Rückstellung für den Gasnetzrückbau?

Was wird aus dem 500.000 Kilometer langen deutschen Gasnetz? Bis 2045 muss nach aktueller Rechtslage die netzge­bundene Erdgas­ver­sorgung in Deutschland abgewi­ckelt werden. Es ist absehbar, dass nur ein kleiner Teil des deutschen Gasnetzes dann einer Umnutzung zugeführt werden kann, also etwa für den Transport von Wasser­stoff. Greift der Gesetz­geber nicht ein, muss das Gasnetz mögli­cher­weise zurück­gebaut werden, also ausge­graben und entsorgt.

Es ist absehbar, dass diese Maßnahmen hohe Kosten auslösen. Dies wirft die Frage nach Rückstel­lungen auf. Das Institut der Wirtschafts­prüfer (IDW) hat deswegen im Sommer 2025 darauf hinge­wiesen (Stellung­nahme hier), dass handels­rechtlich Rückstel­lungen bereits zu bilden sind, wenn eine Außen­ver­pflichtung besteht und mit einer Inanspruch­nahme ernsthaft zu rechnen ist. Damit können Rückstel­lungen handels­rechtlich bereits früher und in größerem Umfang erfor­derlich sein, als die Bundes­netz­agentur regula­to­risch anerkennen will. Diese sieht nämlich im Entwurf RAMEN Gas eine regula­to­rische Anerkennung der Rückstel­lungen nur vor, wenn besondere Umstände und konkrete Hinweise darauf vorliegen, dass die Grund­stücks­ei­gen­tümer den Rückbau verlangen.

Damit könnte eine Situation entstehen, in der handels­rechtlich Rückstel­lungen gebildet werden müssen, die aber im Zuge der Netzent­gelt­be­rechnung für den Gastransport nicht berück­sichtigt werden. Die Gasnetz­be­treiber hätten also ein dickes Finan­zie­rungs­problem. In Zeiten ohnehin program­miert sinkender Umsätze könnte dies die Trans­for­mation der Wärme­wirt­schaft weiter belasten.

Für die Unter­nehmen bedeutet das damit eine Unsicherheit, die eigentlich nur der Gesetz­geber beenden kann. Er muss entweder klar regeln, dass ein Rückbau nur in absoluten Ausnah­me­fällen infrage kommt. Oder zumindest für einen Gleichlauf handels­recht­licher und regula­to­ri­scher Rückstel­lungs­ver­pflich­tungen sorgen.

2025-10-10T18:27:02+02:0010. Oktober 2025|Gas|

Wärme­preise scheitern oft am „Markt­element“

In letzter Zeit häufen sich die gericht­lichen Entschei­dungen zu Wärme­preisen und Preis­än­de­rungs­klauseln in Wärme­ver­sor­gungs­ver­trägen. Besonders im Fokus steht dabei das sog. „Markt­element“.

Preis­an­pas­sungs­klauseln in standar­di­sierten Wärme­lie­fe­rungs­ver­trägen mit Letzt-verbrau­chern, die keine Indus­trie­kunden sind, müssen den Anfor­de­rungen des § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV genügen um wirksam zu sein. Hierfür ist es erfor­derlich, dass die Preis­an­pas­sungs­klausel des Wärme­lie­fe­ranten sowohl die Kosten­ent­wicklung bei Erzeugung und Bereit­stellung der Fernwärme durch das Unter­nehmen (Kosten­element) als auch die jewei­ligen Verhält­nisse auf dem Wärme­markt (Markt­element) angemessen berück­sich­tigen. Sie müssen die maßgeb­lichen Berech­nungs­fak­toren dabei vollständig und in allgemein verständ­licher Form ausweisen. Das Kosten­element und das Markt­element sind dabei gleich­rangig (BGH, Urteil vom 19. 07.2017, Az. VIII ZR 268/15).

Der zu berück­sich­ti­gende Wärme­markt erstreckt sich dabei auf andere Energie­träger, als den tatsäch­lichen Brenn­stoff (BGH, 13.07.2011, VIII ZR 339/10). Hierdurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwär­me­preise „nicht losgelöst von den Preis­ver­hält­nissen am Wärme­markt vollziehen kann“ (BR-Drucks. 90/80, S. 56 [zu § 24 Abs. 3 AVBFern­wärmeV aF]).

Und genau daran scheitern derzeit viele Klauseln. Die gewählten Indizes sind zu einseitig und erstrecken sich oft nur auf Erdgas oder wenige ausge­wählte Einsatz­stoffe. Auch Fehlge­wich­tungen kommen vor, bei denen das Markt­element zwar vorhanden ist, aber bei der Preis­bildung nicht den gleichen Einfluss hat, wie die Brennstoffkosten.
Vor diesem Hinter­grund kann jedem Wärme­ver­sorger nur geraten werden, kritisch seine vertrag­lichen Preis­klauseln zu prüfen und ggf. anzupassen.

(Christian Dümke)

2025-10-10T18:52:36+02:0010. Oktober 2025|Allgemein|

Ohne uns geht’s nicht“ – Bau- und Recycling­branche fordert politi­schen Kurswechsel

Zum Auftakt der Fachmesse RecyclingAktiv/TiefbauLive in Karlsruhe haben fünf große Branchen­ver­bände aus Bau‑, Abbruch- und Recycling­wirt­schaft ein gemein­sames Positi­ons­papier vorge­stellt – mit deutlichen Worten an die Politik. Die zentrale Botschaft: Ohne uns geht es nicht – doch aktuelle Gesetze und bürokra­tische Hürden machen nachhal­tiges Bauen und Recycling zunehmend schwerer.

Im Fokus der Kritik steht natürlich die Ersatz­bau­stoff­ver­ordnung (EBV). Obwohl sie als Schritt zu bundes­ein­heit­lichen Standards begrüßt wird, beklagen die Verbände ihre reali­täts­ferne Umsetzung: Übermäßige Dokumen­ta­ti­ons­pflichten, fehlende Ausnah­me­re­ge­lungen für Klein­mengen und Einschrän­kungen beim Einsatz recycelter Materialien in öffent­lichen Ausschrei­bungen gefährden die Akzeptanz – und damit die gesamte Kreis­lauf­wirt­schaft im Bau.

Auch die zuneh­menden Brand­ge­fahren durch Lithium-Ionen-Akkus bereiten der Branche große Sorgen. Immer häufiger kommt es zu verhee­renden Bränden in Recycling­an­lagen – mit Milli­ar­den­schäden und einer wachsenden Zurück­haltung der Versi­cherer. Die Verbände fordern deshalb ein Batte­rie­pfand, ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten sowie mehr Verant­wortung von Herstellern.
Gefordert werden zudem:

• Entbü­ro­kra­ti­sierung von Geneh­mi­gungs- und Vergabeverfahren,
• Digita­li­sierte, standar­di­sierte Prozesse für Schwertransporte,
• Bevor­zugung von Sekun­där­bau­stoffen bei öffent­lichen Aufträgen,
• Schnelle Nachbes­serung der EBV noch 2025.

Trotz der drängenden Themen blieb politische Unter­stützung beim Messe­auftakt aus – kein Vertreter der Politik war vor Ort. Für die Verbände ein enttäu­schendes Signal. Ihre Forderung ist klar: Die Bau- und Recycling­wirt­schaft braucht endlich politische Rücken­de­ckung – für mehr Nachhal­tigkeit, Sicherheit und Zukunfts­fä­higkeit. Diesem Wunsch können wir uns nur anschließen.

(Dirk Buchsteiner)

2025-10-10T17:29:21+02:0010. Oktober 2025|Allgemein|