Das erste Land weltweit, in dem Emissionen eines Zement­werks großtech­nisch aufge­fangen und verpresst werden, ist Norwegen. Der Pionier will auf diese Weise prozess­be­dingte Emissionen mindern, die sich durch einen reinen Wechsel des Antriebs­systems nicht vermeiden lassen. Ziel ist es, deren Eintritt in die Atmosphäre zu verhindern. Und wie steht es um Deutschland?

Die Ampel­ko­alition hatte im vergan­genen Jahr versucht, das Kohlen­dioxid-Speiche­rungs­gesetz (KSpG) zu novel­lieren. Dieser Entwurf schei­terte jedoch am Regie­rungs­wechsel. Nun unter­nimmt das Bundes­wirt­schafts­mi­nis­terium unter neuer Leitung einen weiteren Anlauf. Ziel ist es, die derzeitige Blockade zu überwinden, denn CCS (Carbon Capture and Storage) hat einen festen Platz in den Plänen der Bundes­re­publik, ab 2045 keine fossilen Emissionen mehr in die Atmosphäre gelangen zu lassen.

Geplant ist, sowohl den Export von CO₂ als auch die Speicherung im Inland rechtlich zu ermög­lichen. Die Speicherung könnte unter der Nordsee in der Salinen Aquifere erfolgen. An Land soll sie nur dann zulässig sein, wenn das jeweilige Bundesland entspre­chende Spiel­räume schafft. Naheliegend ist die Nutzung ehema­liger Erdgas- und Erdöl­la­ger­stätten. Deren Speicher­ka­pa­zi­täten sind aller­dings begrenzt.

Die öffent­liche Diskussion entzündet sich nicht nur an den techni­schen Risiken. Kritiker verweisen auf die hohen Kosten von 150 bis 250 Euro pro Tonne für Abscheidung, Transport und Speicherung. Fraglich sei, ob der Effekt die Inves­tition recht­fertigt. Es gibt Hinweise, dass Speicher­stätten das Treib­hausgas womöglich nicht so dauerhaft einschließen, wie bisher angenommen. Aller­dings steht diesen Risiken bei prozess­be­dingten Emissionen die faktische Alter­na­tiv­lo­sigkeit gegenüber, denn diese Emissionen lassen sich mit keiner anderen Techno­logie vermeiden. Das Minis­terium will diesen neuen Infra­struk­turen deshalb ein überra­gendes öffent­liches Interesse zuerkennen, wie es auch für Anlagen der erneu­er­baren Energien und Batte­rie­speicher gilt.

Anders ist die Lage bei der Kraft­werks­wirt­schaft. Die Bundes­re­gierung ist, anders als ihre Vorgän­gerin, offen für die Idee, neue Gaskraft­werke im Rahmen der Kraft­werks­stra­tegie mit CCS auszu­statten. Proble­ma­tisch sind jedoch die hohen Fixkosten der Techno­logie. Diese Kraft­werke sollen nur vergleichs­weise wenige Stunden im Jahr betrieben werden, um den Netzbe­trieb zu gewähr­leisten. Die Inves­ti­tionen wären deshalb schwer refinan­zierbar, selbst wenn man die Kraft­werke von dieser Beschränkung befreien würde.

Ob die nötige Infra­struktur vor Mitte der 2030er-Jahre verfügbar sein wird, ist ungewiss. Die Erfah­rungen mit Großpro­jekten in Deutschland und die behörd­lichen Verfahren geben Anlass zur Skepsis. Es bleibt abzuwarten, ob die Markt­be­din­gungen nicht letztlich zu deutlich weniger CCS-Projekten führen, als derzeit angenommen. Zunächst liegt der Ball jedoch beim Gesetz­geber, der sich nach der Sommer­pause erneut mit dem Thema befassen muss (Miriam Vollmer).