Wärme­preise scheitern oft am „Markt­element“

In letzter Zeit häufen sich die gericht­lichen Entschei­dungen zu Wärme­preisen und Preis­än­de­rungs­klauseln in Wärme­ver­sor­gungs­ver­trägen. Besonders im Fokus steht dabei das sog. „Markt­element“.

Preis­an­pas­sungs­klauseln in standar­di­sierten Wärme­lie­fe­rungs­ver­trägen mit Letzt-verbrau­chern, die keine Indus­trie­kunden sind, müssen den Anfor­de­rungen des § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV genügen um wirksam zu sein. Hierfür ist es erfor­derlich, dass die Preis­an­pas­sungs­klausel des Wärme­lie­fe­ranten sowohl die Kosten­ent­wicklung bei Erzeugung und Bereit­stellung der Fernwärme durch das Unter­nehmen (Kosten­element) als auch die jewei­ligen Verhält­nisse auf dem Wärme­markt (Markt­element) angemessen berück­sich­tigen. Sie müssen die maßgeb­lichen Berech­nungs­fak­toren dabei vollständig und in allgemein verständ­licher Form ausweisen. Das Kosten­element und das Markt­element sind dabei gleich­rangig (BGH, Urteil vom 19. 07.2017, Az. VIII ZR 268/15).

Der zu berück­sich­ti­gende Wärme­markt erstreckt sich dabei auf andere Energie­träger, als den tatsäch­lichen Brenn­stoff (BGH, 13.07.2011, VIII ZR 339/10). Hierdurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwär­me­preise „nicht losgelöst von den Preis­ver­hält­nissen am Wärme­markt vollziehen kann“ (BR-Drucks. 90/80, S. 56 [zu § 24 Abs. 3 AVBFern­wärmeV aF]).

Und genau daran scheitern derzeit viele Klauseln. Die gewählten Indizes sind zu einseitig und erstrecken sich oft nur auf Erdgas oder wenige ausge­wählte Einsatz­stoffe. Auch Fehlge­wich­tungen kommen vor, bei denen das Markt­element zwar vorhanden ist, aber bei der Preis­bildung nicht den gleichen Einfluss hat, wie die Brennstoffkosten.
Vor diesem Hinter­grund kann jedem Wärme­ver­sorger nur geraten werden, kritisch seine vertrag­lichen Preis­klauseln zu prüfen und ggf. anzupassen.

(Christian Dümke)

2025-10-10T18:52:36+02:0010. Oktober 2025|Allgemein|

Ohne uns geht’s nicht“ – Bau- und Recycling­branche fordert politi­schen Kurswechsel

Zum Auftakt der Fachmesse RecyclingAktiv/TiefbauLive in Karlsruhe haben fünf große Branchen­ver­bände aus Bau‑, Abbruch- und Recycling­wirt­schaft ein gemein­sames Positi­ons­papier vorge­stellt – mit deutlichen Worten an die Politik. Die zentrale Botschaft: Ohne uns geht es nicht – doch aktuelle Gesetze und bürokra­tische Hürden machen nachhal­tiges Bauen und Recycling zunehmend schwerer.

Im Fokus der Kritik steht natürlich die Ersatz­bau­stoff­ver­ordnung (EBV). Obwohl sie als Schritt zu bundes­ein­heit­lichen Standards begrüßt wird, beklagen die Verbände ihre reali­täts­ferne Umsetzung: Übermäßige Dokumen­ta­ti­ons­pflichten, fehlende Ausnah­me­re­ge­lungen für Klein­mengen und Einschrän­kungen beim Einsatz recycelter Materialien in öffent­lichen Ausschrei­bungen gefährden die Akzeptanz – und damit die gesamte Kreis­lauf­wirt­schaft im Bau.

Auch die zuneh­menden Brand­ge­fahren durch Lithium-Ionen-Akkus bereiten der Branche große Sorgen. Immer häufiger kommt es zu verhee­renden Bränden in Recycling­an­lagen – mit Milli­ar­den­schäden und einer wachsenden Zurück­haltung der Versi­cherer. Die Verbände fordern deshalb ein Batte­rie­pfand, ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten sowie mehr Verant­wortung von Herstellern.
Gefordert werden zudem:

• Entbü­ro­kra­ti­sierung von Geneh­mi­gungs- und Vergabeverfahren,
• Digita­li­sierte, standar­di­sierte Prozesse für Schwertransporte,
• Bevor­zugung von Sekun­där­bau­stoffen bei öffent­lichen Aufträgen,
• Schnelle Nachbes­serung der EBV noch 2025.

Trotz der drängenden Themen blieb politische Unter­stützung beim Messe­auftakt aus – kein Vertreter der Politik war vor Ort. Für die Verbände ein enttäu­schendes Signal. Ihre Forderung ist klar: Die Bau- und Recycling­wirt­schaft braucht endlich politische Rücken­de­ckung – für mehr Nachhal­tigkeit, Sicherheit und Zukunfts­fä­higkeit. Diesem Wunsch können wir uns nur anschließen.

(Dirk Buchsteiner)

2025-10-10T17:29:21+02:0010. Oktober 2025|Allgemein|

Was kommt nach der Bandlast?

