Personenbeförderungsgesetz: Happy BerlKönig-Hour
Oft wird betont, dass die verstärkte Orientierung von Mobilität am Umweltverbund, also an öffentlichen Personennahverkehr, Fahrrad- und Fußverkehr eine ziemlich exklusiv urbane Diskussion sei. Denn auf dem Land oder in den Vorstädten sei das Auto alternativlos. Auch die Innenstädte müssten sich weiter offen halten für Leute, die in ihrem Alltag auf den mobilen Individualverkehr angewiesen seien. Die müssten auch weiter mit dem Verkehrmittel ihrer Wahl in die Stadtzentren kommen.
Nun, mit der Wahlfreiheit der Verkehrsmittel argumentieren in dem Zusammenhang oft Politiker, die mit der Stilllegung von regionalen Schienenverbindungen und dem Einstellen von Buslinien bisher wenig Probleme hatten. Die Wahl reduziert sich in einer Marktwirtschaft manchmal halt auf die eine, einzig wirtschaftliche Alternative. Wobei geflissentlich darüber hinweggesehen wird, dass es auch um die Wirtschaftlichkeit des Kraftfahrzeugverkehrs vielerorts ganz anders bestellt wäre, wenn alle gesamtgesellschaftlichen Kosten „eingepreist“ würden, wie Volkswirte zu sagen pflegen.
Was bei der Diskussion über die Verkehrswende bisher vor allem zu kurz kommt, ist die Tatsache, dass es auch auf dem Land sehr viele Menschen gibt, deren Mobilitätsbedürfnisse sich nicht mit dem Kfz-Verkehr befriedigen lassen. Dazu gehören Kinder und Jugendliche, alte Menschen, die nicht oder nicht mehr Auto fahren können. Leute, die wegen körperlicher Einschränkungen oder aus gesundheitlichen Gründen nicht Auto fahren. Und Leute, aus Armut oder aus Überzeugung kein eigenes Auto haben. All diese Menschen sind bisher, soweit die Stecken sich nicht zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen lassen, auf eine gute Versorgung mit öffentlichem Verkehr angewiesen.
Allerdings sind in den letzten Jahren neue Mobilitätsangebote entstanden, mit denen sich die Lücke zwischen motorisiertem Individualverkehr und öffentlichem Verkehr möglicherweise schließen lässt. Bisher wurden sie vor allem in den urbanen Zentren ausprobiert, z.B. der BerlKönig im Zentrum von Berlin oder Clevershuttle, die inzwischen in Düsseldorf ein sogenanntes Ridepooling betreiben. Das heißt, anders als Taxis werden die Fahrzeuge während einer Fahrt nicht exklusiv von einem Kunden genutzt, sondern über eine App werden die Mobilitätsbedürfnisse mehrerer Kunden so gebündelt, dass der Fahrer sie sozusagen als flexible Fahrgemeinschaften durch die Stadt fährt.
Bisher sind diese Angebote nur auf Grund einer Experimentierklausel in § 2 Abs. 7 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) und nur bis zu einer Höchstdauer von vier Jahren möglich. Allerdings wird im März vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates eine Reform dieses Gesetzes verabschiedet. Dadurch sollen die neu entstandenen digitalen Sharing- und On-Demand-Dienste einen rechtssicheren Rahmen bekommen.
Was den BerlKönig angeht, hat sich gezeigt, dass der Anbieter die anfänglichen günstigen Preise auf Dauer nicht ohne Förderung durch das Land durchhalten kann. Daher ist die Zukunft dieses Angebots weiterhin ungewiss. Denn das Berliner Abgeordnetenhaus hat sich bisher mehrheitlich dagegen ausgesprochen, das Defizit zu übernehmen.
Das ist insofern nachvollziehbar, als der BerlKönig bisher vor allem dort eingesetzt wird, wo auch bisher ein ausreichendes Angebot an öffentlichem Verkehr besteht. Nämlich im Zentrum Berlins. Interessant sind diese Angebote weniger als Ersatz, denn als Ergänzung zum öffentlichen Verkehr. An allen Orten und zu allen Zeiten, in denen der öffentliche Linienverkehr mangels ausreichender Nachfrage versiegt: In den Nachtstunden mit einer BerlKönig-„Happy Hour“ und in den Bereichen der urbanen Peripherie der Vororte und brandenburgischen Schlafstädte, in denen ein smarter, flexibler und kostengünstiger Zubringer zum S‑Bahnnetz oft fehlt (Olaf Dilling).