Das „Heizungs­gesetz“ würde man aufheben, und die Atomkraft­werke wieder anfahren, hieß es im Wahlkampf. Davon ist im Sondie­rungs­papier vom letzten Wochenende nun nicht mehr die Rede. Dafür – dies mag die sozial­de­mo­kra­tische Handschrift sein, muss es aber nicht – bietet das Papier der künftigen Koali­tionäre in Sachen Energie und Klima überra­schend viel Ampel.

Zunächst: Wer auf eine Abschwä­chung der Klima­schutz­ziele gesetzt hat, wird enttäuscht sein. Die kommende Koalition bekennt sich ausdrücklich zu den Klima­zielen. Uns kann das jeden­falls nicht überra­schen: Die Klima­ziele sind nicht nur im Bundes-Klima­schutz­gesetz festgelegt, das man mit einfacher Mehrheit ändern kann. Sondern laut Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt auch im Grund­gesetz selbst und zudem im europäi­schen Recht. Es bleibt also beim Kurs auf 2045.

Die Senkung der Strom­steuer auf das europa­rechtlich festge­legte Mindestmaß etwa hatte der schei­dende Wirtschafts­mi­nister Habeck schon im Oktober vorge­schlagen. Statt 2,05 ct/kWh sollen nur noch 0,05 ct/kWh gezahlt werden. Das hat die voraus­sichtlich nächste Bundes­re­gierung aufgegriffen.

Auch die Kraft­werks­stra­tegie ist nicht neu. Die Regierung Merz will aller­dings auf 20 GW neue Gaskraft­werke bis 2030 erhöhen. Die Erhöhung beruht auf der Annahme, dass die nächste Regierung – Stichwort Infra­struk­tur­paket – mehr Schulden machen darf als die Ampel, der eine solche Mittel­auf­nahme mangels Mitwirkung der Opposition verwehrt war. Die nächste Regierung will die Gaskraft­werke aber nicht nur nutzen, um die Netze zu stabi­li­sieren, sondern auch, um Preis­spitzen zu kappen. Wie bisher geplant, sollen auch diese Kraft­werke mittel­fristig auf H2 umgestellt werden. Dass es dabei bleibt, ist nicht erstaunlich, weil die Ausschrei­bungen als Beihilfen den EU KUEBLL unter­fallen, die einen dauer­haften Erdgas­be­trieb nicht zulassen.

Union und SPD wollen die gesetz­liche Grundlage für Carbon Capture and Storage (CCS) schaffen. Auch das ist nicht neu. Ein Entwurf liegt auf dem Tisch, hat es aber nur noch bis zur ersten Lesung und Ausschuss­an­hörung im November 2024 gebracht. Was anklingt: Anders als die Ampel würde die nächste Bundes­re­gierung mögli­cher­weise nicht nur unver­meid­liche Emissionen der Industrie auffangen und im Unter­grund verpressen.

Den nächsten Punkt haben wir nicht verstanden. Die künftigen Koali­tionäre mahnen an, dass das Wasser­stoff­kernnetz auch den Süden und Osten anbinden soll. Schauen wir uns das von der Bundes­netz­agentur 2024 geneh­migte Wasser­stoff­kernnetz an, so sind die Lücken im Süden und Osten, die hier thema­ti­siert werden, aber nicht erkennbar. Sowohl das ostdeutsche Chemie­dreieck als auch der Raum München und Stuttgart sind angebunden, obwohl es mangels EE-Strom­erzeugung vor Ort vielleicht gar nicht so viele Erzeuger gibt, und die Küsten, wo der Import anlandet, weit weg.

Dass auch die nächste Bundes­re­gierung grüne Märkte stärken will, ist keine Überra­schung. Ebenso wie die Grünen hatte sich die Union schon vor der Ampel für Carbon Contracts for diffe­rence (CfD) ausge­sprochen. Die inzwi­schen angelaufene Ausschreibung von Klima­schutz­ver­trägen soll also fortge­setzt werden.

Und auch beim Ausbau der Erneu­er­baren geht es weiter. Das Sondie­rungs­papier erwähnt neben PV und Wind noch Bioen­ergie, Wasser, Geothermie und Speicher. Ob sich hier weitere Ausschreibungen/erhöhte Förder­sätze andeuten? Ob (was wir begrüßen würden) der Rechts­rahmen für Speicher sich verbessert, etwa durch Aufnahme in den § 6 EEG, der Zahlungen an Gemeinden ermög­licht? Wir sind jeden­falls gespannt.
Ob gerade die Teile des Papiers, die auf staat­liches Geld angewiesen sind, reali­siert werden, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Die künftigen Koali­tionäre müssen auf die Grünen zugehen, um eine Kredit­auf­nahme zu ermög­lichen, die die Union der Ampel versagt hat. Ob das gelingt, wird die nächste Woche zeigen (Miriam Vollmer).