Herr Valk ruft an

Herr Valk ist nieder­ge­schlagen. Dabei dachte er diesmal, nun hätte er es endgültig raus: Vor wenigen Monaten war die Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) ja schon einmal abgemahnt worden, als er als Vertriebs­leiter nur ein paar wahllos aus dem Telefonbuch heraus­ge­griffene Leute aus Unter­al­theim angerufen und über die günstigen Tarife der SWO gegenüber der Konkurrenz, der Stadt­werke Unter­al­theim GmbH (SWU), aufge­klärt hatte. Das war über einige Wochen mit nicht geringem Erfolg sogar recht gut gelaufen. Aber als er dann verse­hentlich den Kraft­werks­leiter der Konkurrenz an der Strippe hatte: Da war es dann aus.

Frau Göker hatte kopfschüt­telnd eine straf­be­wehrte Unter­las­sungs­er­klärung abgegeben. Für jeden Anruf ohne Einwil­ligung sollte die SWO als Schuld­nerin nun eine von der SWU als Gläubi­gerin zu bestim­mende, gerichtlich überprüfbare Vertrags­strafe zahlen. Solche Vertrags­stra­fen­be­stim­mungen nennt man „Hamburger Brauch“.

Hoch und heilig hatte Valk versprochen, so etwas nie wieder zu tun.

Indes: Es nagte an seiner Vertriebs­lei­ter­seele. Zu erfolg­reich waren die Anrufe gewesen. Und als dann noch die SWU überpro­por­tional die Preise erhöhte … Kurz und gut. Vor zwei Wochen griff Valk wieder zum Telefon. Aber diesmal nicht ohne Einwil­ligung, schließlich sollte ihm ein so dummer Fehler nur einmal passieren. Statt­dessen fragte er nun mehr direkt zum Beginn jedes Telefonat: „Sind Sie einver­standen, ein kurzes Infoge­spräch über ihren Strom­tarif zu führen?“ Fast jeder hatte einge­willigt. Aber Unter­al­theim ist ein kleiner Ort, und die Leute sprechen mitein­ander. Und so flatterte schon nach wenigen Tagen Frau Göker eine Vertrags­stra­fen­for­derung auf den Tisch. 20.000 € will die SWU nun haben.

Aber ich habe doch Einwil­li­gungen eingeholt.“, ächzte Valk, als Frau Göker wie der rächende Engel Gottes wieder einmal vor seinem Schreib­tisch erschien. In ihrem Gefolge Justi­ziarin Frau Birte Berlach.

Eine unzumutbare Beläs­tigung ist stets anzunehmen bei Werbung mit einem Telefon­anruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrück­liche Einwil­ligung“, zitierte Frau Berlach aus § 7 Abs. 2 UWG.

Ist 20k nicht ganz schön viel?“, jammerte Falk, und Frau Göker sah Frau Berlach fragend an. In der Tat: Im Wettbe­werbs­sachen mit normaler wirtschaft­licher Bedeutung liegt die Spanne einer ausrei­chenden Vertrags­strafe norma­ler­weise eher zwischen 2500 € und 10.000 €. Um auf 20.000 €, also weit über dem Niveau des von der Recht­spre­chung im Rahmen einer Billig­keits­prüfung nach § 315 BGB heraus­ge­bil­deten Rahmens zu gehen, braucht es schon einige Argumente.

Solche Umstände hatte die SWU aber gar nicht dargelegt. Auf die Klage der SWO hin blieb es deswegen nicht bei den aufge­ru­fenen 10.000 €. Auf einen richter­lichem Hinweis einigten sich die Parteien auf eine Zahlung von 2.500 €, und Herr Valk schwor diesmal beim Leben seiner Großmutter, nie wieder etwas Vergleich­bares zu tun.

Das Valks Großmutter seit zehn Jahren auf dem Friedhof von Oberal­theim lag, musste ja niemand wissen

Von |2018-08-23T21:21:40+02:0023. August 2018|Strom, Wettbewerbsrecht|

Landge­richt Düsseldorf verur­teilt gas.de zur Rückzahlung von Preis­an­pas­sungen an zwei Kunden

Das Landge­richt Düsseldorf hat gestern am 07.12.2023 den Energie­ver­sorger gas.de Versor­gungs­ge­sell­schaft mbH im Rahmen eines Versäum­nis­ur­teils (gericht­liches Akten­zeichen 37 O 18/23 [EnW] ) zur Rückzahlung von unberechtigt erhobenen Entgelten für Gaslie­fe­rungen verurteilt.

Geklagt hatte ein Rechts­dienst­leister aus abgetre­tenem Recht für zwei betroffene Kunden in den Tarifen „grüngas classic“ und „grüngas easy24“. Streitig waren Preis­an­pas­sungen vom 21.11.2018 im Tarif grüngas classic und vom 01.03.2019 und 01.11.2021 im Tarif grüngas easy24. Der Rechts­dienst­leister argumen­tierte, dass die von gas.de vorge­legten Preis­an­pas­sungs­mit­tei­lungen nach seiner Rechts­auf­fassung nicht den gesetz­lichen Anfor­de­rungen entsprachen, wie sie zuletzt vom BGH präzi­siert worden waren.

