Landge­richt Frankfurt zur 3‑Jahres-Wider­spruchs­frist bei unwirk­samen Wärmepreisanpassungen

Wir hatten hier auf diesem Blog bereits in der letzten Woche über die richtungs­wei­sende Entscheidung des Landge­richts Frankfurt/Main zum Markt­element in Wärme­preis­klauseln berichtet.

Aber diese Entscheidung beinhaltet noch einen weiteren Gesichts­punkt, der einer kurzen Betrachtung verdient: Das Wider­spruchs­recht oder besser gesagt die Wider­spruchs­pflicht des Kunden gegen unzulässige Preisanpassungen.

Nach ständiger Recht­spre­chung des BGH hat der Kunde nämlich (nur) 3 Jahre Zeit einer unwirk­samen Preis­an­passung in der entspre­chenden Verbrauchs­ab­rechnung zu wider­sprechen. Aber was gilt hier als Wider­spruch und welche Freiheiten hat der Kunde bei der Ausübung seines Widerspruchsrechtes?

Im vorlie­genden Fall hatte der Kunde seinen Preis­wi­der­spruch ausdrücklich erstmals gegen die dortige Jahres­ver­brauchs­ab­rechnung 2021 erhoben und den Wärme­preis des vorhe­rigen Jahres 2020 akzep­tiert, wodurch diese Liefer­preise Grundlage der Diffe­renz­be­trachtung für den Rückfor­de­rungs­an­spruch des Kunden der Folge­jahre wurde.
Dem hielt der Versorger entgegen, dass der Kunde sich schon früher einmal mit einer Beschwerde gegen erhöhte Abschläge an den Versorger gewandt hatte. Dies sei als Wider­spruch zu werten und und der letzte gültige Preis durch automa­tische Rückrechnung von diesem Zeitpunkt um 3 Jahre zu ermitteln. Das Landge­richt sah das anders:

Es kam hierbei nicht in Betracht, die Klägerin auf den Arbeits­preis für das Jahr 2019 zu verweisen. Denn in recht­licher Hinsicht steht dem gerade die Dreijah­res­lösung des Bundes­ge­richtshofs entgegen. Diese ist nämlich nicht so zu verstehen, dass ab einer Beanstandung des Kunden von Rechts wegen eine Rückrechnung schema­tisch auf das dritt­letzte Verbrauchsjahr erfolgt, dessen Arbeits­preis für die Berechnung einer Rückfor­derung maßgeblich wäre. Vielmehr hat der Bundes­ge­richtshof dem Kunden insoweit eine Dispo­si­ti­ons­be­fugnis einge­räumt, selbst einen erklärten Wider­spruch aufgeben zu dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 01.06.2022, VIII ZR 287/20, Rn. 64). Hätte die Klägerin also mit dem einzig als zeitlich voran­ge­gangen in Betracht kommenden Wider­spruch auf Grund ihres Schreibens vom 28.11.2022 einen solchen angebracht, wäre sie befugt gewesen, diesen zurück­zu­nehmen und mit Schreiben vom 28.09.2023 erneut anzubringen. Hierbei werden die Inter­essen des Versorgers auch nicht unberück­sichtigt gelassen, denn auch in solchen Fällen (Rücknahme und Neuan­bringung eines Wider­spruchs) wirkt die Dreijah­res­lösung begrenzend und kann den durch sie bezweckten Inter­es­sen­aus­gleich (vgl. vor allem BGH, Urteil vom 25.09.2024, VIII ZR 165/21) bewirken.“

LG Frankfurt, Urteil vom 09.06.2025, Az. 2–03 O 100/24

Das Landge­richt Franfurt stellt damit klar, dass die 3 Jahres­frist für den Kunden­wi­der­spruch insoweit der Dispo­sition des Kunden unter­steht, wann er erstmals einen Wider­spruch einlegt, ob er ihn auf kürzere Zeiträume als 3 Jahre beschränkt oder einen einge­legten Wider­spruch auch teilweise wieder zurückzieht.

(Christian Dümke)

2025-06-20T19:14:21+02:0020. Juni 2025|Rechtsprechung, Wärme|

Mieterhöhung bei ausge­blie­bener Verbrauchs­senkung: Zu BGH, v. 26.03.2025 (VIII ZR 283/23)

Die Wärme­wende läuft und wird in den nächsten 20 Jahren erheb­liche Inves­ti­tionen auch von Vermie­ter­seite auslösen. Diesen Inves­ti­tionen steht in aller Regel mittel­fristig eine erheb­liche Ersparnis bei den laufenden Kosten gegenüber. Schließlich sind die Betriebs­kosten von Wärme­pumpe niedriger als die – dazu künftig noch kräftig steigenden – eines Gaskessels. Damit lohnt sich für den Mieter der Heizungs­tausch norma­ler­weise auch dann, wenn der Vermieter aufgrund der Moder­ni­sierung die Miete erhöht.