Im „alten“ Stromnetz waren Bandlast­kunden super (Stamm­leser noch aus 2018 kennen unsere Air Vollmer): Wer möglichst gleich­mäßig möglichst viel Strom bezog, entlastete das Netz, und dieser Vorteil wurde durch deutlich abgesenkte Netzent­gelte an ihn weiter­ge­geben. Doch mit dem steigenden Anteil volatiler Einspeisung relati­viert sich der Wert der Bandlast. Die Bundes­netz­agentur hat deswegen im Zuge ihrer generellen Neure­gelung der Netzent­gelte (diesmal heißt das Baby „AgNeS“) ganz aktuell ein Diskus­si­ons­papier vorgelegt, das die Grundlage für eine Reform der Netzent­gelte für strom­in­tensive Unter­nehmen bilden soll. Ziel ist es, die bestehenden Sonder­re­ge­lungen – insbe­sondere § 19 Absatz 2 StromNEV – so neu zu fassen, dass die großen Verbraucher künftig flexibler und damit netzdien­licher beziehen. Denn angesichts der Heraus­for­de­rungen der Energie­wende und der zuneh­menden Bedeutung von Flexi­bi­lität im Strom­ver­brauch, reichen die bishe­rigen, rein verbrauchs­ori­en­tierten Rabatt­mo­delle nicht mehr aus. Künftig sollen Netzent­gelt­pri­vi­legien nicht mehr allein an hohe Strom­ab­nahmen geknüpft sein, sondern an system­dienliche Gegen­leis­tungen wie flexible Lastan­passung. Im Mittel­punkt des nun vorge­legten Diskus­si­ons­pa­piers stehen deswegen drei Modell­vor­schläge, die diesen Leitge­danken folgen:

Modell 1: Spotmarkt­ori­en­tierte Flexi­bi­li­täts­an­reize
Dieses Modell setzt auf die Kopplung von Verbrauchs­ver­halten an Preis­ent­wick­lungen am Strom­markt. Unter­nehmen sollen in Zeiten hoher Spotmarkt­preise ihren Verbrauch senken und bei niedrigen Preisen erhöhen. Grundlage für eine Belohnung ist die Abwei­chung vom typischen Verbrauchs­ver­halten (z. B. einem Tages­durch­schnitt). So sollen Unter­nehmen finan­zielle Anreize erhalten, flexibel auf Markt­si­gnale zu reagieren – was zugleich auch das Gesamt­system entlastet. Das Modell verspricht hohe Markt­in­te­gration, stellt aber auch Anfor­de­rungen an Progno­se­fä­higkeit, Messin­fra­struktur und die Bereit­schaft, kurzfristig zu reagieren.

Modell 2: Zeitlich definierte Lastfenster
In diesem Modell definieren die Netzbe­treiber bestimmte Zeiträume, in denen eine Reduktion oder Verla­gerung des Strom­ver­brauchs besonders netzdienlich ist, etwa zur Vermeidung von Engpässen. Unter­nehmen, die ihren Verbrauch gezielt in diesen Fenstern anpassen, quali­fi­zieren sich für Netzent­gelt­ver­güns­ti­gungen. Dieses Modell erlaubt eine bessere Steuer­barkeit aus Netzsicht und eröffnet Unter­nehmen planbare Handlungs­spiel­räume. Es setzt aller­dings eine enge Koordi­nation zwischen Netzbe­treibern und Verbrau­chern voraus und funktio­niert nur mit trans­pa­renten Regeln für die Festlegung dieser Zeitfenster.

Modell 3: Netzbe­trei­ber­in­iti­ierte Lastan­passung
Im dritten Modell hat der Netzbe­treiber den Hebel in der Hand. Er kann im Bedarfsfall gezielt Lastan­pas­sungen bei privi­le­gierten Unter­nehmen anfordern. Nur wer auf solche Anfor­de­rungen reagiert – etwa durch kurzfristige Lastre­duktion oder Verschiebung – zahlt ein reduzier­tes­Netz­entgelt. Dieses Modell verspricht eine besonders hohe System­wirk­samkeit, da Lastan­pas­sungen genau dort erfolgen, wo sie gebraucht werden. Es ist aber technisch und vertraglich am komple­xesten, da eine zuver­lässige Kommu­ni­kation, Überwa­chung und Bewertung erfor­derlich ist.

Statt pauschaler Rabatte für gleich­mä­ßigen Strom­ver­brauch sollen damit künftig nur noch solche Unter­nehmen entlastet werden, die einen echten Beitrag zur Netzsta­bi­lität leisten. Dies entspricht nicht nur energie­wirt­schaft­lichen Zielen, sondern auch europa­recht­lichen Vorgaben: Ausnahmen beim Netzentgelt müssen durch eine Gegen­leistung gerecht­fertigt sein.

Nun ist die Öffent­lichkeit gefragt. Bis zum 21.10.2025 kann zum Diskus­si­ons­papier Stellung genommen werden (Miriam Vollmer).

2025-10-02T20:43:07+02:002. Oktober 2025|Allgemein|