Eine Obergrenze, die keine ist: Änderung der BEHV

Schon seit 2021 gibt es in Deutschland einen Emissi­ons­handel, der die Emissionen der Sektoren Gebäude und Verkehr begrenzen soll, den natio­nalen Emissi­ons­handel nach dem Brenn­stoff-Emissi­ons­han­dels­gesetz (BEHG). Er verpflichtet die Inver­kehr­bringer – also die energie­steu­er­pflich­tigen Liefe­ranten – zur jährlichen Bericht­erstattung über die auf ihre Vorjah­res­lie­fe­rungen entfal­lenden Emissionen und zur Abgabe der entspre­chenden Zerti­fikate. Der Haken an der Sache aller­dings: Ob mit diesem Emissi­ons­handel die avisierten Minde­rungs­ziele erreicht werden, ist völlig offen, weil es keine Begrenzung der Zerti­fikate gibt, sondern diese für einen gesetzlich festge­schrie­benen Preis verkauft werden. Derzeit kostet ein Zerti­fikat 30 EUR.

Konse­quen­ter­weise gab es bisher im BEHG auch gar kein festes Budget, das hätte einge­halten oder überschritten werden können. Man konnte dies aber indirekt berechnen. Nun hat das Wirtschafts­mi­nis­terium per Änderung der Brenn­stoff-Emissi­ons­han­dels­ver­ordnung (BEHV)    das Budget im 4. Teil der Verordnung beziffert.

Geld, Geldscheine, Euro, Banknote

Doch ein „echter“ Emissi­ons­handel mit einer echten Beschränkung der Gesamt­menge Zahlen immer noch nicht. Bis 2026 bleibt es dabei, dass feste oder mindestens begrenzte Preise pro t CO2 gelten, so dass es eine Diskrepanz zwischen dem Budget und der Ausga­be­menge geben kann, die dann im Ausland gedeckt werden muss. Erst 2027, wenn die EU dies vorschreibt, fallen Ausga­be­menge und Budget zusammen, erst dann sind auch echte, markt­ge­triebene Preise zu erwarten (Miriam Vollmer).

2023-06-28T00:54:40+02:0028. Juni 2023|Emissionshandel|

Jetzt ist er da! Der EU ETS II ab 2027

Letzte Woche das Europäische Parlament, heute die abschlie­ßende Abstimmung im Rat (Presse­mit­teilung): Die Verschärfung der Emissi­ons­han­dels­richt­linie (EHRL) kommt. Doch nicht nur für die bereits emissi­ons­han­dels­pflích­tigen großen Anlagen wie Kraft­werke und Industrie ändert sich Einiges. Wie angekündigt gibt es künftig auch für Brenn- und Treib­stoffe ein europa­weites System:

# Anders als bei Kraft­werken und Indus­trie­an­lagen nehmen nicht die eigent­lichen Emittenten, sondern die Liefe­ranten von Brenn- und Treib­stoffen teil und führen jedes Jahr für die auf das von ihnen gelie­ferte Benzin, Erdgas, Heizöl, Diesel etc. entfal­lende CO2 Zerti­fikate an die Deutsche Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt) ab. Deutsche kennen dieses Prinzip schon: In Deutschland gibt es bereits einen solchen CO2-Preis. Er beträgt aktuell 30 EUR.

# In Zukunft gibt es aber keine festen Preise mehr, sondern sie bilden sich am Markt. Es gibt eine jährlich um 5,1%, ab 2028 um 5,38% gegenüber 2025 sinkende Mengen­be­grenzung, die das Angebot definiert. Die Nachfrage steuert also den Preis. Mit anderen Worten: Je mehr Europäer bis zum Startjahr 2027 auf Wärme­pumpen, E‑Autos oder Fahrräder umsteigen, um so entspannter wird der Preis.

Co2, Abgase, Verkehrszeichen, Auto, Klima, Klimawandel

# Anders als bei der Industrie ist keine kostenlose Verteilung der Zerti­fikate geplant, sondern eine Vollver­stei­gerung. Die Erlöse sollen für klima- und energie­be­zogene Zwecke ausge­geben werden, vor allem zum Ausgleich sozialer Aspekte.