Doch wie sieht es aus, wenn die erwartete Einsparung nicht eintritt? Mit dieser Frage hat sich der Bundes­ge­richtshof (BGH) in einer Entscheidung vm 26.03.2025 (VIII ZR 283/23) jüngst beschäftigt. Gegen­stand des Verfahrens war eine Mieterhöhung nach § 555b Nr. 1a BGB a. F. wegen energe­ti­scher Moder­ni­sierung, nachdem der Vermieter in eines Mehrfa­mi­li­en­hauses eine Gas-Zentral­heizung eingebaut hatte.

Norma­ler­weise sinkt durch eine solche Inves­tition der Verbrauch und damit auch die Betriebs­kosten, aber hier konnte der Vermieter dies nicht belegen. Die enttäuschten Mieter machten deswegen geltend, die Mieterhöhung wäre rechts­widrig gewesen und ihnen stünde eine Rückzahlung zu. Die ersten beiden Instanzen folgten dem auch. Das Landge­richt als Berufungs­ge­richt führte aus, dass es auf einen Vergleich der vier oder fünf Jahre vor und nach der Maßnahme ankomme.

Dann aber ging die Sache an den BGH, und der sah es anders: Nach Auffassung des höchsten deutschen Zivil­ge­richts kommt es nicht darauf an, ob durch die Maßnahme tatsächlich der Endener­gie­ver­brauch gesunken ist, sondern ob ob der Vermieter dies zum Zeitpunkt der Mieterhöhung erwarten durfte. Auch, wenn es später dann anders kommt, kann der Vermieter die Erhöhung behalten (Miriam Vollmer).

2025-06-14T00:21:17+02:0014. Juni 2025|Wärme|

Landge­richt Frankfurt entscheidet: Erdgas­index ist kein taugliches Markt­element nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV

Preis­an­pas­sungs­klauseln in Wärme­lie­fe­rungs­ver­trägen sind immer wieder Gegen­stand  gericht­licher Ausein­an­der­set­zungen. Regel­mäßig geht es dabei um die Frage, ob die entspre­chende Klausel die recht­lichen Anfor­de­rungen des § 24 Abs. 4 AVBFern­wärmeV erfüllt und insoweit sowohl die Entwicklung der Brenn­stoff­kosten (Kosten­element) als auch die allge­meine Entwicklung auf dem Wärme­markt abbildet.

In einem vor dem Landge­richt Frankfurt/Main geführten Klage­ver­fahren einer Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft gegen den Wärme­ver­sorger Techem Solutions GmbH ging um die frage, ob die alleinige Bezug­nahme auf einen Ergdgas­preis­index in der Preis­klausel ein ausrei­chendes Markt­element darstellt. Dies wurde vom Landge­richt Frankfurt mit folgender Begründung verneint:

Die genutzte Preis­an­pas­sungs­klausel ist inhaltlich unangemessen.

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass § 24 IV 1 AVBFern­wärmeV eine inhalt­liche Angemes­senheit solcher Klauseln derge­stalt verlangt, dass die jewei­ligen Verhält­nisse auf dem Wärme­markt angemessen zu berück­sich­tigen sind (vgl. BGH, Urteil vom 01.06.2022, VIII ZR 287/20, Rn. 27 ff.). Dieses Markelement muss auf die Verhält­nisse auf dem allge­meinen, das heißt sich auch auf andere Energie­träger erstre­ckenden, Wärme­markt ausge­richtet sein (Rn. 30).

Mit diesen höchst­rich­ter­lichen Anfor­de­rungen ist die von der Beklagten verwendete Preis­an­pas­sungs­klausel unver­einbar. Sie bildet von vornherein nur die Verhält­nisse für einen Energie­träger (Erdgas) ab und richtet sich damit gerade nicht an den Verhält­nissen auf dem allge­meinen Wärme­markt aus.

Es kommt auch nicht in Betracht, diese höchst­rich­ter­liche Recht­spre­chung einer Neube­wertung zu unter­stellen. Unabhängig davon, ob und gegebe­nen­falls in welchem Umfang der Anteil einzelner Energie­träger an der Gesamt­ener­gie­ver­sorgung schwankt, hat die Beklagte nicht dargelegt, dass der Erdgas­markt mittler­weile den allge­meinen Wärme­markt reprä­sen­tieren könnte. Auch nach ihrem Vortrag kommt anderen Energie­trägern ein nicht nur unerheb­licher Anteil an der Energie­ver­sorgung zu, wie in ihrem Schriftsatz vom 10.06.2024 ausge­führt (Bl. 125 d.A.). Versor­gungs­re­le­vante andere Energie­träger (erneu­erbare Energie­träger etc.) sind Bestandteil des allge­meinen Wärme­marktes und werden in der streit­ge­gen­ständ­lichen Preis­an­pas­sungs­klausel ausgeblendet.“

Rechts­folge dieser Wertung war die Unwirk­samkeit der Preis­klausel und sämtlicher darauf beruhender Preis­an­pas­sungen, denen die klagende Eigen­tü­mer­ge­mein­schaft innerhalb der 3‑Jahresfrist wider­sprochen hatte.

LG Frankfurt, Urteil vom 09.06.2025, Az. 2–03 O 100/24

(Christian Dümke)

2025-07-03T16:51:59+02:0013. Juni 2025|Rechtsprechung, Wärme|