Der Europäische Rat – also das Organ der Mitgliedstaaten der EU – will den EU ETS II um ein Jahr verschieben (siehe hier). Er soll also erst 2028 starten und nicht 2027. Der Grund ist banal: Manchen EU-Regierungen ist der CO2-Preis, der vor allem Erdgas, Heizöl, Diesel‘ und Benzin verteuert, schlicht zu hoch. Sie hoffen teilweise, dass es entweder gar nicht zu den teilweise prognostizierten hohen Preisen kommt oder der ETS II so spät starte, dass der Aufwuchs an klimafreundlichen Technologien wie Wärmepumpe und E‑Auto quasi von selbst zu niedrigeren Preisen führt, um den Volkszorn nicht zu provozieren.
Doch was bedeutet das für die Praxis? Klar ist jedenfalls, dass die aus deutscher Perspektive wünschenswerte Vereinheitlichung sich verzögert. Doch womit müssen deutsche Versorger und Verbraucher rechnen?
Eine mögliche Antwort geben Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) und Brennstoff-Emissionshandelsgesetz (BEHG). Denn der Fall einer Verschiebung ist hier durchaus bereits mitgedacht, aber nicht als letztlich politische Entscheidung, sondern für den Fall, dass die Kommission wegen außergewöhnlich hoher Energiepreise den Startschuss um ein Jahr verschiebt. Dieser – in Art. 30k Emissionshandelsrichtlinie sehr klar umrissene – Fall liegt nicht vor, deswegen kann die Kommission nicht einfach eine Bekanntmachung vornehmen, aber die Situationen sind so ähnlich, dass ein Rückgriff sich anbietet. In diesem Fall suspendiert § 56 TEHG die Abgabepflicht – nicht aber die Berichtspflicht – für Inverkehrbringer nach dem TEHG für das Jahr 2027.
Doch sind die Inverkehrbringer dann aller Sorgen ledig? Mitnichten – denn es gibt ja auch noch das BEHG. Dessen § 24 Abs. 1 BEHG sieht vor, dass nur dann die Verpflichtungen nach dem BEHG zurücktreten, wenn das TEHG greift. Ist das nicht der Fall, gilt das BEHG also weiter.
Doch wie sieht dann die Bepreisung konkret aus? Gibt es feste Preise? Hier sieht § 10 BEHG an sich eine Versteigerung vor, ab 2027 ohne Preisobergrenze. § 10 Abs. 3 Nr. 5 BEHG erlaubt der Bundesregierung aber (wie im Restanwendungsbereich des BEHG) eine abweichende Rechtsverordnung mit einem Festpreisverkauf zum Preis von TEHG-Zertifikaten.
Dies wirft allerdings die Frage auf, wie in diesem Fall mit der Diskrepanz zwischen dem Budget für diesen Sektor und den verkauften Zertifikaten umzugehen ist. Ein weiterer Zukauf würde mindestens sehr teuer, es ist auch fraglich, ob eine solche Regelung wirklich einen wahrnehmbaren Minderungsanreiz ausüben würde. Zudem bereiten DEHSt und EEX schon jetzt die Versteigerung für 2026 vor, die in einem Preiskorridor zwischen 55 und 65 EUR stattfinden soll. Ob angesichts dessen nicht eher ein zweites Jahr nationaler Versteigerungen naheliegt, möglicherweise mit einer realistischeren Obergrenze?
Alle diese Fragen müsste der deutsche Gesetzgeber beantworten. Bevor dies allerdings eintreten kann, muss nun erst einmal auf EU-Ebene geklärt werden, wie es weitergeht. Denn bekanntlich macht der Rat Regelungen nicht allein. Um hier kurzfristig etwas zu ändern, müssen auch Europäisches Parlament und Kommission aktiv werden, die bereits bei der letzten Novelle der Emissionshandelsrichtlinie ihren eigenen Kopf bewiesen haben. Es bleibt also bei einer ärgerlichen Unsicherheit, gerade für Zweijahresverträge, die diese Risiken nun abbilden müssen (Miriam Vollmer).
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