# Deutschland kann seinen existie­renden Emissi­ons­handel fortführen, wenn dieser zu höheren Preisen führt als das neue EU-System. Wie hoch dieser Preis soll, ist aller­dings eine viel disku­tierte Frage. Die EU strebt einen Preis von 45 EUR/t CO2 an. Dieser soll reali­siert werden, indem bei Überschreitung weitere Zerti­fikate auf den Markt gebracht werden. Doch anders als im aktuellen deutschen System ist die verfügbare Menge an Zusatz­zer­ti­fi­katen begrenzt. Ist die Markt­sta­bi­li­täts­re­serve (MSR) erschöpft, hat die Kommission ihr Pulver verschossen und kann der Steigerung der Preise nur noch zusehen, weitere Maßnahmen sind nicht vorge­sehen. Insofern hängt es von der Schnel­ligkeit ab, in der Europa sich fossil­freien Techno­logien zuwendet, wie teuer ab 2027 die Tankfüllung oder das Heizgas werden. Das bedeutet: Je zöger­licher einge­spart wird, um so höher fallen die Preise aus, und um so steiler ist in den Jahren ab 2027 der weitere Anstieg.

# Was oft vergessen wird: Der Einstieg 2027 ist kein stabiler Zustand. Von 2027 bis 2050 sollen die fossilen Emissionen der EU auf nettonull sinken. Fossile Heizungen, Verbrenner, entspre­chende Prozesse im Gewerbe, werden also program­miert jedes Jahr teurer. Wer noch über eine letzte Gasheizung, einen letzten Verbrenner nachdenkt, sollte diese Dynamik in seine Planungen einbeziehen.

# Ein Punkt, über den man nachdenken sollte: Bislang wurden in Deutschland Preis­stei­ge­rungen oft durch Zuschüsse vom Fiskus abgemildert („Tankrabatt“). Europäische Regelungen praktisch durch gegen­läufige Regelungen auszu­hebeln, ist aber unzulässig und kann durch Europäische Gerichte unter­bunden werden („effet utile“). Die Hoffnung oder Befürchtung, dem CO2-Preis würden durch direkte Zuschüsse die Zähne gezogen, dürfte insofern spätestens in Luxemburg scheitern.

Nun muss die neue Richt­linie nur noch im EU-Amtsblatt veröf­fent­licht werden. Dann steht die Umsetzung in den Mitglied­staaten an. Und bis es 2027 richtig losgeht, regelt das deutsche BEHG (Miriam Vollmer).

 

 

2023-04-25T23:34:48+02:0025. April 2023|Emissionshandel|

Wie teuer wird der ETS II?

Am 18. April stimmt das Europäische Parlament final über die novel­lierte Emissi­ons­han­dels­richt­linie (EHRL) ab. Damit wird nicht nur der Minde­rungspfad für die heute schon vom ES erfassen Anlagen noch einmal deutlich gestrafft. Sondern auch ein zweiter ETS für die Sektoren Verkehr und Gebäude einge­führt. Wie schon in Deutschland soll das Inver­kehr­bringen von fossilen Brenn- und Treib­stoffen Abgabe­pflichten von Emissi­ons­zer­ti­fi­katen auslösen. Die sukzessive Verknappung der Zerti­fikate soll einen wachsenden Druck auf Konsu­menten ausüben, Emissionen zu mindern, etwa durch einen Technologiewechsel.

Doch wie teuer werden die Zerti­fikate? Und wie verhält sich der EU-ETS II zum deutschen BEHG? Auch wenige Tage vor der Abstimmung sind beide Fragen noch offen. Kostenlose Fotos zum Thema Co2

Wie es mit dem natio­nalen Emissi­ons­handel weitergeht, muss – und kann – der deutsche Gesetz­geber klären. Doch selbst die Frage, wie teuer die Zerti­fikate maximal werden können, ist umstritten. Anders als im deutschen BEHG gibt es keine festen Preise, sondern von Anfang an ein Cap und eine korre­spon­die­rende Preis­bildung am Markt. Bericht­erstatter Peter Liese (EVP) veröf­fent­lichte nach der Einigung der Organe im Dezember, dass 45 EUR die Obergrenze darstellen würden. Tatsächlich enthält der Entwurf indes aber nur die Vorgabe, dass bei 45 EUR Markt­preis 20 Mio. zusätz­liche Zerti­fikate auf den Markt kommen. Doch wenn die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt und sich deswegen trotz dieser Inter­vention ein höherer Preis bildet, ist kein Instrument vorge­sehen, der die 45 EUR fixiert. Möglich ist damit auch ein viel höherer Preis, wenn nicht durch andere Inter­ven­tionen – wie etwa ordnungs­recht­liche Beschrän­kungen oder Anreize zum Techno­lo­gie­wechsel – die Nachfrage sinkt. Da aktuell unklar ist, ob es solche Maßnahmen gibt und wie wirksam sie sind, ist es durchaus möglich, dass die 275 EUR, die eine Studie des Ariadne-Projekts für 2030 ermittelt hat, Wirklichkeit werden.

Klar ist aber in jedem Falle: Bis 2045 steigen diese Preise stetig an (Miriam Vollmer).

2023-04-14T22:06:19+02:0014. April 2023|Allgemein|