Über Miriam Vollmer

Dr. Miriam Vollmer ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verwaltungsrecht. Sie vertritt seit 2006 Stadtwerke und andere Unternehmen rund um die Themen Klima, Umwelt und Energie. Frau Dr. Vollmer ist Lehrbeauftragte der Universität Bielefeld, Vortragsrednerin mit breiter Erfahrung von Fortbildungsveranstaltungen bis zur re:publica und Verfasserin zahlreicher Publikationen.

Rückstellung für den Gasnetzrückbau?

Was wird aus dem 500.000 Kilometer langen deutschen Gasnetz? Bis 2045 muss nach aktueller Rechtslage die netzge­bundene Erdgas­ver­sorgung in Deutschland abgewi­ckelt werden. Es ist absehbar, dass nur ein kleiner Teil des deutschen Gasnetzes dann einer Umnutzung zugeführt werden kann, also etwa für den Transport von Wasser­stoff. Greift der Gesetz­geber nicht ein, muss das Gasnetz mögli­cher­weise zurück­gebaut werden, also ausge­graben und entsorgt.

Es ist absehbar, dass diese Maßnahmen hohe Kosten auslösen. Dies wirft die Frage nach Rückstel­lungen auf. Das Institut der Wirtschafts­prüfer (IDW) hat deswegen im Sommer 2025 darauf hinge­wiesen (Stellung­nahme hier), dass handels­rechtlich Rückstel­lungen bereits zu bilden sind, wenn eine Außen­ver­pflichtung besteht und mit einer Inanspruch­nahme ernsthaft zu rechnen ist. Damit können Rückstel­lungen handels­rechtlich bereits früher und in größerem Umfang erfor­derlich sein, als die Bundes­netz­agentur regula­to­risch anerkennen will. Diese sieht nämlich im Entwurf RAMEN Gas eine regula­to­rische Anerkennung der Rückstel­lungen nur vor, wenn besondere Umstände und konkrete Hinweise darauf vorliegen, dass die Grund­stücks­ei­gen­tümer den Rückbau verlangen.

Damit könnte eine Situation entstehen, in der handels­rechtlich Rückstel­lungen gebildet werden müssen, die aber im Zuge der Netzent­gelt­be­rechnung für den Gastransport nicht berück­sichtigt werden. Die Gasnetz­be­treiber hätten also ein dickes Finan­zie­rungs­problem. In Zeiten ohnehin program­miert sinkender Umsätze könnte dies die Trans­for­mation der Wärme­wirt­schaft weiter belasten.

Für die Unter­nehmen bedeutet das damit eine Unsicherheit, die eigentlich nur der Gesetz­geber beenden kann. Er muss entweder klar regeln, dass ein Rückbau nur in absoluten Ausnah­me­fällen infrage kommt. Oder zumindest für einen Gleichlauf handels­recht­licher und regula­to­ri­scher Rückstel­lungs­ver­pflich­tungen sorgen.

2025-10-10T18:27:02+02:0010. Oktober 2025|Gas|

Wärme­preise scheitern oft am „Markt­element“

In letzter Zeit häufen sich die gericht­lichen Entschei­dungen zu Wärme­preisen und Preis­än­de­rungs­klauseln in Wärme­ver­sor­gungs­ver­trägen. Besonders im Fokus steht dabei das sog. „Markt­element“.

Preis­an­pas­sungs­klauseln in standar­di­sierten Wärme­lie­fe­rungs­ver­trägen mit Letzt-verbrau­chern, die keine Indus­trie­kunden sind, müssen den Anfor­de­rungen des § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV genügen um wirksam zu sein. Hierfür ist es erfor­derlich, dass die Preis­an­pas­sungs­klausel des Wärme­lie­fe­ranten sowohl die Kosten­ent­wicklung bei Erzeugung und Bereit­stellung der Fernwärme durch das Unter­nehmen (Kosten­element) als auch die jewei­ligen Verhält­nisse auf dem Wärme­markt (Markt­element) angemessen berück­sich­tigen. Sie müssen die maßgeb­lichen Berech­nungs­fak­toren dabei vollständig und in allgemein verständ­licher Form ausweisen. Das Kosten­element und das Markt­element sind dabei gleich­rangig (BGH, Urteil vom 19. 07.2017, Az. VIII ZR 268/15).