Zum Verhand­lungs­termin erschien der beklagte Versorger (und auch dessen Anwälte) nicht. Das Landge­richt Düsseldorf erlies daher ein Säumnis­urteil. Im Rahmen eines solchen Säumnis­ur­teils prüft das Gericht nur, ob der Vortrag der Kläger­seite schlüssig ist und die Forderung rechtfertigt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

(Christian Dümke)

Von |2023-12-08T13:40:47+01:008. Dezember 2023|Rechtsprechung|

Vertrags­schluss am Telefon: Wann beginnt die Widerspruchsfrist?

Der Vertriebs­leiter Valk der Stadt­werke Oberal­theim GmbH stöhnt. Gut, die Grenzen des Wettbe­werbs­recht sind auch seiner Ansicht nach oft allzu eng. Aber was derzeit auf dem an sich beschau­lichen Strom­markt im Städtchen Oberal­theim vor sich geht, sprengt Valks bisherige Vorstel­lungs­kraft: Ein neuer, an Abgefeimtheit den alten Konkur­renten, die Stadt­werke Unter­al­theim GmbH, weit hinter sich lassender Wettbe­werber hat sich breit gemacht. Die Hyper-Strom UG hat offenbar nicht nur Kunden­werber losge­schickt, die an der Haustür älteren Oberal­t­heimern erzählen, die Stadt­werke Oberal­theim GmbH gingen demnächst pleite, und dann sitze jeder im Dunklen, der nicht recht­zeitig zu Hyper-Strom gewechselt sei. Hyper hat auch ein Call Center angeheuert, das von morgens bis abends die Bürger des Städt­chens anruft und mit offen­kun­digen Unwahr­heiten über die Stadt­werke Oberal­theim erstaun­liche Erfolge feiert.

Abmah­nungen der Hyper-Strom UG wegen Irreführung und Cold Calls laufen.  Doch wie bekommt Valk nun seine Kunden zurück? Leider melden sich nicht alle Opfer der dreisten Kampagne innerhalb der vierzehn­tä­gigen Frist ab Vertrags­schluss, die gem. § 312 g Abs. 1, § 355 Abs. 2 BGB, § 356 Abs. 2 Nr. 2 BGB für Fernab­satz­ver­träge u. a. über Strom gilt. Sind die Kunden jetzt ernstlich für volle 12 Monate an die Hyper-Strom UG gebunden?

Hier immerhin hilft dem Kunden – und damit Herrn Valk – § 1 Abs. 2 des Art. 246 EGBG. Hier ist geregelt, dass das Unter­nehmen den Verbraucher über sein Wider­rufs­recht hätte infor­mieren müssen. Die Telefo­n­agenten der Hyper-Strom UG haben dies aber nicht getan. Statt dessen wurde nur die Frage: „Wollen sie mit Hyper-Strom zuver­lässig versorgt werden?“, und das abgefor­derte „ja“ des Kunden elektro­nisch aufgezeichnet.

Wenn die Infor­ma­ti­ons­pflicht verletzt wurde, gilt die vierzehn­tägige Frist für die Wider­rufs­mög­lichkeit von Fernab­satz­ver­trägen nicht. Die Kunden haben deswegen 12 Monate und 14 Tage Zeit, die aufge­schwatzten Verträge zu wider­rufen, § 356 Abs. 3 BGB.

Das lässt Valk sich nicht zweimal sagen. Nun telefo­niert er. Und am Ende des Tages ist Valk erschöpft von längeren Gesprächen mit vorwiegend älteren Verbrau­chern des schönen Oberal­t­heims. Aber seine Kunden hat er alle, alle wieder (Miriam Vollmer).

 

 

Von |2019-11-22T16:31:21+01:0022. November 2019|Strom, Wettbewerbsrecht|

Wer kann, der kann

Vor einigen Monaten stand Kollegin Vollmer mit dem Vertriebs­leiter einer Mandantin an einem Bistro­tisch vor einer Bahnhofs­bä­ckerei und wartete auf den Zug. Man sprach über dies und das, Gerichte, Richter, Gerichts­ur­teile, schwer verständ­liche Gerichts­ur­teile, sehr schwer verständ­liche Gerichts­ur­teile, und dann kam die Rede auf die Deutsche Umwelt­hilfe (DUH). Der Vertriebs­leiter (nein, es war nicht Vertriebs­leiter Valk, aber eins seiner Vorbilder) hielt die DUH für einen reinen Abmahn­verein und wettete eine Flasche Sekt auf eine Niederlage der DUH vor Gericht. Kollegin Vollmer wettete dagegen, weil die Schwelle zum Rechts­miss­brauch erfah­rungs­gemäß in kaum erreich­barer Höhe zu verorten ist.

