siven Prozesse hatte der deutsche Gesetz­geber schon vor Jahren deswegen eine Sonder­re­gelung in Hinblick auf die EEG-Umlage vorge­sehen, die besondere Ausgleichs­re­gelung (BesAR) nach den §§ 40, 41 des Erneu­er­baren-Energien-Gesetzes 2012 (EEG 2012). Sie zahlten (und zahlen, heute in den §§ 63ff. EEG 2017) also weniger als andere Letzt­ver­braucher, wenn das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr­kon­trolle (BAFA) nach Prüfung der Voraus­set­zungen einen entspre­chenden Begren­zungs­be­scheid erließ.

Diese Sonder­re­gelung im EEG stieß der Europäi­schen Kommission 2013 übel auf. Sie hielt sie für eine Beihilfe, und nationale Beihilfen sind gemein­schafts­rechtlich unzulässig, es sei denn, sie entsprechen europäi­schem Gemein­schafts­recht und werden von der Europäi­schen Kommission nach entspre­chender Prüfung genehmigt. Eine solche Prüfung und Geneh­migung hatte es im Falle der Privi­le­gierung bei der EEG-Umlage aber nie gegeben. Denn man nahm damals allgemein an, dass die Befreiung keine Umlage sein konnte, weil schließlich nicht der Staat den energie­in­ten­siven Unter­nehmen Vorteile zukommen ließ.

Die Kommission sah das anders. Sie erließ deswegen am 25.11.2014 den Beschluss 2015/1585, der diese Ausnah­me­re­gelung für eine – aller­dings zum größten Teil zulässige – Beihilfe erklärte. Die Bundes­re­publik (die zunächst erfolglos klagte, ein Rechts­mittel ist anhängig) musste deswegen die Regelung überar­beiten und die Begren­zungs­be­scheide teilweise zurück­nehmen. Die betrof­fenen Unter­nehmen mussten daraufhin erheb­liche Summen, wenn auch nicht so viel wie ursprünglich befürchtet, nachzahlen.

Abseits der Frage, wie die Recht­mä­ßigkeit der damaligen deutschen EEG-Härte­fall­re­gelung bzw. des Kommis­si­ons­be­schlusses 2015/1585 zu beurteilen ist, warf die damalige Situation eine prozessual heikle Frage auf: Wie sollten Unter­nehmen vorgehen, die sich gegen die unver­hoffte Änderung der Lage wehren wollten?

Zum einen waren Begren­zungs­be­scheide in der Welt, die ohne Anfechtung beim BAFA nach einem Monat in sog. Bestands­kraft erwachsen, also auch dann befolgt werden müssen, wenn sie sich nachträglich als rechts­widrig erweisen. Diese mussten also mit Wider­spruch angefochten werden.

Zum anderen existierte mit dem erwähnten Beschluss 2015/1585 der Kommission ein Rechtsakt, der seiner­seits angefochten werden konnte, nämlich mit einer sogenannten Nichtig­keits­klage am Europäi­schen Gericht. Nichtig­keits­klagen von nicht privi­le­gierten Klägern, wie hier einem Unter­nehmen, setzen aller­dings nach Art. 263 Abs. 4 AEUV einen Rechtsakt voraus, der dies unmit­telbar und ohne Duchfüh­rungs­maß­nahme betrifft. Eines Durch­füh­rungs­aktes – nämlich der Teilrück­nahme durch das BAFA – bedurfte es hier durchaus. Aller­dings existiert eine gefes­tigte Recht­spre­chung des Europäi­schen Gerichtshofs (EuGH), nach der die Nichtig­keits­klage in Fällen, in denen der Durch­füh­rungs­rechtsakt nur noch eine Formsache ist, bereits zulässig ist.

Europäi­sches Gericht (EuG) oder Verwal­tungs­ge­richt (VG) Frankfurt aM? Die Georgs­ma­ri­en­hütte GmBH u. a. entschieden sich für eine Klage vorm VG und ging nicht zum EuG. Das VG Frankfurt aM legte die Frage nach der Wirksamkeit des Kommis­si­ons­be­schlusses 2015/1585 dem EuGH vor. In diesem Verfahren hat nun am 27.02.2018 der General­anwalt seinen Schluss­antrag gehalten. Er hält die Klage für unzulässig. Die Unter­nehmen hätten – so der General­anwalt – direkt Nichtig­keits­klage einlegen müssen. Dabei beruft er sich auf eine Recht­spre­chung „Textil­werke Deggendorf“, nach der derjenige, der keine Nichtig­keits­klage gegen einen Rechtsakt der EU eingelegt hat, sich nicht später vor den natio­nalen Gerichten auf die Gemein­schafts­rechts­wid­rigkeit berufen und die Vorlage beim EuGH verlangen kann.

Nun ist noch offen, ob der EuGH hier – wie meistens – dem General­anwalt folgt. Doch viele Praktiker werden (spätestens) aus diesem Schluss­plä­doyer die Schluss­fol­gerung ableiten, dass in der Ausein­an­der­setzung um EU-Rechtsakte im Zweifel immer auch die Nichtig­keits­klage auf die Gefahr der Unzuläs­sigkeit mangels Klage­be­fugnis eingelegt werden sollte. Zur Vermeidung des Eintritts der Bestands­kraft muss parallel aber auch das Wider­spruchs­ver­fahren in Deutschland betrieben werden. Ein zeitlich gestuftes und damit aufwands­spa­rendes Vorgehen verbietet sich wegen der sowohl in Hinblick auf das Wider­spruchs­ver­fahren, als auch für die Nichtig­keits­klage geltenden Fristen von einem bzw. zwei Monaten ab Erlass des jeweils anzufech­tenden Rechtsakts.

2018-02-28T17:59:55+01:0028. Februar 2018|Erneuerbare Energien, Industrie, Strom|