LG Köln zu Rennrad­fahrer vs Fahrertür

Bei einem Unfall gibt es oft klare Vorstel­lungen darüber, wer verant­wortlich dafür ist. Dabei gibt es oft mehrere, deren Verhalten ursächlich ist und erst in ihrem Zusam­men­wirken hat sich der Schaden reali­siert. Ein Beispiel dafür sind die sogenannten „Dooring-Unfälle“: Ein Fahrrad­fahrer fährt an einem parkenden Auto vorbei, dessen Fahrertür just in diesem Moment geöffnet wird.

Schuld ist dann grund­sätzlich der Kraft­fahrer, der seine Tür geöffnet hat. Denn nach § 14 Abs. 1 StVO heißt es ausdrücklich: „ Wer ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilneh­mender ausge­schlossen ist“. Häufig hört man in letzter Zeit, seitdem der Radver­kehrs in den Städten zunimmt, aber auch, dass doch die Radfahrer Sicher­heits­ab­stand halten müssten. Da Fahrer­türen im geöff­neten Zustand etwa 1,50 m in die Fahrbahn herein­ragen könnten, sei dies der Abstand, der gehalten werden müsse.

Über diese Frage hat nun das Landge­richt (LG) Köln (Urt. Vom 02.08.2022, Az. 5 O 372/20) entschieden. Ein Kfz-Fahrer sowie dessen Versi­cherung hatten sich nach einem solchen Unfall geweigert, 100% des Schadens zu übernehmen und waren von 25% Mitschuld des Radfahrers ausge­gangen. Der sei auf seinem Rennrad überra­schend schnell an dem Kfz vorbei­ge­fahren und war dabei gegen die Fahrertür geprallt. Dabei hatte er sich eine Rippe gebrochen und mehrere schwere Prellungen an Schädel, Knien und Ellen­bogen erlitten.

Das Gericht hat entschieden, dass den Radfahrer kein Mitver­schulden trifft. Der Seiten­ab­stand soll es zwar ermög­lichen, dass ein gering­fügige Öffnen der Tür möglich sei. Einen Seiten­ab­stand, der so großzügig bemessen sei, dass die Fahrertür vollständig geöffnet werden könne, ohne dass es zu einer Kollision komme, sei dagegen nicht nötig.

Die Entscheidung ist deshalb relevant, weil sie nicht nur die Kosten­teilung im Schadensfall betrifft, sondern auch allge­meine Abstands­re­ge­lungen. Die wiederum entscheiden, wie der öffent­liche Raum zwischen den Verkehrs­teil­nehmern aufge­teilt wird. Eine großzügige Abstands­pflicht würde letztlich den Raum, der durch parkende Kfz in Anspruch genommen wird, noch weiter vergrößern. Zusätzlich zu den Parkflächen selbst gäbe es einen Streifen, den die Halter der Kfz exklusiv als „Sicher­heits­streifen“ für sich in Anspruch nehmen könnten. Das wird durch die Entscheidung verhindert. Es ist weiterhin die volle Verant­wortung der Kraft­fahrer, auf andere Verkehrs­teil­nehmer Rücksicht zu nehmen, die ihnen nahe kommen (Olaf Dilling).