Das neue Geheim­nis­schutz­gesetz: Was steht drin, was ist zu tun?

Warum eigentlich ein neues Gesetz zum Schutz vor Geschäfts­ge­heim­nissen (GeschGehG)? Gibt es denn immer noch nicht genug Gesetze? Schließlich sind viele Geschäfts­ge­heim­nisse bereits über das Patent- oder das Urheber­rechts­gesetz geschützt. Auch das Gesetz gegen den Unlau­teren Wettbewerb (UWG) und die §§ 823 und 826 BGB gewähren einen gewissen Schutz, jedoch geht die Richt­linie 2016/943 vom 15.6.2016) über diesen bereits bestehenden zivil­recht­lichen Schutz hinaus, so das der deutsche Gesetz­geber ein neues Gesetz erlassen musste, um technische, aber auch kaufmän­nische Geheim­nisse von Unter­nehmen besser zu schützen.

Bemer­kenswert immerhin: Der Gesetz­geber stellt klar, dass die Entde­ckung eines Geschäfts­ge­heim­nisses durch Testen eines Produkts oder Gegen­stands, dass jemand beispiels­weise gekauft oder auf anderen legalen Wegen erlangt hat, nicht verboten ist. Verboten sind aller­dings eine ganze Reihe anderer Verhal­tens­weisen. Die meisten liegen auf der Hand, wie etwa das unbefugte Kopieren von Dokumenten oder Gegen­ständen. Eine General­klausel verbietet alle sonstigen Verhalten, die nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben und anstän­digen Markt­ge­pflo­gen­heiten entsprechen. Diese recht umwenig formu­lierte General­klausel dürfte vor Gericht noch zu einigen Inter­pre­ta­ti­ons­schlachten einladen.

Geheim­nisse, die man so oder auf andere nach dem Gesetz verbotene Weise erworben hat, darf man wieder nutzen noch offen­legen. Verboten ist es auch, das Geschäfts­ge­heimnis über eine andere Person zu erlangen, also sich etwa an einen Mitar­beiter heran­zu­machen und ihm die Geheim­nisse in einem scheinbar privaten Rahmen zu entlocken. Zum Schutz von Journa­listen, Arbeit­nehmern und Whist­le­b­lowern wurden noch im Gesetz­ge­bungs­prozess Ausnah­me­re­ge­lungen ergänzt, die die Krimi­na­li­sierung von Verhal­tens­weisen verhindert, an denen ein auch grund­rechtlich geschütztes öffent­liches Interesse besteht. Insbe­sondere betrifft dies den Quellen­schutz bei Journalisten.

Das Gesetz beschränkt sich nicht nur darauf, dass Verbotene zu definieren. Es gewährt dem Verletzten auch Besei­tigung-und Unter­las­sungs­an­sprüche. Der Verletzte kann zudem auch präventiv vor Gericht ziehen. Er kann verlangen, dass der Verletzer das Geheimnis wieder heraus­geben muss und alles, was auf dem Geheimnis beispiels­weise an Produkten basiert, zurück­ge­rufen bzw. vernichtet werden muss. Diese Rechte werden durch weitge­hende Auskunfts­ver­pflich­tungen flankiert. Die Unver­hält­nis­mä­ßig­keits­schwelle, die in Extrem­fällen die Geltend­ma­chung der Rechte der Geheim­nis­in­haber sperrt, dürfte recht hoch zu veran­schlagen sein. Überdies schuldet der Rechts­ver­letzer Schadens­ersatz inklusive des durch die Rechts­ver­letzung erzielten Gewinns und auch immate­ri­eller Schäden. 

Das Gesetz bestimmt, dass durchweg die Landge­richte zuständig sind, auch wenn der Streitwert das an sich nicht hergibt. Wichtig ebenfalls: Im Prozess um Ansprüche nach dem Geschäfts­ge­heim­nis­gesetz gelten besondere Geheim­hal­tungs­ver­pflich­tungen für alle Prozess­be­tei­ligten, und eine Geheim­hal­tungs­ver­pflichtung auch nach Abschluss des Verfahrens. Dies bedingt auch einge­schränkte Akten­ein­sichts­rechte Dritter; einige weitere prozes­suale Beson­der­heiten werden für die gericht­liche Praxis sicherlich inter­essant. Auch wichtig: die Verletzung von Geschäfts­ge­heim­nissen ist mit bis zu drei Jahren Freiheits­strafe oder Geldstrafe belegt, in besonders schweren Fällen sogar bis zu fünf Jahren.

