Achtung ETS I: Keine Daten­kon­ti­nuität im nächsten Antragsverfahren!

Die Regeln für die Zuteilung von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen für die Jahre 2026 bis 2030 sollen sich, geht es nach der Kommission (hierzu bereits hier mit Links), erheb­licher ändern als vielfach erwartet, auch – und das ist überra­schend – mehr als beim Übergang von der dritten zur vierten Handelsperiode.

Für die betrof­fenen Anlagen­be­treiber bringt das zunächst einmal viel Aufwand mit sich. Denn wenn die Anträge auf Zuteilung bis zum 31. Mai oder 30. Juni 2024 gestellt werden müssen, und derzeit noch nicht einmal die Zutei­lungs­regeln (Free Allocation Rules) endgültig feststehen, wird es ab Inkraft­treten der neuen FAR absehbar knapp. Unter­nehmen, die von den geplanten Änderungen betroffen sind, sollten sich also frühzeitig darauf einstellen, nicht auf die bestehenden Daten zurück­greifen zu können, die der DEHSt bereits vorliegen, sondern diese neu ermitteln zu müssen. Insbe­sondere, aber nicht abschließend, betrifft das voraus­sichtlich folgende Konstellationen:

> Für Produkte, die dem CBAM unter­fallen, und Wärme für deren Herstellung, gibt es ganz neue Zutei­lungs­ele­mente. Unter Umständen müssen also bisher einheit­liche Zutei­lungs­ele­mente aufge­spalten werden.

> Elektrisch erzeugte Wärme soll künftig zutei­lungs­fähig sein. Damit ändern sich natürlich die Daten, die den Zutei­lungs­ele­menten Wärme zugrunde liegen.

> Nicht messbare Wärme aus Verbrennung und anderen exothermen Reaktionen ist nur noch zutei­lungs­fähig, wenn ihr Haupt­zweck die Wärme­er­zeugung darstellt. Hier muss mögli­cher­weise argumen­tiert werden, jedenfall müssen Unter­nehmen diese Prozesse neu bewerten und mögli­cher­weise stehen Abzüge an.

> Der Abwär­me­abzug entfällt, das Zutei­lungs­element kann sich also vergrößern.

> Es soll wohl keine de-minimis-Regel mehr geben, so dass Zutei­lungs­ele­mente, die weniger als 5% ausmachen, nicht unter den Tisch fallen dürfen. Auch hier sind neue Daten­er­fas­sungen erforderlich.

> Für jedes Zutei­lungs­element muss der Strom­ver­brauch erfasst werden. Das sind ganz neue Daten.

Was bedeutet das nun praktisch? Unter­nehmen müssen den Gesetz­ge­bungs­prozess für die FAR sorgfältig beobachten, sollten aber nicht darauf warten, bis sie endgültig vorliegen, denn mit viel Zeit für den Antrags­prozess ist nicht zu rechnen (Miriam Vollmer).

Sie möchten sich kurz entschlossen am Montag, den 08.01.2024 von 10.00 Uhr bis 12.30 Uhr per Webinar über die geplanten Zutei­lungs­regeln infor­mieren? Anmeldung hier oder per E‑Mail.

2024-01-05T20:42:17+01:005. Januar 2024|Emissionshandel|

Die Zuteilung 2026 – 2030: Vorschlag der KOM

Lange erwartet, nun hat die Konsul­tation begonnen: Bis zum 2. Januar 2024 kann man sich auf der Seite der Kommission (KOM) zum Entwurf der neuen Zutei­lungs­regeln (FAR) und dem Annex zu dieser delegierten Verordnung äußern.

Die Grund­pfeiler der kommenden Zuteilung sind keine Überra­schung: Sie sind schon in der Novelle der Emissi­ons­han­dels­richt­linie enthalten. Auch nicht überra­schend ist, dass die Zutei­lungen sinken sollen: Das ist einer­seits Teil des Konzepts des Emissi­ons­handels generell, der auf eine Reduzierung von fossilen Emissionen abzielt. Anderer­seits meint die KOM, dass sie mit dem CBAM nun eine Antwort auf die drohende Abwan­derung energie­in­ten­siver Indus­trien gefunden hat und deswegen keine so hohe Zuteilung mehr braucht. Generell setzen die FAR aber auf Konti­nuität zu den bishe­rigen Regeln, indes gibt es doch einige Punkte, in denen die Zukunft der kosten­losen Zuteilung sich doch deutlich von der aktuellen Rechtslage unter­scheidet. Das sind die Markantesten :Fabrik, Schornstein, Industriell

# Bei Liefe­rungen zwischen ETS-Anlagen werden für die Emissionen der liefernden Anlage der belie­ferten an sich Zerti­fikate zugeteilt. Das fällt bei Siedlungs­abfall aus.

# Ganz neu und bisher komplett system­fremd: Bisher gab es keine Zutei­lungen, wenn Produkte mit Strom statt Vor-Ort-Feuerungen herge­stellt wurden. Das soll sich ändern, sogar für Wärme. Für die indirekten Emissionen, für die es Zerti­fikate gibt, gibt es aber keine Strom­kos­ten­kom­pen­sation mehr.

# Der Metho­denplan wird genehmigungsbedürftig.

# Zutei­lungen für Produkte, die dem CBAM unter­fallen, sinken in dem Maße, in dem der CBAM aufwächst.

# Wärme als Zusatz­produkt wird aufge­wertet. Die Regelungen für die Vermeidung der Doppel­zählung wirken kompli­ziert, aber manche Betreiber, die Zutei­lungen nach Brenn­stoff­benchmark und Prozes­se­mis­sionen erhalten, dürften profitieren.

