OVG Münster: Rad-Fahrverbot nicht rechtens
Pünktlich zur Weihnachtsmarktsaison kommt vom Oberverwaltungsgericht NRW in Münster eine Entscheidung zur Frage, wie mit Menschen umzugehen ist, die intoxikiert auf einem erlaubnisfreien Fahrzeug (Fahrrad, Mofa oder E‑Scooter) angetroffen werden. Kann insbesondere ein Fahrverbot ausgesprochen werden, das sich auch auf das Verkehrsmittel ihrer Wahl bezieht, also das Fahrrad, das Pedelec oder den Scooter?
In dem einen zu entscheidenden Fall ging es um einen Verkehrsteilnehmer, der mit zu viel Amphetamin auf dem E‑Scooter unterwegs war, im anderen Fall war es ein Fahrradfahrer mit über 2 Promille Blutalkohol. Die Fahrerlaubnisbehörden untersagten den beiden Fahrern daraufhin das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen.
Nachdem sie mit Eilentscheidungen bei den erstinstanzlichen Gerichten zunächst gescheitert waren, hat das OVG ihnen recht gegeben (16 B 175/23). Die Begründung beruht auf zwei wesentlichen Argumenten. Zum einen sei die Vorschrift, nach dem das Fahrverbot ausgesprochen worden war, zu unbestimmt und unverhältnismäßig.
Nach § 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung hat die Fahrerlaubnisbehörde zwar jemandem das Führen von Fahrzeugen zu untersagen, der sich als hierfür ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet erweist. Aus dieser Norm gehe nicht hervor, nach welchen Kriterien eine Ungeeignetheit für das Fahren erlaubnisfreier Fahrzeuge anzunehmen sei.
Zum anderen sei das Fahren mit den erlaubnisfreien Fahrzeugen wesentlich weniger gefährlich für andere Verkehrsteilnehmer als das Fahren mit Kfz oder Motorrädern. Daher sei die nicht erhebliche Einschränkung der Mobilität durch das Fahrverbot nicht verhältnismäßig.
Die Entscheidung stößt, gerade in sozialen Netzwerken, auf Widerspruch. Das OVG Münster steht jedoch damit nicht allein da, sondern verweist auf ähnliche Entscheidungen von Berufungsinstanzen aus Bayern und Rheinland-Pfalz. Letztlich haben die Gerichte recht, dass das Gefährdungspotential bei erlaubnisfreien Fahrzeugen zumindest für andere Verkehrsteilnehmer erheblich geringer ist. Daher passt die Anwendung der Norm nicht wirklich, die auch systematisch ausweislich des nicht-amtlichen Inhaltsverzeichnisses im Zusammenhang mit der „Einschränkung und Entziehung der Zulassung“ steht. Außerdem gibt es neben dem Fahrverbot auch weitere Möglichkeiten, Menschen zu disziplinieren, so etwa nach straf- und ordnungswidrigkeitsrechtlichen Vorschriften. (Olaf Dilling)