Der zu berück­sich­ti­gende Wärme­markt erstreckt sich dabei auf andere Energie­träger, als den tatsäch­lichen Brenn­stoff (BGH, 13.07.2011, VIII ZR 339/10). Hierdurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwär­me­preise „nicht losgelöst von den Preis­ver­hält­nissen am Wärme­markt vollziehen kann“ (BR-Drucks. 90/80, S. 56 [zu § 24 Abs. 3 AVBFern­wärmeV aF]).

Und genau daran scheitern derzeit viele Klauseln. Die gewählten Indizes sind zu einseitig und erstrecken sich oft nur auf Erdgas oder wenige ausge­wählte Einsatz­stoffe. Auch Fehlge­wich­tungen kommen vor, bei denen das Markt­element zwar vorhanden ist, aber bei der Preis­bildung nicht den gleichen Einfluss hat, wie die Brennstoffkosten.
Vor diesem Hinter­grund kann jedem Wärme­ver­sorger nur geraten werden, kritisch seine vertrag­lichen Preis­klauseln zu prüfen und ggf. anzupassen.

(Christian Dümke)

2025-10-10T18:52:36+02:0010. Oktober 2025|Allgemein|

Ohne uns geht’s nicht“ – Bau- und Recycling­branche fordert politi­schen Kurswechsel

Zum Auftakt der Fachmesse RecyclingAktiv/TiefbauLive in Karlsruhe haben fünf große Branchen­ver­bände aus Bau‑, Abbruch- und Recycling­wirt­schaft ein gemein­sames Positi­ons­papier vorge­stellt – mit deutlichen Worten an die Politik. Die zentrale Botschaft: Ohne uns geht es nicht – doch aktuelle Gesetze und bürokra­tische Hürden machen nachhal­tiges Bauen und Recycling zunehmend schwerer.

Im Fokus der Kritik steht natürlich die Ersatz­bau­stoff­ver­ordnung (EBV). Obwohl sie als Schritt zu bundes­ein­heit­lichen Standards begrüßt wird, beklagen die Verbände ihre reali­täts­ferne Umsetzung: Übermäßige Dokumen­ta­ti­ons­pflichten, fehlende Ausnah­me­re­ge­lungen für Klein­mengen und Einschrän­kungen beim Einsatz recycelter Materialien in öffent­lichen Ausschrei­bungen gefährden die Akzeptanz – und damit die gesamte Kreis­lauf­wirt­schaft im Bau.

Auch die zuneh­menden Brand­ge­fahren durch Lithium-Ionen-Akkus bereiten der Branche große Sorgen. Immer häufiger kommt es zu verhee­renden Bränden in Recycling­an­lagen – mit Milli­ar­den­schäden und einer wachsenden Zurück­haltung der Versi­cherer. Die Verbände fordern deshalb ein Batte­rie­pfand, ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten sowie mehr Verant­wortung von Herstellern.
Gefordert werden zudem:

• Entbü­ro­kra­ti­sierung von Geneh­mi­gungs- und Vergabeverfahren,
• Digita­li­sierte, standar­di­sierte Prozesse für Schwertransporte,
• Bevor­zugung von Sekun­där­bau­stoffen bei öffent­lichen Aufträgen,
• Schnelle Nachbes­serung der EBV noch 2025.

Trotz der drängenden Themen blieb politische Unter­stützung beim Messe­auftakt aus – kein Vertreter der Politik war vor Ort. Für die Verbände ein enttäu­schendes Signal. Ihre Forderung ist klar: Die Bau- und Recycling­wirt­schaft braucht endlich politische Rücken­de­ckung – für mehr Nachhal­tigkeit, Sicherheit und Zukunfts­fä­higkeit. Diesem Wunsch können wir uns nur anschließen.

(Dirk Buchsteiner)

2025-10-10T17:29:21+02:0010. Oktober 2025|Allgemein|