Verbren­ner­verbot, welches Verbrennerverbot?

Die CDU hat, in trautem Einklang mit rechts­po­pu­lis­tische Parteien in Europa, als zentrales Forderung für die Europawahl die Rücknahme des sog. „Verbren­ner­verbots“ ausge­geben. Das wirft aus verschie­denen Gründen politisch und rechtlich Fragen auf:

Zum einen war die CO2-Emissi­ons­freiheit neuzu­ge­las­sener Kraft­fahr­zeugen ab 2035 ein wichtiges Projekt der Kommis­si­ons­prä­si­dentin Ursula von der Leyen im Rahmen von „Fit for 55“ und „European Green Deal“. Die Initiative wurde also maßgeblich von einer CDU-Politi­kerin ausge­ar­beitete und in den EU-Gesetz­ge­bungs­prozess eingebracht.

Weiterhin hat sich Deutschland im Rat auf Drängen der FDP und sehr zur Verär­gerung anderer Mitglied­staaten „in letzter Minute“ ausbe­dungen, dass es gar kein Verbren­ner­verbot gibt. Dies soll durch ein „techno­lo­gie­of­fenes“ Verständnis der CO2-Freiheit erreicht werden. Nicht nur E‑Autos sollen als CO2-frei gelten, sondern auch Kfz, mit Verbren­nungs­mo­toren, die ausschließlich mit synthe­ti­schen Kraft­stoffen betrieben werden. 

Daraus folgt, dass die EU-Kommission den Auftrag hat, eine Durch­füh­rungs­ver­ordnung zu entwerfen, die ein Geneh­mi­gungs­ver­fahren für „E‑fuels-only“-Fahrzeuge auf Basis der Verordnung (EG) 715/2007 einführt, nach der auch solche Fahrzeuge ab 2035 weiter geneh­mi­gungs­fähig bleiben. Außerdem soll die Verordnung (EU) 2019/631 über die Flotten­grenz­werte für den CO2-Ausstoß so modifi­ziert werden, dass Fahrzeuge, die ausschließlich mit synthe­ti­schen Kraft­stoffen betrieben werden, ebenfalls als CO2-frei gelten.

Aus verschie­denen Gründen sind diese Modifi­ka­tionen nicht besonders prakti­kabel. Denn bisher gibt es weder „E‑Fuels-only“-Fahrzeuge, noch ist technisch vorstellbar, wie sie funktio­nieren sollen: Denn Fahrzeuge, die mit synthe­ti­schen Kraft­stoffen fahren können, könnten auch Benzin oder Diesel tanken. Auch ökono­misch würden diese Fahrzeuge wenig Sinn machen, da für die synthe­ti­schen Kraft­stoffe wegen der Umwand­lungs­pro­zesse große Mengen an Energie gebraucht werden. Nur, wo der Strom­preis praktisch keine Rolle spielt, wären sie sinnvoll – und auch da ist Elektro­mo­bi­lität einfacher.

Trotzdem ist lässt sich mit guten Gründen bestreiten, dass das, was vom Parlament und Rat der EU beschlossen wurde, ein Verbren­ner­verbot ist. Es geht vielmehr um eine ab 2035 bestehende Verpflichtung, nur noch Kfz zuzulassen, die klima­neutral betrieben werden. Die Forderung nach der Rücknahme des Verbren­ner­verbots lässt also offen, ob es generell um Rücknahme des CO2-freien Betriebs ab 2035 zugelas­sener Kfz geht oder darum, den Verbren­nungs­motor zu retten. Vielleicht ist diese Unklarheit auch erwünscht, denn dann können sich unter der Forderung alle das vorstellen, was ihren Wünschen entspricht.

Richtig wahrscheinlich ist es ohnehin nicht, dass die CDU nach der Wahl mit ihren Vorschlägen in Straßburg bzw Brüssel durch­dringt. Denn es sind quali­fi­zierte Mehrheiten für die Rücknahme nötig. Und in den anderen Mitglied­staaten ist das Thema Verbren­nungs­motor längst nicht so emotional besetzt wie in Deutschland. (Olaf Dilling)