Entwal­dungs­freie Liefer­ketten – Kommission verschiebt Inkraft­treten der EUDR

Eigentlich sollte sie ab dem 30. Dezember 2024 anzuwenden sein (wir berich­teten hier davon): Die Rede ist von der EU-Verordnung zu entwal­dungs­freien Liefer­ketten  (Verordnung (EU) 2023/1115) – der sog. „Entwal­dungs­ver­ordnungEU Deforestration Regulation – EUDR. Nun hat die Kommission kurzfristig (und in einem ungewöhn­lichen Schritt) am Mittwoch die Reißleine gezogen (siehe Presse­mit­teilung) und vorge­schlagen, die politisch durchaus umstrittene Verordnung um ein Jahr zu verschieben. Kritik gab es nicht nur von Waldbe­sitzern und Landwirten, sondern auch bei vielen Wirtschafts­teil­nehmern und vor allem auch aus Dritt­staaten. Für die Betrof­fenen im weiten Anwen­dungs­be­reich der Verordnung wird dies wohl mehr Zeit bedeuten. Sofern das Parlament und der Rat dem Vorschlag der Kommission zustimmen, würde die Verordnung erst am 30. Dezember 2025 für Großun­ter­nehmen und am 30. Juni 2026 für Kleinst- und Klein­un­ter­nehmen in Kraft treten.

Die Verordnung wird als Bürokra­tie­monster angesehen, sie sei mit ihren Anfor­de­rungen „Irrsinn“. Sicher ist jedoch auch, dass Wälder weltweit weiterhin von Abholzung und den Konse­quenzen des Klima­wandels bedroht sind. Insbe­sondere im Amazo­nas­be­reich geht die Entwaldung besorg­nis­er­regend schnell voran – allen Bemühungen zum Trotz. Daran hat trägt auch die EU große Mitschuld. Nach Angaben der EU-Kommission ist der Konsum der EU-Bevöl­kerung für über 10 Prozent der globalen Entwaldung verant­wortlich. Dies betrifft u.a. den Import von Palmöl, Soja, Kautschuk, Rindfleisch, Kakao und Kaffee.

Die Vorgänge rund um das Gesetz für entwal­dungs­freie Liefer­ketten sind ein Trauer­spiel. Zuerst hält Ursula von der Leyen monatelang die für die Unter­nehmen wichtigen Durch­füh­rungs­be­stim­mungen zurück. Und weil nun die Zeit bis zum Umset­zungs­datum immer knapper und der Druck immer größer wird, schlägt sie eine Verschiebung des wichtigen Gesetzes vor. Die Verschiebung passiert im Kontext der größten Waldver­nichtung der letzten Jahre auf dem latein­ame­ri­ka­ni­schen Kontinent. Sie ist ein frontaler Angriff auf den Green Deal.“, so die Europa­ab­ge­ordnete Anna Cavazzini, Vorsit­zende des EU-Binnen­markt­aus­schusses. Vielfach wird der Schritt jedoch auch begrüßt. Für den Europa­ab­ge­ord­neten Peter Liese hätte das geplante Inkraft­treten „ein unver­ant­wort­liches Chaos“ bewirkt. „Viele Voraus­set­zungen zur Anwendung sind nicht klar und viele Dritt­staaten beklagen sich zurecht. Klein­bauern, z.B. in Latein­amerika, brauchen viel mehr Unter­stützung und wir müssen eine unbüro­kra­tische Umsetzung sicher­stellen. All das ist kurzfristig nicht möglich.

Ob das beabsich­tigte Moratorium tatsächlich zu weniger Bürokratie und zu mehr Augenmaß führt, bleibt abzuwarten. Denn Sorgfalts­pflichten bringen wohl nur dann was, wenn sie tatsächlich auch streng sind. (Dirk Buchsteiner)