KG Berlin: Werbe­kenn­zeichnung bei unbezahlten Links zu Marken

Wann müssen Influencer ihre Posts als Werbung kennzeichnen? Mit dieser bisher höchst­rich­terlich noch ungeklärten Frage hatte sich das Kammer­ge­richt Berlin (KG) am 8. Januar 2019 zu beschäf­tigen. Die Influen­cerin Vreni Frost, eine junge Frau, die auf Instagram Bilder von sich und ihrem Lebensstil publi­ziert, hatte nämlich Berufung gegen die erstin­stanz­liche Entscheidung des Landge­richt Berlins (52 O 101/18) vom 24. Mai 2018 erhoben. Damals hatten die Richter sie sehr weitgehend dazu verur­teilt, Verlin­kungen auf Inter­net­auf­tritte von Produkt­an­bietern als Werbung zu kennzeichnen. Denn es handele sich – so die Richter – um eine irrefüh­rende geschäft­liche Handlung, da der werbliche Charakter ihrer Postings ohne Kennzeichnung verbo­te­ner­weise verschwiegen würde. 

Das KG will nun mehr diffe­ren­zieren und hat die Verur­teilung von Frau Frost in eine von drei Fällen aufge­hoben. Im Grunde bewegt es sich dabei auf aus anderen Medien vertrauten Pfaden: Wenn ein Influencer sich redak­tionell äußert, unter­fällt das nicht den Verboten des UWG. Schließlich liegt dann schon keine Werbung vor. Dabei will das Kammer­ge­richt nicht danach diffe­ren­zieren, worauf sich die redak­tio­nelle Bericht­erstattung bezieht. Wir finden das richtig: Mode ist ebenso ein gesell­schaft­liches Thema wie die Tages­po­litik. Damit kommt es jeweils darauf an, was im Vorder­grund steht: Will jemand seine Follower infor­mieren, oder möchte er den Absatz der Waren eines verlinkten Unter­nehmens fördern?

Was bedeutet das nun für Akteure in sozialen Medien? Klar ist, dass dann, wenn Geld fließt, sich die Frage nach redak­tio­nellen Beitrag oder Werbung schon von vornherein nicht stellt. Es kommt aber (anders als viele glauben) auch nicht darauf an, was der Influencer selbst für subjektive Ziele verfolgt. Wichtig ist, wie sich das Bild für Dritte darstellt.

Das aller­dings hilft vielen Betrof­fenen nicht weiter. In vielen Fällen geht es ja durchaus um beides: Der Betrachter inter­es­siert sich durchaus auch ohne konkrete Kaufab­sichten dafür, was seine „Helden“ tragen. Aber natürlich erhöht der Umstand, dass jemand, den man bewundert, bestimmte Kleider trägt, die Wahrschein­lichkeit, diese auch zu erwerben.

Wir warnen aller­dings davor, sicher­heits­halber nun alles, in dem es überhaupt um verlinkte Marken geht, als Werbung zu kennzeichnen. Denn auch darin kann ja eine Irreführung liegen: Durch die Kennzeichnung erweckt der jeweilige Influencer den Eindruck, er stünde in Geschäfts­be­zie­hungen zu den verlinkten Marken. Das wiederum könnte als Werbung um weitere Auftrag­geber für sein eigenes Online­an­gebot bewertet werden. 

Ein sicheres Patent­rezept gibt es schon wegen dieser Zwick­mühle nicht. Zum einen, weil es bisher keine Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs (BGH) in dieser Sache gibt. Zum anderen, weil die Einschätzung, was ein Durch­schnitts­ver­braucher beim Anblick eines Postings denkt, natur­gemäß von Richter zu Richter deutlich diffe­riert. Mit dieser Einschränkung meinen wir, dass größt­mög­liche Trans­parenz der sicherste Weg sein dürfte: Im Zweifelsfall sollte gekenn­zeichnet werden, dass es sich um Werbung handelt, gleich­zeitig aber auch, dass kein Geld geflossen ist. 

2019-01-28T13:40:07+01:0028. Januar 2019|Wettbewerbsrecht|

LG Berlin untersagt Haustür­werbung ohne Einwilligung

Auch wir werden immer gefragt: Wie kann es eigentlich sein, dass ein Anruf zu Werbe­zwecken oder eine Werbe-E-Mail wettbe­werbs­widrig sind, wenn keine Einwil­ligung vorliegt, aber bei Haustür­be­werbern gibt es eine entspre­chende Regelung im § 7 Abs. 2 UWG nicht, der bestimmte beläs­ti­gende Werbe­maß­nahmen untersagt? Tja, wir waren im Gesetz­ge­bungs­prozess nicht dabei. Wir nehmen an, es hat etwas mit Tradition und Besitz­ständen zu tun. Hausierer gibt es schließlich schon seit dem Altertum.

Entspre­chend inter­essant ist es, dass das Landge­richt (LG) Berlin mit Datum vom 18.12.2018 das Unter­nehmen Lekker Energie zur Unter­lassung von Haustür­werbung ohne Einwil­ligung verur­teilt hat. Es handele sich um eine nach § 7 Abs. 1 UWG unzumutbare Belästigung.

Man wird sehen, ob es bei dem Urteil bleibt. Schließlich können Kammer­ge­richt und Bundes­ge­richtshof zu ganz anderen Ergeb­nissen kommen. Doch selbst dann, wenn eine höhere Instanz die Entscheidung aufheben sollte, ist es nicht unwahr­scheinlich, dass die Branche sich in Zukunft wärmer anziehen muss. Wenn der Gesetz­geber schon ernsthaft daran denkt, Telefon­werbung dadurch zu erschweren, dass telefo­nisch geschlossene Verträge nur nach schrift­licher Bestä­tigung durch den Besteller wirksam werden, wäre es inkon­se­quent, bei der Haustür­werbung nicht auch die Daumen­schrauben anzuziehen. Schließlich ist es deutlich leichter, sich am Telefon eines unerwünschten Anrufers zu erwehren, als Aug in Auge an der Haustür. Und wo würde man mir überrumpelt, als wenn auf einmal jemand im Vorgarten steht?