Der BGH gab der DUH recht (Urt. v. 04.07.2019, Az. I ZR 149/18). Die DUH – so die Kurzfassung des Urteils – war berechtigt, einen schwä­bi­schen Autohändler abzumahnen, der die Verbrauchs­werte und die CO2-Emissionen der von ihm verkauften Kraft­fahr­zeuge nicht zutreffend auf seiner Homepage auswies. Dies war auch gar nicht streitig. Der Autohändler sprach aber der DUH das Recht ab, dies kosten­pflichtig abzumahnen. Zwar ist die DUH eine quali­fi­zierte Einrichtung nach § 4 Abs. 1 UKlaG, die Abmah­nungen wegen wettbe­werbs­wid­rigen Verletzung von Verbrau­cher­rechten aussprechen darf. Der Autohändler meinte aber, ihrer Berech­tigung stünde § 8 Abs. 4 S. 1 UWG entgegen, der lautet:

Die Geltend­ma­chung der in Absatz 1 bezeich­neten Ansprüche ist unzulässig, wenn sie unter Berück­sich­tigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbe­sondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwider­han­delnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwen­dungen oder Kosten der Rechts­ver­folgung entstehen zu lassen.“

Die Preis­frage, mit der die befassten Gerichte sich ausein­an­der­zu­setzen hatten, war also: Mahnt die DUH nur ab, um damit Geld zu verdienen? Oder ist sie tatsächlich Sachwal­terin von Verbrau­cher­inter­essen? Der Autohändler (bzw. seine Anwälte) stützten ihre Argumen­tation u. a. auf die schiere Anzahl an Abmah­nungen, die die DUH ausspricht. Tatsächlich sind 1.500 Abmah­nungen pro Jahr natürlich kein Pappen­stiel. Dass die beiden Geschäfts­führer für einen Verein von nur ca. 400 Mitgliedern überra­schend viel verdienen (wenn auch nicht mehr als die Geschafts­führer von WWF oder NaBu), wurde von dem Autohändler ebenso vorge­bracht wie das verbreitete Gerücht, die DUH stelle eine Art „Troja­ni­sches Pferd“ des früheren Sponsors Toyota dar, um seine Konkur­renten zu schädigen.

Den BGH beein­druckte das nicht. Dass so viele Abmah­nungen ausge­sprochen werden und diese auch zu erheb­lichen Einnahmen führen, sei kein Anzeichen für ein Fehler­ver­halten der DUH. Sondern für ein verbrei­tetes Fehlver­halten der abgemahnten Branche. Tatsächlich hat das Recht, Verbrau­cher­schutz­ver­stöße abzumahnen, ja nicht im Interesse der DUH den Weg ins Gesetz gefunden. Da der Staat selbst die Einhaltung der verbrau­cher­schutz­recht­lichen Regelungen nicht effektiv überwacht, sollen private Einrich­tungen dies leisten. Ob diese Aufteilung optimal ist, darf bezweifelt werden. Sie entspricht aber dem hier maßgeb­lichen geltenden Recht. Auch die Gehälter der Geschäfts­führer und die Spenden von Toyota sah der BGH nicht als Indiz für eine Rechts­miss­bräuch­lichkeit der Abmah­nungen durch die DUH. Am Ende hatte also der Autohändler das Nachsehen. Und die Kosten von Abmahnung und drei Instanzen.

 

Von |2019-07-09T14:13:15+02:008. Juli 2019|Allgemein|

Famili­en­strom und Kinderbild

Verdammt! Ausge­rechnet das beste Bild der neuen Famili­en­strom-Kampagne der Stadtwerk Oberal­theim GmbH (SWO) soll Vertriebs­leiter Valk von der Homepage nehmen! Dabei hatte er diesmal ausdrücklich daran gedacht, eine Zustimmung in die Veröf­fent­li­chung des Fotos einzuholen.

Auf dem bösen Bild sitzen Mutter und Tochter auf dem Balkon und frühstücken. Die attraktive rothaarige Mutter, das Kind mit einer auffäl­ligen Ähnlichkeit mit Kobold Pumuckl, im Hinter­grund der Unter­al­t­heimer See: Ein besseres und werbe­träch­ti­geres Bild konnte Valk sich kaum mehr vorstellen. Und die Mutter hatte doch unterschrieben!

Beschwert hatte sich deswegen natürlich auch nicht die Mutter. Statt­dessen hatte sich der Anwalt des – von ihr geschie­denen – Vaters gemeldet. Was Valk nicht gewusst hatte: der Vater des reizenden Kindes arbeitete ausge­rechnet beim direkten Konkurrenten. 