# Die besten 10% der Anlagen werden nicht sektor­über­greifend gekürzt. Hier gibt es komplexe Ausnahme- und Rückaus­nah­me­regeln, generell ist es aber durchaus nicht unwahr­scheinlich, dass diese Regelung gar nicht zum Tragen kommt.

# Die Zuteilung für Prozes­se­mis­sionen sinkt von 97% auf 91% der histo­ri­schen Emissionen, aber erst ab 2028.

# Die Sonder­regeln für Strom­erzeuger werden aufge­hoben, die in der Vergan­genheit für Indus­trie­kraft­werke bisweilen unerwünschte Effekte hatten. Es gibt nach wie vor keine Zuteilung für Strom selbst, aber sie werden für ihre Wärme­er­zeugung behandelt wie andere Anlagen auch.

# In Zukunft werden Zutei­lungen gekürzt, wenn Empfeh­lungen in Energie­audits und zerti­fi­zierten Energie­ma­nage­ment­sys­temen nicht umgesetzt werden. Diese Kürzungen werden rückgängig gemacht, wenn die empfoh­lenen Maßnahmen umgesetzt wurden. Das wird jährlich überprüft.

# Viele Unter­nehmen haben sich schon gefragt, wie sie feststellen, ob sie einen Klima­neu­tral­tätsplan vorlegen müssen. Hier wird nun konkre­ti­siert: Es geht um die Jahre 2016 und 2017. Ausgangs­punkt sind die Bench­marks der DVO 2021/447. Weiter soll gelten: Klima­neu­tra­li­täts­pläne sind mit den Zutei­lungs­plänen und nicht zum 01.05.2024 vorzu­legen. Sie werden alle fünf Jahre überar­beitet und veröffentlicht.

# Die Kürzungen wegen Klima­neu­tra­li­täts­plänen und unzurei­chenden  Energie­ef­fi­zi­enz­maß­nahmen werden nicht kumulativ angewandt.

# Aus dem Annex ergeben sich eine ganze Reihe verän­derter Benchmarks.

Das Zutei­lungs­ver­fahren soll im nächsten Frühjahr statt­finden. Angesichts der Fülle neuer Anfor­de­rungen stellt das die Unter­nehmen vor erheb­liche Heraus­for­de­rungen. Entspre­chend ist es sinnvoll, sich nun schnell mit den voraus­sicht­lichen Regeln für die Jahre 2026 bis 2030 vertraut zu machen.(Miriam Vollmer)

2023-12-08T00:28:18+01:008. Dezember 2023|Emissionshandel|

CBAM: Die Erpro­bungs­phase bis 2026

Das geht ja mal wieder schnell: Am 15. September 2023 wurde die CBAM-Durch­füh­rungs­ver­ordnung zur VO 2023/956, die den CBAM regelt, veröf­fent­licht, nach der Importe bestimmter Güter ab dem 1. Oktober 2023 gemeldet werden müssen. Die Meldung für den ersten Erfas­sungs­zeitraum ist dann auch schon zum 31. Januar 2024 abzugeben.

Erfasst sind eine Reihe von Import­pro­dukten: Eisen und Stahl, Produkte aus Eisen und Stahl (unter diesen Punkt fallen ziemlich viele Produkte!), Aluminium und Waren daraus, Eisenerz, Wasser­stoff, Strom, Zement, Ammoniak, Kalium­nitrat und Dünge­mittel. Entscheidend für die Abgrenzung erfasster und nicht erfasster Produkte ist Anhang II Tabelle 1 der DVO entscheidend.

Aus der DVO CBAM ergibt sich auch, welche Daten der Melde­pflicht unter­liegen. Hier geht es insbe­sondere um die Menge, die genaue Waren­be­zeichnung, die einge­bet­teten Emissionen, wobei für die ersten drei Quartals­be­richte Schät­zungen und Standard­werte, die demnächst veröf­fent­licht werden, zulässig sind. Ab Sommer 2024 sind dann tatsäch­liche Werte erfor­derlich, wobei noch offen ist, wie vorzu­gehen ist, wenn Liefe­ran­ten­daten nicht oder nicht korrekt vorliegen. 

Wenn es im Produk­ti­onsland einen CO2-Preis gibt, so ist auch dieser anzugeben. Die Kommission hat mehrere sektorale Facts­heets veröf­fent­licht, denen Details für das jeweilige Import­produkt zu entnehmen sind. Auch das Handbuch für die CBAM Registry ist hilfreich für den Importeur. Indes: Offenbar ist immer noch nicht wirklich klar, welche nationale Behörde die Deutschen freischaltet. In der Liste der KOM jeden­falls steht noch nichts bei „D“. 

Insgesamt hat die DVO viele Verpflichtete enttäuscht. Zwar ist Reise­gepäck außen vor. Die Kommission hat die Möglichkeit aber nicht genutzt, zumindest Private auszu­schließen. Da Waren­lie­fe­rungen nur bis 150 EUR von der Melde­pflicht ausge­nommen sind, ist von einer relativ hohen Zahl an unabsicht­lichen Verstößen auszu­gehen. Es bleibt mithin abzuwarten, wie die bis 2026 laufende Erpro­bungs­phaase verläuft, aber klar ist schon jetzt: Der Schutz der EU vor Carbon Leakage durch den CBAM hat einen hohen bürokra­ti­schen Preis (Miriam Vollmer).

2023-11-03T20:19:12+01:003. November 2023|Emissionshandel|