VG Berlin: Kein Recht auf Durchgangsverkehr durch Wohnstraße
Mit Kiezblocks und Pollern lassen sich Wohnstraßen effektiv verkehrsberuhigen, weil der Durchgangsverkehr dann herausgehalten werden kann. Manche Anwohner oder andere Autofahrer sind nicht immer davon begeistert. Aber können sie es effektiv vor Gericht verhindern?
Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat vor ein paar Tagen dazu in einem Eilverfahren entschieden (Beschluss der 11. Kammer vom 28. März 2025 – VG 11 L 792/24, bisher unveröffentlicht). Es ging um den Reuterkiez in Berlin-Neukölln: Im November 2023 wies das Bezirksamt im Rahmen des „Verkehrskonzeptes Reuterkiez“ dort mehrere Einbahnstraßen aus. Zusätzlich ließ es an verschiedenen Stellen Poller aufstellen, um die Verkehrsdurchfahrt zu beschränken. Durch die Maßnahmen sollte laut Pressemitteilung des VG der Durchgangsverkehr von Neben- in Hauptstraßen verlagert, gefährliche Stellen entschärft, die Bedingungen für Fuß- und Radverkehr verbessert und die Aufenthaltsqualität im Kiez insgesamt gesteigert werden.
Die Anträge im Eilverfahren von zwei Anwohnern und einem weiteren Autofahrer hat das Gericht abgelehnt. Sie richteten sich gegen die besagten Maßnahmen mit der Begründung, dass der Durchgangsverkehr die Straßen nicht gefährlicher mache und sich die Unfälle typischerweise auf den Hauptstraßen ereignen würden. Im Übrigen ergäbe sich durch den Durchgangsverkehr auch keine besondere Belastung durch Lärm und Abgase.
Das sah das Gericht anders. Für den Reuterkiez hätten die vom Bezirksamt vorgelegten Daten gezeigt, dass es sich um ein Wohngebiet mit hohem Verkehrsaufkommen, hoher Fahrraddichte und hohen Unfallzahlen handele. Zwar sei der Durchgangsverkehr nicht gefährlicher oder belastender als Quell- und Zielverkehr, trage jedoch zu höheren Verkehrszahlen bei und erhöhe so die Gefahren. Bezüglich der Mittel zur Verkehrsberuhigung stehe dem Bezirk ein Einschätzungsspielraum zu.
Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass Kommunen Möglichkeiten zur Verkehrsberuhigung in Wohnstraßen haben. Zwischen Haupt- und Wohnstraßen ist eine Funktionstrennung möglich, die ähnlich wie in Barcelona mit sog. „Superilles“ (Superblocks) bzw. den Berliner Kiezblocks umgesetzt werden kann. Poller sind in der verkehrspolitischen Diskussion oft Stein des Anstoßes, haben aber eine wichtige Funktion, um Wohnstraßen sicherer und ruhiger zu machen. (Olaf Dilling)