Leider kann hier auch Justi­ziaren Birte Berlach nicht helfen. Kommen­tarlos schickt sie Valk eine Entscheidung des OLG Oldenburg vom 24.5.2018 (13 W 10/18). In dieser Entscheidung, in der es vorder­gründig um Prozess­kos­ten­hilfe geht, spricht das nieder­säch­sische Oberlan­des­ge­richt klar aus, dass die Einwil­ligung nach § 22 Kunst­ur­he­ber­gesetz (KunstUrhG) eine Entscheidung über eine Angele­genheit darstellt, deren Regelung für das Kind von erheb­licher Bedeutung ist. Solche Entschei­dungen dürfen Eltern – anders als Entschei­dungen des täglichen Lebens – nur im gegen­sei­tigen Einver­nehmen treffen. Dies begründet das OLG zum einen mit der Seltenheit solcher Entschei­dungen. Zum anderen mit erheb­lichen Auswir­kungen auf die Entwicklung des Kindes, hier mit der Gefährdung des allge­meinen Persön­lich­keits­rechts durch die Publi­kation gegenüber einer theore­tisch unbegrenzten Anzahl an Menschen, und dem Umstand, dass eine verläss­liche Löschung von Fotos im Netz unmöglich und eine etwaige Weiter­ver­breitung kaum kontrol­lierbar sind. Außerdem handelte es sich auch bei dem entschie­denen Fall um eine werbliche Verwendung.

Es hilft also nichts. Falk muss das Foto entfernen.

Von |2019-06-19T14:11:00+02:0019. Juni 2019|Wettbewerbsrecht|

Doch dann ist es zu spät

Geschäfts­führer Dr. Krause stöhnte. Seine Stadt­werke Unter­al­theim GmbH (SWU) hatten es mal wieder nicht leicht. Die Konkurrenz, genauer gesagt, der Vertriebs­leiter Valk der Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) hatte die Vereins­trainer Unter­al­t­heims am Montag, dem 15. April 2019, zum Grillen einge­laden und einen Sport-Spezi­aldeal angeboten: Die Sport­trainer würden in ihren Vereinen für den Superfit-Tarif der SWO werben. Und für jeden gewor­benen Kunden schrieb Valk dem Verein einen Superfit-Punkt gut, die man nach Anzahl gestaffelt in Grill­feste, Wasser­spender, Pokale oder andere Vorteile umtau­schen konnte. Noch am selben Tag sprach sich das Superfit-Programm zu Dr. Krause herum. „Bitte prüfen!“, schrieb er auf den Flyer und verfügte den zu seiner Justi­tiarin, Frau Gungör. Die aller­dings war am selben Tag – es war Karwoche und die Schule war zu – schon im Urlaub.

Gegen dieses Superfit-Programm der Konkurrenz an sich, so erklärte es Justi­tiarin Gungör ihre Chef Dr. Krause nach den Oster­ferien, inzwi­schen schrieb man den 29. April 2019, war an sich kaum ein Kraut gewachsen. In den Allge­meinen Geschäfts­be­din­gungen des Programms „Superfit“ fand sie dann aber doch noch den einen oder anderen Fehler. Man könne abmahnen, erläu­terte Frau Gungör in einem ausführ­lichen Vermerk am 30. April 2019.

Am 2. Mai landete der Vermerk in der Postmappe von Herrn Dr. Krause. Der wollte auch wirklich noch unbedingt vor seinem Urlaub die Post abarbeiten, aber dann kündigte am 3. Mai Knall auf Fall der Abtei­lungs­leiter Finanzen, und Krause kam zu nichts. Am 4. Mai – das war der Samstag – flog Herr Krause mit Frau Krause nach Paphos, um drei Wochen auf Zypern zu baden. „Kümmern mich um Valk unmit­telbar nach meiner Rückkehr!“, textete er noch vom Flughafen aus die Justi­tiarin an.

Soll Anwalt GANZ SCHNELL abmahnen und Eilantrag stellen?“, textete Frau Gungör am 10. Mai Herrn Dr. Krause zurück, schrieb dazu, dass trotz der Erleich­te­rungen des § 12 Abs. 2 UWG für den Eilrechts­schutz bei Wettbe­werbs­ver­let­zungen von den meisten Oberlan­des­ge­richten eine ungeschriebene Monats­frist angenommen wird, und die zweimo­natige Frist z. B. des KG Berlin oder des OLG Düsseldorf den Unter­al­t­heimern nichts nütze, weil eine Zustän­digkeit der großzü­gi­geren Oberlan­des­ge­richte hier schlech­ter­dings nicht angenommen werden könne. Anders als bei Verstößen im Internet, wo der die Zustän­digkeit begrün­dende Begehungsort „überall“ angenommen wird, hat Valk seine wettbe­werb­lichen Misse­taten nämlich nur in Oberal­theim begangen.