Generell dürfte das Haustür­ge­schäft nach unserer Beobachtung ohnehin auf dem abstei­genden Ast sein. Es gibt immer weniger Haushalte, in denen tagsüber jemand daheim ist. Und inzwi­schen ist auch die ältere Generation online so fit, dass sie einen Vertrags­wechsel eher im Internet anbahnt. Gleichwohl, sollte das Urteil des LG Berlin sich so durch­setzen, wären die Auswir­kungen auf die Praxis der Direkt­ver­markter auch im Energie­be­reich wohl erheblich.

2019-01-23T12:22:40+01:0023. Januar 2019|Vertrieb, Wettbewerbsrecht|

Das Bild in der Broschüre: Mitar­bei­ter­fotos nach Inkraft­treten der DSGVO

Im Nachhinein waren sich ja alle einig: Ausge­rechnet den größten Queru­lanten von Oberal­theim als Buchhalter einzu­stellen, war ein Fehler. Aber nach mehreren schlimmen, quasi buchhal­ter­losen Monaten war Geschäfts­füh­rerin Göker so weich gekocht, dass sie sich auf ein Experiment mit Herrn Abusch einließ.

Es hatte dann auch nicht lange gedauert. Zum 1. Oktober hatte Herr Abusch angefangen. Zum Ende des Jahres hatte er die Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) dann auch schon wieder verlassen. Es blieb nur die Sache mit der Broschüre

Die SWO hatten sich nämlich 2018 dazu entschlossen, eine neue Unter­neh­mens­bro­schüre aufzu­legen. Die Fotos waren toll. Frau Göker mit der neuen Solar­anlage. Vertriebs­leiter Valk im Gespräch mit einer neuen Kundin. Und eben auch Herr Abusch, der mit finster zusam­men­ge­zo­genen Brauen auf einen Bildschirm starrt.

Die SWO fand es nun nicht gar so schlimm, dass Herr Abusch weiterhin in der Unter­neh­mens­bro­schüre abgebildet blieb. Doch kaum lag die Broschüre öffentlich aus, meldete sich Herr Abusch: Die Broschüre müsse weg. § 22 Abs. 1 Kunst­ur­he­ber­gesetz (KunstUrhG) erlaube die Verbreitung von Bildnissen von Personen nämlich nur mit deren Einwil­ligung. Und eine solche habe er nie erteilt. 

Das ist doch klar, dass man Fotos von Mitar­beitern machen kann!“, wütete Valk, musste sich von Justi­ziarin Berlach aber eines Besseren belehren lassen. Auch ein Mitar­beiter muss einwil­ligen, damit der Arbeit­geber seine Bilder veröf­fent­lichen darf. Zähne­knir­schend trat Herr Valk mit Herrn Berlach in Verhand­lungen und zahlte schließlich eine Summe, über die Herr Valk nie wieder sprechen möchte, an den schadenfroh grinsenden Ex-Buchhalter.

Doch selbst wenn eine solche Einwil­ligung erteilt worden wären, wäre die Angele­genheit nicht ganz trivial. Zwar existiert eine Recht­spre­chung des Bundes­ar­beits­ge­richts, nach der eine Einwil­ligung jeden­falls dann nicht automa­tisch mit der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses erlischt, wenn der Film nicht auf die indivi­duelle Person des Arbeit­nehmers Bezug nimmt, und dieser könne auch nicht einfach aus Anlass der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses die Einwil­ligung wider­rufen, wenn er hierfür keine plausible Begründung habe (u. a. BAG, Az.: 8 AZR 1011/13).

Doch diese Recht­spre­chung stammt aus der Zeit vor Inkraft­treten des neuen Daten­schutz­rechts. Mögli­cher­weise müssen heute die deutlich höheren Anfor­de­rungen des neuen Daten­schutz­rechts einge­halten werden. Schließlich wissen wir ja noch nicht abschließend, wie es mit dem Verhältnis von DSGVO und KunstUrhG steht. Hieraus resul­tiert etwa: Das neue Daten­schutz­recht ordnet an, dass bereits bei der Daten­er­hebung, also beim Fototermin, über die beabsich­tigte Verwendung der Bilder infor­miert werden muss. Außerdem erlaubt das neue Daten­schutz­recht es ausdrücklich, Einwil­li­gungen jederzeit mit Wirkung für die Zukunft zu wider­rufen. Es ist nicht ausge­schlossen, dass damit die arbeits­recht­liche Recht­spre­chung, nach der ein Mitar­beiter nach seiner Kündigung nicht einfach so seine Einwil­ligung zurück­ziehen kann, damit hinfällig ist.

Doch sollte ein Unter­nehmen angesichts dieser bisher ungeklärten Fragen künftig ganz auf Mitar­bei­ter­fotos verzichten? Mögli­cher­weise liegt eine sowohl sichere, als auch pragma­tische Lösung darin, Einwil­li­gungen einzu­holen und dabei alle Forma­li­täten und Infor­ma­ti­ons­pflichten einzu­halten, und nie so viel drucken zu lassen, dass bei einer zurück­ge­zo­genen Einwil­ligung ein wirklich schmerz­hafter Schaden entsteht.

2019-01-09T00:06:00+01:009. Januar 2019|Wettbewerbsrecht|