Was bedeutet das nun für die Praxis: Klar ist, dass Unter­nehmen, die Geschäfts­ge­heim­nisse haben, nicht abwarten können, ob und wann jemand diese verrät. Denn das Gesetz ordnet an, dass Geschäfts­ge­heim­nisse nur dann geschützt sind, wenn sie Gegen­stand von angemes­senen Geheim­hal­tungs­maß­nahmen durch ihren recht­mä­ßigen Inhaber sind. Unter­nehmen müssen deswegen in einem ersten Schritt ihre Geheim­nisse identi­fi­zieren. Sodann müssen sie angemessene Geheim­hal­tungs­maß­nahmen treffen. Unter­nehmen brauchen also in einem ersten Schritt ein Geheim­nis­ver­zeichnis, sodann ein Geheim­hal­tungs­konzept, das das Maß des Angemes­senen keines­falls unter­schreitet, und darauf basie­rende Geheim­hal­tungs­richt­linien, die bei den mit dem Geheimnis befassten Mitar­beitern entspre­chend kommu­ni­ziert und regel­mäßig aktua­li­siert werden müssen. 

2019-03-25T09:08:28+01:0025. März 2019|Datenschutz, Industrie, Wettbewerbsrecht|

Neues aus Oberal­theim: Verleumdung aus dem Netz

Die Preise sind zu hoch und das Logo sehr hässlich.“

Hässliches Logo und überhöhte Preise.“

Sehr unfreund­licher Vertriebs­leiter und ganz hässliches Logo!“

Vertriebs­leiter Valk musste sich setzen. Über Nacht war die Bewertung der Stadtwerk Oberal­theim GmbH (SWO) auf Facebook von ganz passabel auf grauenhaft abgesackt. So viele verär­gerte Kunden? Da konnte doch etwas nicht mit rechten Dingen zugehen. 

Die angeblich bewer­tenden Kunden fand Falk außerdem nicht nur nicht in der Kunden­datei. Sie hatten bei Facebook tatsächlich auch nie etwas gepostet, außer diese Bewertung abzugeben. Die Fotos, stellte er mit der Google–Bildersuche fest, stammten samt und sonders aus dem Internet. Ein Mann, der angeblich das Logo als besonders misslungen empfand, erwies sich auf diesem Wege als Filial­leiter einer portu­gie­si­schen Reinigungskette.

Für Valk gab es nur eine denkbare Auflösung dieses Rätsels: Zwar hielt er es für eigentlich ausge­schlossen, dass ausge­rechnet die technisch etwas zurück­ge­blie­benen Unter­al­t­heimer auf die Idee gekommen waren, mit falschen Profilen die SWO zu diffa­mieren. Aber erstens gab es kürzlich Probleme mit Bewer­tungen, und da waren es doch auch die Unter­al­t­heimer gewesen. Und außerdem hatte der Unter­al­t­heimer Geschäfts­führer Dr. Krause drei Töchter im Teenager­alter, denen mehr Online-Kompetenz zuzutrauen war als dem bekannt vertrot­telten Unter­al­t­heimer Chef.

Nun, es war nicht einfach, Geschäfts­füh­rerin Göker und Justi­ziarin Berlach die Abmahnung abzuringen. Immerhin: Zwei Tage später machten die SWO mit anwalt­lichem Schreiben eine Verletzung des Mitbe­wer­ber­schutzes nach § 4 Nummer 1 und 2 UWG und eine Irreführung nach § 5 UWG geltend.

Erwar­tungs­gemäß behauptete Krause, von nichts zu wissen. Er kenne kein Zeitung namens Facebook. Dieses Internet hätte sowieso keine große Zukunft. Die gefor­derte Unter­las­sungs­er­klärung könnte Falk deswegen vergessen.

Valk vergass nicht. Einige Tage später hatte das Landge­richt Oberal­theim die Sache auf dem Tisch. Hier ging es schnell: Angesichts der Ähnlichkeit der Kommentare der offen­kundig nur zu diesem Zweck angelegten Profile ging Richterin Kim selbst­ver­ständlich davon aus, dass ein- und dieselbe Person die Profile angelegt und die Oberal­t­heimer verleumdet haben musste. Zwar versuchte Krause sich noch auf die Vielzahl der deutschen Energie­ver­sorger heraus­zu­reden. Auf die Frage von Richterin Kim, wer außer den Unter­al­t­heimern Vertriebs­leiter Valk namentlich kannte, brach Krause indes vollkommen zusammen und bat nur, seine unschul­digen Töchter aus der Angele­genheit heraus­zu­halten. Denen hatte er sugge­riert, es gehe um eine Wette. 