Herr Dr. Krause aller­dings reagierte nicht. Sein Handy liegt nämlich seit einem kleinen Malheur am 8. Mai im Meer vor Limassol, und es spricht Einiges dafür, dass die Monats­frist am 15. Mai 2019 um Mitter­nacht verstreichen wird, ohne dass ein Eilantrag gestellt werden wird. Zwar kann dann immer noch eine Haupt­sa­che­klage erhoben werden. Aber angesichts der Dauer einer solchen Angele­genheit ist es gut möglich, dass das Programm „Superfit“ dann schon längst erfolg­reich beendet worden sein wird, und ein Unter­las­sungs­titel den Unter­al­t­heimern nicht mehr viel nützt.

Deswegen: Verstößt die Konkurrenz gegen wettbe­werbs­recht­liche Regeln, sollte so schnell wie möglich etwas unter­nommen werden, um noch ausrei­chend Zeit für Abmahnung und Eilantrag zu haben. Ansonsten läuft der Rechts­schutz oft faktisch leer.

Von |2019-05-13T08:57:33+02:0012. Mai 2019|Strom, Vertrieb, Wettbewerbsrecht|

Neues aus Oberal­theim: Verleumdung aus dem Netz

Die Preise sind zu hoch und das Logo sehr hässlich.“

Hässliches Logo und überhöhte Preise.“

Sehr unfreund­licher Vertriebs­leiter und ganz hässliches Logo!“

Vertriebs­leiter Valk musste sich setzen. Über Nacht war die Bewertung der Stadtwerk Oberal­theim GmbH (SWO) auf Facebook von ganz passabel auf grauenhaft abgesackt. So viele verär­gerte Kunden? Da konnte doch etwas nicht mit rechten Dingen zugehen. 

Die angeblich bewer­tenden Kunden fand Falk außerdem nicht nur nicht in der Kunden­datei. Sie hatten bei Facebook tatsächlich auch nie etwas gepostet, außer diese Bewertung abzugeben. Die Fotos, stellte er mit der Google–Bildersuche fest, stammten samt und sonders aus dem Internet. Ein Mann, der angeblich das Logo als besonders misslungen empfand, erwies sich auf diesem Wege als Filial­leiter einer portu­gie­si­schen Reinigungskette.

Für Valk gab es nur eine denkbare Auflösung dieses Rätsels: Zwar hielt er es für eigentlich ausge­schlossen, dass ausge­rechnet die technisch etwas zurück­ge­blie­benen Unter­al­t­heimer auf die Idee gekommen waren, mit falschen Profilen die SWO zu diffa­mieren. Aber erstens gab es kürzlich Probleme mit Bewer­tungen, und da waren es doch auch die Unter­al­t­heimer gewesen. Und außerdem hatte der Unter­al­t­heimer Geschäfts­führer Dr. Krause drei Töchter im Teenager­alter, denen mehr Online-Kompetenz zuzutrauen war als dem bekannt vertrot­telten Unter­al­t­heimer Chef.

Nun, es war nicht einfach, Geschäfts­füh­rerin Göker und Justi­ziarin Berlach die Abmahnung abzuringen. Immerhin: Zwei Tage später machten die SWO mit anwalt­lichem Schreiben eine Verletzung des Mitbe­wer­ber­schutzes nach § 4 Nummer 1 und 2 UWG und eine Irreführung nach § 5 UWG geltend.

Erwar­tungs­gemäß behauptete Krause, von nichts zu wissen. Er kenne kein Zeitung namens Facebook. Dieses Internet hätte sowieso keine große Zukunft. Die gefor­derte Unter­las­sungs­er­klärung könnte Falk deswegen vergessen.

Valk vergass nicht. Einige Tage später hatte das Landge­richt Oberal­theim die Sache auf dem Tisch. Hier ging es schnell: Angesichts der Ähnlichkeit der Kommentare der offen­kundig nur zu diesem Zweck angelegten Profile ging Richterin Kim selbst­ver­ständlich davon aus, dass ein- und dieselbe Person die Profile angelegt und die Oberal­t­heimer verleumdet haben musste. Zwar versuchte Krause sich noch auf die Vielzahl der deutschen Energie­ver­sorger heraus­zu­reden. Auf die Frage von Richterin Kim, wer außer den Unter­al­t­heimern Vertriebs­leiter Valk namentlich kannte, brach Krause indes vollkommen zusammen und bat nur, seine unschul­digen Töchter aus der Angele­genheit heraus­zu­halten. Denen hatte er sugge­riert, es gehe um eine Wette. 

Die Verur­teilung zur Unter­lassung erfolgte antragsgemäß.

Sie glauben, so etwas kann sich nur ein Anwalt am Freitag nachmittag ausdenken? Weit gefehlt: Oberlan­des­ge­richt Stuttgart, 4 U 239/18. Hier geht es aller­dings um Zahnärzte.

Von |2019-02-22T17:32:26+01:0022. Februar 2019|Wettbewerbsrecht|

Hausbesuch in Oberaltheim

Nicht schon wieder!“, schnaubt Geschäfts­füh­rerin Göker und hebt die Abmahnung der Konkurrenz aus Unter­al­theim anklagend in die Höhe. Vertriebs­leiter Valk schaut bekümmert zu Boden.

