Der Gesetzgeber hat zwar immer die Absicht, Europarecht (sprich: EU-Richtlinien) richtig (und auch rechtzeitig) umzusetzen. Das gelingt mitunter nicht. Es mag einerseits daran liegen, dass man meint, es ohnehin besser zu können, als der EU-Gesetzgeber (Rat und Parlament), manchmal ist es auch schwierig, die Regelungen ins nationale Recht einzupassen. Es ist auch schon vorgekommen, dass man das EU-Recht nicht richtig verstanden hat.
Die Abfallrahmenrichtlinie (AbfRRL) ist nun nicht ganz neu. Neu ist jedoch, dass die Europäische Kommission aktuell beschlossen hat, mit der Übermittlung eines Aufforderungsschreibens ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland (INFR(2025)2047) einzuleiten, weil das wir die Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG in der durch die Richtlinie (EU) 2018/851) geänderten Fassung) nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat.
Im Kern des Vorwurfs geht es um die rechtsverbindlichen Zielvorgaben für die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling bestimmter Abfallströme, einschließlich Siedlungsabfälle. Außerdem werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, ihre Abfallbewirtschaftungssysteme und die Ressourceneffizienz zu verbessern. Die Mitgliedstaaten hatten bis zum 5. Juli 2020 Zeit, die geänderte Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Aus Sicht der Kommission hat Deutschland die Anforderungen für Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung (in Bezug auf geografische Abdeckung und angemessene Selbstkontroll- und Überwachungsmechanismen), die Pflicht zur getrennten Sammlung von Abfällen und zur Trennung unrechtmäßig vermischter Abfälle sowie die Vorschriften für den selektiven Abbruch und die Vorschriften für die Verwendung von aus Bioabfällen hergestellten Materialien nicht korrekt umgesetzt. Deutschland hat es zudem versäumt, die Eigenkompostierung zu fördern. Es geht also nicht um Kleinigkeiten.
Zu diesen Vorwürfen wird sich Deutschland nun verhalten müssen. Hierfür bestehen zwei Monate Zeit. Schauen wir mal, wie sich Deutschland verteidigen möchte. Die Praxis zeigt jedoch, dass es ohnehin an der Kreislaufwirtschaft in Deutschland hapert. „Rund“ läuft vieles gerade nicht. Im Kern ist die Behördenpraxis klar auf Abfälle ausgerichtet. Davon weg kommt man kaum und das Ende der Abfalleigenschaft bleibt fern. (Dirk Buchsteiner)
Da darf man gespannt sein. Leider hat man auch in der Kommission selbst sehr spät begriffen, dass Abfallpolitik eben Abfälle voraussetzt und in gewissem Sinne ihre Voraussetzungen perpetuiert. Produktpolitik zur Abfallvermeidung ist der richtige Ansatz. Diesen Weg hat man nun zögerlich immerhin beschritten.
Unterwertige Umsetzung der AbfRR ist nicht hinnehmbar.