Kita-Recht: Anspruch auf Ganztagsbetreuung
Immer wieder hören wir, dass Kommunen der Auffassung sind, der Anspruch auf Förderung in der Kindertagespflege sei jedenfalls dann erfüllt, wenn das Kind vormittags betreut ist. Was folgt daraus für Eltern, die voll arbeiten?
Für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres ihres Kindes, wenn also kein Anspruch auf Elternzeit mehr besteht, verweist das Gesetz in § 24 Abs. 3 S. 2 SGB VIII auf das bedarfsgerechte Angebot für Ganztagsplätze in Tageseinrichtungen (d.h. Kitas oder Kindergärten). Zwar wird aus dem Wortlaut der Norm nicht ganz klar, ob dem eine unmittelbare Pflicht der Kommunen korrespondiert, auch im Ergebnis entsprechend viele Plätze vorzuhalten. Denn es heißt, die Träger der öffentlichen Jugendhilfe „haben darauf hinzuwirken“.
Präziser heißt es aber bereits in Absatz 1, Satz 3 der Norm, dass der „Umfang der täglichen Förderung (…) sich nach dem individuellen Bedarf“ richtet. Dies gilt demnach für Kinder unter einem Jahr (mit besonderem Förderbedarf), in entsprechender Anwendung aber auch für Kinder über einem Jahr.
Dementsprechend wurde bereits von der Rechtsprechung klar gestellt, dass sich die Gemeinden nicht einfach auf mangelnde Kapazitäten herausreden können. Jedenfalls hat das VG Aachen im Sommer 2018 entschieden, dass die Stadt ihre Kita-Betreuungszeiten auch an den Bedarf der Eltern anpassen muss. In dem entschiedenen Fall ging es um ein Kind, das ein Jahr alt war. Dabei muss sich die Stadt nicht nur, was die Dauer der Betreuung angeht, nach den Eltern richten, sondern auch nach den absoluten Zeiten: Sie musste in dem konkreten Fall nämlich eine Betreuung von 8 bis 17 h sicherstellen – auch wenn die entsprechende Kita bisher nur von 7:30 bis 16:30 h geöffnet war.
Die Entscheidung verdeutlicht, dass die Rechtsprechung ein Recht der Eltern anerkennt, selbst zu entscheiden, wann sie wieder voll arbeiten wollen, also auch bei Kindern, bei denen grundsätzlich noch ein Anspruch auf Elternzeit bestünde. Auch bei der Ausgestaltung der Arbeitszeit muss sich der Träger der öffentlicher Tageseinrichtung sehr weitgehend an den Bedürfnissen der Eltern orientieren (Olaf Dilling).