Streichung der Stoffstrombilanzverordnunng: Lobbypolitik vs. EU-Recht
Achtung: unbequeme Meinung! Als Kind vom niedersächsischen Dorf soll es hier nicht zum Landwirt-Bashing kommen. Schönheit vergeht, Hektar bleibt. Wir brauchen die Bauern und die Landwirtschaft; was wären wir ohne sie? Doch als Anwalt im Umweltrecht, der Anlagen und Industrie toll findet, rauft man sich bisweilen die Haare. Das materielle Umweltrecht ist komplex, europarechtlich weitgehend überformt und die vorgegebene Reiseroute, die sich z.B. aus der Aarhus-Konvention und dem Verordnungs- und Richtlinienrecht der EU (ich sage nur Wasserrahmenrichtlinie und Nitratrichtlinie) ergibt, doch recht klar. Ich kämpfe für meine Mandanten im System des Umweltrechts, um für einen Anlagenbetrieb mitunter ökologische Nischen zu finden. Und was ist mit der Landwirtschaft? Nun gut, ich mache schon nichts mit Tierhaltungsanlagen, aber es ist dann doch bestürzend, wie Deutschland abermals sehenden Auges aus Klientelpolitik (es ist schon fast ein Klischee) weitere Vertragsverletzungsverfahren heraufbeschwört. Jedenfalls kommen wir so auch nicht weiter. Die Landwirtschaft bekam gerade ein üppiges Geschenk aus dem Landwirtschaftsministerium. Das Umweltministerium schweigt dazu.
Es wird als „Bürokratieabbau“ verkauft, dass im Schnellverfahren – an Bundesrat und Bundestag vorbei – die Stoffstrombilanzverordnung aufgehoben wurde, also jene Verordnung über den Umgang mit Nährstoffen im Betrieb und betriebliche Stoffstrombilanzen. Im Kern geht es um die wichtige Ermittlung von Datengrundlagen. Kurz: Es sollte bilanziert werden, was in den Hof geht und was rauskommt. Die EU fordert mit Blick auf den Düngemitteleinsatz von den Mitgliedstaaten eine Verbesserung der Datenlage; wir schaffen das probate Mittel dafür einfach ab. Denn eins ist auch klar, bei der Überdüngung und der Nitratbelastung haben wir in Deutschland die Nase vorn. Dabei kann abermals Symbolpolitik aus Schilda nicht weiterhelfen. (Dirk Buchsteiner)