Die Verur­teilung zur Unter­lassung erfolgte antragsgemäß.

Sie glauben, so etwas kann sich nur ein Anwalt am Freitag nachmittag ausdenken? Weit gefehlt: Oberlan­des­ge­richt Stuttgart, 4 U 239/18. Hier geht es aller­dings um Zahnärzte.

2019-02-22T17:32:26+01:0022. Februar 2019|Wettbewerbsrecht|

Fünf Sterne: Bewer­tungen gegen Vorteile

Vertriebs­leiter Valk ist sauer. Die Konkurrenz, die Stadt­werke Unter­al­theim GmbH (SWU), hat es tatsächlich geschafft, mit 4,5 von 5 Sternen die Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) hinter sich zu lassen. „Exzel­lenter Service!“, muss Valk über die Konkurrenz lesen. „Unkom­pli­zierter Versor­ger­wechsel!“, was besonders schmerzt, weil der Valk namentlich bekannte Kunde, Herr Kaufmann, zuvor 20 Jahre Strom bei der SWO bezog.

Erst als Valk Herrn Kaufmann beim Einkaufen trifft, lichtet sich der Nebel um das Geheimnis der glänzenden Bewer­tungen: Jeder Kunde, der der SWU im Netz volle fünf Punkte gibt, erhält postwendend das SWU-Fanpaket, bestehend aus dem Unter­al­t­heimer Stier aus Plüsch, einem Malbuch mit Stier und einer Rindermettwurst.

Noch am selben Tag mahnt die Anwältin der SWO die lästige Konkurrenz ab. Man darf nämlich keine Bewer­tungen kaufen, wie das OLG Hamm schon 2010 klarge­stellt hat, wenn es ausführt:

Wird mit Kunden­emp­feh­lungen und anderen Referenz­schreiben geworben, darf das Urteil des Kunden grund­sätzlich nicht erkauft sein. Die Verwendung bezahlter Zuschriften ist unzulässig, wenn auf die Bezahlung – wie hier – nicht ausdrücklich hinge­wiesen wird“

Der Verbraucher erwarte nämlich ein freies und unbeein­flusstes Meinungsbild und werde in die Irre geführt, wenn dem nicht so sei.

Nach einigem Hin und Her unter­wirft sich die SWU. Valk stellt schon mal den Sekt kalt, als ihn neue Bewer­tungen irritieren. Die Bewer­tungsflut hört nämlich gar nicht auf. Auf der Seite der SWO dagegen tröpfelt es eher als es läuft. Nur alle paar Monate äußert sich mal jemand, und dazu – wie das eben so ist – auch noch meistens solche Leute, die aus irgend­einem Grund unzufrieden sind. Endlich erfährt Valk, dass das SWU-Fanpaket nun nicht mehr nur für gute Bewer­tungen versprochen wird. Sondern für jeden, der überhaupt bewertet.

Doch auch hier folgt stehenden Fußes die Abmahnung. Denn das OLG Hamm hat 2013 festge­stellt, dass jede Vorteils­ge­währung für Bewer­tungen wettbe­werbs­widrig ist, weil der verspro­chene Vorteil die Selbst­be­stimmtheit der Meinung beein­trächtige. Das Meinungsbild werde so verzerrt.

Einen Tag später klingelt bei Valk das Telefon. Sein Antipode ist dran, der Vertriebs­leiter der SWU. Man kenne sich doch, hebt dieser an. Und man wolle sich doch nichts Böses. Und wie wäre es denn, wenn Valk auf seine Abmahnung verzichte. Und dafür auch die SWU nicht so genau hinschaue, wo Valk seine Bewer­tungen herbe­kommt. Nach einigem Hin und Her ist man so gut wie handelseinig.

Am Ende scheitert der Deal dann doch an den Juristen. Denn auch, wenn SWO und SWU sich einig wären: Es soll, so hört man, ja noch andere Wettbe­werber geben. Und die Verbrau­cher­zen­tralen sind auch nicht ohne.

2019-02-04T11:36:59+01:004. Februar 2019|Wettbewerbsrecht|