Ein zentraler Baustein für die Klima­neu­tra­lität ist die Circular Economy. Die ordnungs­gemäße Entsorgung von Elektro­alt­ge­räten gewinnt angesichts des dringenden Ziels Ressourcen einzu­sparen und des steigenden Umwelt­be­wusst­seins immer mehr an Bedeutung. Die Rücknah­me­ver­pflichtung von Elektro­klein­ge­räten folgt aus § 17 Abs. 1 Nr. 2 ElektroG. Diese Verpflichtung beruht auf Art. 5 Abs. 2a der Richt­linie 2012/19/EU, wonach die Mitglied­staaten sicher­zu­stellen haben, dass bei Elektro- und Elektronik-Altge­räten aus privaten Haushalten Systeme einge­richtet sind, die es den Endnutzern und den Vertreibern ermög­lichen, diese Altgeräte zumindest kostenlos zurück­zu­geben. Diese gesetz­liche Regelung dient dem Schutz der Verbraucher, fördert die Wieder­ver­wertung wertvoller Rohstoffe und trägt dazu bei, dass weniger Elektro­schrott illegal oder unsach­gemäß entsorgt wird. Dabei unter­scheidet das Gesetz zwischen Klein­ge­räten, bei denen die Rücknahme unabhängig vom Neukauf erfolgen muss, und Großge­räten, deren Rücknahme häufig an den Erwerb eines vergleich­baren neuen Produkts gebunden ist.

Ein neues und inter­es­santes Urteil des Oberlan­des­ge­richts Koblenz vom 11.03.2025 (Az. 9 U 1090/24) hat diesen Grundsatz (und die Vorin­stanz, das LG Koblenz) bestätigt. Die Deutsche Umwelt­hilfe hatte den Discounter Lidl verklagt, weil dieser seiner Pflicht zur Rücknahme von Altelek­tro­ge­räten nicht in vollem Umfang nachkam. Testkunden der DUH hatten bei Lidl das Nachsehen und gingen mit einem wettbe­werbs­recht­lichen Unter­las­sungs­an­spruch gegen Lidl vor. Im Mai 2023 hatten Mitar­beiter von zwei Filialen in Rheinland-Pfalz die Rücknahme eines alten Kopfhörers, eines Ladegeräts und eines Ladekabels verweigert – Geräte, die nach ElektroG unter die gesetz­liche Rücknah­me­pflicht des Handels fallen. Sie waren kleiner als 25 Zenti­meter und wurden unabhängig vom Neukauf zur Rückgabe angeboten. Das Gericht stellte fest, dass auch Einzel­händler, die regel­mäßig Elektro­geräte anbieten, ihre gesetz­liche Verant­wortung nicht abtun können und sich an die strikten Vorgaben halten müssen, um den Verbrau­cher­schutz zu gewähr­leisten. Lidl hatte dagegen argumen­tiert, die Regelung sei verfas­sungs­widrig, weil sie Lebens­mit­tel­händler im Vergleich zu anderen Einzel­händlern sachwidrig ungleich behandele und damit gegen Artikel 3 Grund­gesetz verstoße. So seien vor allem Droge­rie­märkte, die gleich­falls Elektro­ar­tikel im Sortiment haben, grundlos von der Rücknah­me­pflicht ausge­nommen. Das Unter­nehmen verlangte daher, die Klage abzuweisen oder sie dem Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt bezie­hungs­weise dem Europäi­schen Gerichtshof (EuGH) vorzu­legen. Diese Einschätzung teilte das OLG nicht und ging hier von einem acte clair aus: Die Reich­weite des Unions­rechts ist derart offen­kundig, dass für einen vernünf­tigen Zweifel kein Raum bleibt.

Mit dieser Entscheidung wird nicht nur die Beweislast der Händler verschärft, da sie künftig lückenlos dokumen­tieren müssen, wie die Rücknahme und fachge­rechte Verwertung der Geräte erfolgt, sondern es wird auch ein deutliches Signal an die gesamte Handels­branche gesendet, dass kommer­zielle Inter­essen nicht über Umwelt- und Verbrau­cher­schutz gestellt werden dürfen. Unter­nehmen sind nun gefordert, ihre internen Prozesse zu optimieren, indem sie benut­zer­freund­liche Rücknah­me­systeme imple­men­tieren, für umfas­sende Trans­parenz sorgen und ihr Personal im Umgang mit den entspre­chenden Vorschriften schulen. Auch für die Verbraucher ergeben sich positive Perspek­tiven: Durch eine konse­quentere Umsetzung der Rücknah­me­pflicht können alte Elektro­geräte künftig leichter und kostenfrei in den Filialen abgegeben werden, was den Recycling­kreislauf unter­stützt und einen wichtigen Beitrag zum Umwelt­schutz leistet. Hier könnte durch den Einsatz digitaler Systeme zur Nachver­folgung der Rücknah­me­pro­zesse und eine mögliche Erwei­terung der Herstel­ler­ver­ant­wortung der Markt weiter trans­for­miert werden, es bleibt also spannend. Innovative Rücknah­me­lö­sungen und enge Koope­ra­tionen mit zerti­fi­zierten Entsor­gungs­un­ter­nehmen können dabei helfen, den gesamten Lebens­zyklus der Elektro­geräte nachhal­tiger zu gestalten. Insgesamt verdeut­licht das Urteil des OLG Koblenz, dass Unter­nehmen ihre Prozesse anpassen müssen, um den gesetz­lichen Anfor­de­rungen gerecht zu werden. (Dirk Buchsteiner)