In der öffent­lichen Debatte über den Ausbau erneu­er­barer Energien wird Freiflä­chen­so­lar­an­lagen (Photo­voltaik-Anlagen auf offenen Flächen) häufig unter­stellt, sie würden landwirt­schaft­liche Flächen „versiegeln“ oder ökolo­gisch „entwerten“. Dabei hält sich hartnäckig das Vorurteil, dass die Flächen unter den Solar­mo­dulen ungenutzt und ökolo­gisch wertlos seien – sogenannte „tote Flächen“. Doch das Gegenteil ist der Fall: Unter Solar­mo­dulen herrscht häufig eine erstaun­liche Vielfalt an Nutzungs- und Lebens­mög­lich­keiten für Natur, Landwirt­schaft und sogar die lokale Gemeinschaft.

Zwischen und unter den PV-Modulen bleibt der Boden in der Regel weitgehend unver­siegelt. Anders als bei klassi­schen baulichen Anlagen oder Straßen wird keine Beton­fläche geschaffen. Das ermög­licht es, dass sich eine arten­reiche Vegetation entwi­ckeln kann – insbe­sondere dann, wenn die Fläche gezielt ökolo­gisch gepflegt wird. Gerade bei exten­siver Pflege – also ohne Pestizide und mit reduziertem Mähin­tervall – können diese Flächen wichtige Rückzugs­räume für bedrohte Arten darstellen, insbe­sondere in ausge­räumten Agrarlandschaften.

Ein besonders spannendes Konzept ist die Agri-Photo­voltaik (Agri-PV) – die Kombi­nation von landwirt­schaft­licher Nutzung mit Photo­voltaik. Hier werden die Flächen bewusst doppelt genutzt: Beweidung durch Schafe oder Ziegen ist in vielen Solar­parks üblich. Die Tiere halten das Gras kurz, fördern die Biodi­ver­sität und ersparen den Einsatz von Maschinen. Spezi­al­kul­turen wie Kräuter, Beeren oder Pilze, die mit teilweiser Beschattung gut zurecht­kommen, lassen sich ebenfalls anbauen. Forschung zeigt, dass bestimmte Kulturen sogar vom Mikro­klima unter den Modulen profi­tieren können – etwa durch reduzierte Verdunstung oder Windschutz. Damit wird deutlich: Freiflä­chen­an­lagen stehen nicht im Wider­spruch zur Landwirt­schaft – sie können ein integra­tiver Bestandteil zukunfts­fä­higer Landnutzung sein.

Die pauschale Behauptung, unter Solar­an­lagen entstünden tote Zonen, greift zu kurz. Mit einer durch­dachten Planung und natur­schutz­fach­licher Begleitung können Freiflä­chen­so­lar­an­lagen einen wichtigen Beitrag leisten – nicht nur zur Energie­wende, sondern auch zur Stärkung der Biodi­ver­sität, zur umwelt­freund­lichen Landwirt­schaft und zur nachhal­tigen Flächennutzung.

Statt Flächen­kon­kurrenz zu befürchten, sollten wir die Chancen der Mehrfach­nutzung erkennen und fördern. Denn unter dem richtigen Licht betrachtet, ist unter den Solar­mo­dulen mehr Leben, als man denkt.

Im Agri-PV-Versuch in Heggelbach wachsen zum Beispiel unter hoch aufge­stän­derten PV-Modulen Feldfrüchte wie Kartoffeln und Sellerie. Die Pflanzen profi­tieren vom Mikro­klima, während gleich­zeitig Strom erzeugt wird. Auch Obstbauern wie der Obsthof Bernhard testen die Kombi­nation von Apfel­plan­tagen und Photo­voltaik – mit großem Potenzial für die Landwirt­schaft der Zukunft.

Der Solarpark Weesow-Willmersdorf ist mit 164 Hektar ist  einer der größten Solar­parks Deutsch­lands – und ein Muster­bei­spiel für ökolo­gische Integration. Biologen zählten hier über 170 brütende Feldler­chen­paare auf nur 10 Hektar – ein Beweis dafür, dass PV-Flächen bei natur­naher Pflege wertvolle Rückzugsorte für bedrohte Arten sein können.

(Christian Dümke)