Das Linoleum müsste auch mal wieder neu.

Was war passiert? Die Werbe­of­fensive der Konkurrenz aus Unter­al­theim erwies sich als unangenehm wirksam. Tag für Tag flatterten die Kündi­gungen ins Haus, und Valks Laune wurde von Tag zu Tag schlechter. Nicht nur, dass dass die Kunden überhaupt kündigten. Nein, in vielen Fällen verlor Valk grund­ver­sorgte Kunden an einen Sonder­kun­den­tarif der Stadt­werke Unter­al­theim GmbH (SWU), der deutlich unvor­teil­hafter war als der beste Tarif der Stadt­werke Oberal­theim GmbH, der Optimalstrom.

Dann, eines Tages, lag die Kündigung seines Fußball­ka­me­raden, des Metzger­meisters Thorsten Täubner, auf dem Tisch. Valk zögerte keinen Moment. Fünf Minuten später saß er bei Thorsten in der Metzgerei Täubner, zwanzig Minuten später fuhr er mit der Wider­rufs­er­klärung heim. Es war einfach gewesen, ihn zu überzeugen.

In den nächsten Wochen klingelte Valk an vielen Türen. Und er hatte Erfolg. Aus Neukunden der SWU wurden Sonder­ver­trags­kunden der SWO. Dann aber kam die Abmahnung. Wettbe­werbs­widrig seien diese Hausbe­suche, fand die Konkurrenz. Es handele sich um aggressive geschäft­liche Handlungen nach § 4a UWG.

Nach Valks Ansicht könnte nichts weniger zutreffen. Aggressiv seien vielmehr die Unter­al­t­heimer, die in Oberal­theim nach Kunden fischen. Er dagegen sei je nachdem mit Blümchen oder einem Plüschtier bei den Kunden aufge­taucht. Und hätte ihm jemand die Tür gewiesen, dann wäre er gegangen.

Auch die Justi­tiarin Frau Berlach sieht keine aggressive Handlung. Eine solche müsse die Ratio­na­lität des abtrün­nigen Kunden zu beein­träch­tigen in der Lage sein. Und überdies zeige bereits Nr. 26 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG, wo nur die nicht befolgte Auffor­derung, eine Wohnung zu verlassen, aufge­führt wird, dass der in aller Regel sehr erwünschte Besuch des Herrn Falk darunter nicht falle.

Frau Göker wies die Abmahnung deswegen zurück. Vier Wochen später wies das Landge­richt Oberal­theim auch die von den Unter­al­t­heimern beantragte einst­weilige Verfügung zurück. „Also bei uns war Herr Valk sehr nett und höflich!“, beschied Frau Richterin am Landge­richt Dr. Vlacic den empörten Geschäfts­führer Krause aus Unter­al­theim. Außerdem – aber das behielt sie für sich – lieben ihre Kinder das mitge­brachte Plüschtier.

(Es ist aber alles andere als gesagt, dass das immer so glimpflich ausgeht …)

Von |2019-02-15T23:17:22+01:0015. Februar 2019|Wettbewerbsrecht|

Fünf Sterne: Bewer­tungen gegen Vorteile

Vertriebs­leiter Valk ist sauer. Die Konkurrenz, die Stadt­werke Unter­al­theim GmbH (SWU), hat es tatsächlich geschafft, mit 4,5 von 5 Sternen die Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) hinter sich zu lassen. „Exzel­lenter Service!“, muss Valk über die Konkurrenz lesen. „Unkom­pli­zierter Versor­ger­wechsel!“, was besonders schmerzt, weil der Valk namentlich bekannte Kunde, Herr Kaufmann, zuvor 20 Jahre Strom bei der SWO bezog.

Erst als Valk Herrn Kaufmann beim Einkaufen trifft, lichtet sich der Nebel um das Geheimnis der glänzenden Bewer­tungen: Jeder Kunde, der der SWU im Netz volle fünf Punkte gibt, erhält postwendend das SWU-Fanpaket, bestehend aus dem Unter­al­t­heimer Stier aus Plüsch, einem Malbuch mit Stier und einer Rindermettwurst.

Noch am selben Tag mahnt die Anwältin der SWO die lästige Konkurrenz ab. Man darf nämlich keine Bewer­tungen kaufen, wie das OLG Hamm schon 2010 klarge­stellt hat, wenn es ausführt:

Wird mit Kunden­emp­feh­lungen und anderen Referenz­schreiben geworben, darf das Urteil des Kunden grund­sätzlich nicht erkauft sein. Die Verwendung bezahlter Zuschriften ist unzulässig, wenn auf die Bezahlung – wie hier – nicht ausdrücklich hinge­wiesen wird“

Der Verbraucher erwarte nämlich ein freies und unbeein­flusstes Meinungsbild und werde in die Irre geführt, wenn dem nicht so sei.

