E‑Mobility und Wohnungseigentum
Wer eine Eigentumswohnung kauft, kauft die lieben Nachbarn oft gleich mit: Für viele Angelegenheiten, die man gemeinhin als persönlich betrachtet, braucht man ihre Zustimmung. Ob es nun um die Markise geht oder um die Frage, ob man seine Wohnungstür phantasievoll streicht, viel öfter als vielfach angenommen berühren Entscheidungen des einzelnen Eigentümers das Gemeinschaftseigentum, also die Teile des Hauses, die allen gehören und bei denen deswegen auch alle mitreden dürfen.
Zum Gemeinschaftseigentum gehört regelmäßig auch die Tiefgarage. Das bedeutet: Wer sich heute ein Elektroauto kauft, braucht die Zustimmung der Nachbarn, um eine Wallbox zu installieren, also eine Lademöglichkeit vor Ort. Die Nachbarn müssen entweder die Installation dulden, was sie regelmäßig nur tun werden, wenn sichergestellt ist, dass das E‑Auto nicht auf Kosten aller Nachbarn betankt wird, sondern die Stromkosten über einen eigenen Zähler laufen oder auf anderem Wege die Kostenübernahme geklärt wird. Oder die WEG beschließt, eine gemeinschaftliche Ladeinfrastruktur einzurichten, so dass mehr als nur ein Eigentümer auf ein E‑Auto umsteigen kann.
Was aber, wenn die restliche WEG gar keine Lust auf die Ladeinfrastruktur hat und der Wallbox samt ihren technischen Voraussetzungen ihre Zustimmung verweigert? Bislang besteht kein Anspruch des E‑Autointeressenten, und diesen Umstand hat die Bundesregierung als einen Punkt identifiziert, der bisher – neben anderen – den Ausbau der Elektromobilität behindert. Aus diesem Grunde hat die Bundesregierung im Rahmen des Entwurfes für ein „Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz“ neben anderen Reformen des Gesetzes einen § 20 Abs. 2 Nr. 2 vorgesehen, der jedem Wohnungseigentümer das Recht einräumt, von den anderen Eigentümern angemessene bauliche Veränderungen für das Laden von strombetriebenen Fahrzeugen vorzusehen. Die WEG-Gemeinschaft darf dann also nur noch über das Wie, nicht über das Ob entscheiden. Notfalls greift die Beschlussersetzungsklage.
Nach § 21 Abs. 1 des Entwurfs muss der Eigentümer, der die Wallbox fordert, die Kosten allein tragen. Dafür kommen ihm aber auch die Vorteile allein zugute, bis ein anderer Eigentümer im Rahmen des Mitgebrauchs sich auch an den Kosten angemessen beteiligt, was den sukzessiven Ausbau einschließt (siehe der oben verlinkte Entwurf, dort S. S 71 oben).
Aktuell berät der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz über den Entwurf. Eine schnelle Verabschiedung wäre insbesondere wünschenswert, um denen, die bei der derzeit diskutierten Neuwagenprämie den Kauf eines E‑Autos überlegen, Sicherheit darüber zu verschaffen, dass sie auch als Wohnungseigentümer (auch für Mieter sind entsprechende Regelungen vorgesehen) ein E‑Auto kaufen könnten (Miriam Vollmer).