Nach einigem Hin und Her unter­wirft sich die SWU. Valk stellt schon mal den Sekt kalt, als ihn neue Bewer­tungen irritieren. Die Bewer­tungsflut hört nämlich gar nicht auf. Auf der Seite der SWO dagegen tröpfelt es eher als es läuft. Nur alle paar Monate äußert sich mal jemand, und dazu – wie das eben so ist – auch noch meistens solche Leute, die aus irgend­einem Grund unzufrieden sind. Endlich erfährt Valk, dass das SWU-Fanpaket nun nicht mehr nur für gute Bewer­tungen versprochen wird. Sondern für jeden, der überhaupt bewertet.

Doch auch hier folgt stehenden Fußes die Abmahnung. Denn das OLG Hamm hat 2013 festge­stellt, dass jede Vorteils­ge­währung für Bewer­tungen wettbe­werbs­widrig ist, weil der verspro­chene Vorteil die Selbst­be­stimmtheit der Meinung beein­trächtige. Das Meinungsbild werde so verzerrt.

Einen Tag später klingelt bei Valk das Telefon. Sein Antipode ist dran, der Vertriebs­leiter der SWU. Man kenne sich doch, hebt dieser an. Und man wolle sich doch nichts Böses. Und wie wäre es denn, wenn Valk auf seine Abmahnung verzichte. Und dafür auch die SWU nicht so genau hinschaue, wo Valk seine Bewer­tungen herbe­kommt. Nach einigem Hin und Her ist man so gut wie handelseinig.

Am Ende scheitert der Deal dann doch an den Juristen. Denn auch, wenn SWO und SWU sich einig wären: Es soll, so hört man, ja noch andere Wettbe­werber geben. Und die Verbrau­cher­zen­tralen sind auch nicht ohne.

Von |2019-02-04T11:36:59+01:004. Februar 2019|Wettbewerbsrecht|

Neues von der facebook-Fanpage

Erinnern Sie sich noch an die EuGH-Entscheidung zu facebook-Fanpages und an den Ärger, den Herr Valk von den Stadt­werken Oberal­theim damit hatte?

Um es kurz zu rekapi­tu­lieren: Am 5. Juni 2018 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer viel beach­teten Entscheidung sich mit sogenannten facebook-Fanpages befasst. Es geht also um diese Seiten bei facebook, mit denen sich Unter­nehmen oder öffent­liche Organi­sa­tionen kostenlos präsen­tieren und in Kontakt mit ihren Kunden treten können. Eine schöne Sache eigentlich, wenn nur nicht das Geschäfts­modell von facebook darin bestehen würde, möglichst viele Daten zu sammeln – und das mit Hilfe von Cookies nicht nur von facebook-Nutzern, sondern auch von Kunden, die mit facebook ansonsten gar nichts am Hut haben. In seinem Urteil hat der EuGH festge­stellt, dass nicht nur facebook für das Sammeln und Verar­beiten der Daten verant­wortlich ist, sondern auch die Betreiber der Fanpage eine Mitver­ant­wortung haben. Das hat die deutschen Daten­schützer natürlich gefreut, denn an facebook, dessen europäi­scher Sitz in Irland ist, kommen sie schlicht nicht ran.

Herr Valk war dagegen weniger begeistert. Schließlich war es ihm ein Anliegen, dass die Stadt­werke Oberal­theim mithalten können und bei einem jungen Kunden­stamm wahrge­nommen werden, der sich auf den sozialen Netzwerken bewegt. Facebook zu verlassen kam daher nicht in Frage. Anderer­seits profi­tierte er zwar von der statis­ti­schen Auswertung seiner Kunden­daten durch facebook, den sogenannten insights, hatte ansonsten nichts mit der Daten­ver­ar­beitung durch facebook zu tun. Er konnte insofern auch keinerlei Einfluss darauf nehmen, dass dabei alles mit rechten Dingen zugeht. Herrn Valk blieb insofern nichts übrig, als auf eine weitere Klärung der Rechtslage zu warten; ein unbefrie­di­gender Zustand für einen Vertriebs­leiter, der die Dinge ansonsten gern etwas offen­siver angeht. Inzwi­schen hat sich zwar einiges getan, ob es aber reicht, um den Stadt­werken Oberal­theim und anderen Unter­nehmen Sicherheit zu bieten?

Zunächst hatte die Daten­schutz­kon­ferenz, in der sich die Daten­schutz­be­hörden des Bundes und der Ländern abstimmen, unmit­telbar nach seinem Erscheinen auf die Konse­quenzen des Urteils aufmerksam gemacht: Die Daten­schutz­grund­ver­ordnung (DSGVO) fordert bei gemein­samer Verant­wort­lichkeit eine Verein­barung nach Artikel 26 DSGVO zwischen den Betei­ligten über die Verteilung der Pflichten. Als die Daten­schutz­kon­ferenz drei Monate später erneut zusam­mentrat, war facebook, von kosme­ti­schen Details abgesehen, aller­dings noch untätig geblieben. Daher wurden die Fanpages für illegal erklärt und die Verein­barung erneut angemahnt.

Auf die Mahnung hin legte Facebook ein paar Tage später eine Verein­barung vor, das sogenannte „Page Controller Addendum“. Mit dieser Zusatz­ver­ein­barung erkennt facebook zum einen die geltende Rechtslage an und übernimmt die Haupt­ver­ant­wortung für den Daten­schutz, dazu zählt insbe­sondere die Erfüllung von Infor­ma­ti­ons­pflichten, Betrof­fe­nen­rechten, Melde­pflichten und Daten­si­cherheit. Die Fanpage-Betreiber müssen klären, dass eine Rechts­grundlage für die Verar­beitung der Insights-Daten besteht. In dem Zusam­menhang stellt sich die Frage, ob und auf welche Weise Kunden oder Besucher der Fanpage über die Daten­ver­ar­beitung im Zusam­menhang mit ihrem Besuch infor­miert werden müssen. Weiterhin müssen die Betreiber den Verant­wort­lichen für die Daten­ver­ar­beitung der Seite benennen und sonstige geltende recht­liche Pflichten erfüllen. Schließlich müssen die Betreiber alle Nutzer­an­fragen oder Anfragen der Aufsichts­be­hörden per Formular an Facebook weiter­leiten und bei der Klärung der Anfragen kooperieren.

Herrn Valk hat die insights-Verein­barung mit Facebook zwar schon mal abgeschlossen, richtig befriedigt hat ihn die Lösung jedoch noch nicht. Sorge bereitet ihm unter anderem die Ankün­digung seiner zustän­digen Daten­schutz­be­hörde, die Daten­schutz­kon­for­mität von Fanpages in der Verwaltung und bei ausge­wählten Unter­nehmen zu prüfen. Erste Städte sollen die Konse­quenz gezogen und sich aus Facebook verab­schiedet haben. Soweit will Herr Valk nicht gehen. Er wartet lieber noch auf die Entscheidung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts (BVerwG). Der EuGH hatte nämlich noch nicht das letzte Wort gesprochen, sondern nur im Vorla­ge­ver­fahren Fragen beant­wortet, die für ein Urteil des BVerwG streit­ent­scheidend sind.

Von |2019-01-21T15:27:02+01:0021. Januar 2019|Datenschutz, Digitales|

Das Bild in der Broschüre: Mitar­bei­ter­fotos nach Inkraft­treten der DSGVO

Im Nachhinein waren sich ja alle einig: Ausge­rechnet den größten Queru­lanten von Oberal­theim als Buchhalter einzu­stellen, war ein Fehler. Aber nach mehreren schlimmen, quasi buchhal­ter­losen Monaten war Geschäfts­füh­rerin Göker so weich gekocht, dass sie sich auf ein Experiment mit Herrn Abusch einließ.

Es hatte dann auch nicht lange gedauert. Zum 1. Oktober hatte Herr Abusch angefangen. Zum Ende des Jahres hatte er die Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) dann auch schon wieder verlassen. Es blieb nur die Sache mit der Broschüre

Die SWO hatten sich nämlich 2018 dazu entschlossen, eine neue Unter­neh­mens­bro­schüre aufzu­legen. Die Fotos waren toll. Frau Göker mit der neuen Solar­anlage. Vertriebs­leiter Valk im Gespräch mit einer neuen Kundin. Und eben auch Herr Abusch, der mit finster zusam­men­ge­zo­genen Brauen auf einen Bildschirm starrt.

Die SWO fand es nun nicht gar so schlimm, dass Herr Abusch weiterhin in der Unter­neh­mens­bro­schüre abgebildet blieb. Doch kaum lag die Broschüre öffentlich aus, meldete sich Herr Abusch: Die Broschüre müsse weg. § 22 Abs. 1 Kunst­ur­he­ber­gesetz (KunstUrhG) erlaube die Verbreitung von Bildnissen von Personen nämlich nur mit deren Einwil­ligung. Und eine solche habe er nie erteilt. 

Das ist doch klar, dass man Fotos von Mitar­beitern machen kann!“, wütete Valk, musste sich von Justi­ziarin Berlach aber eines Besseren belehren lassen. Auch ein Mitar­beiter muss einwil­ligen, damit der Arbeit­geber seine Bilder veröf­fent­lichen darf. Zähne­knir­schend trat Herr Valk mit Herrn Berlach in Verhand­lungen und zahlte schließlich eine Summe, über die Herr Valk nie wieder sprechen möchte, an den schadenfroh grinsenden Ex-Buchhalter.

Doch selbst wenn eine solche Einwil­ligung erteilt worden wären, wäre die Angele­genheit nicht ganz trivial. Zwar existiert eine Recht­spre­chung des Bundes­ar­beits­ge­richts, nach der eine Einwil­ligung jeden­falls dann nicht automa­tisch mit der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses erlischt, wenn der Film nicht auf die indivi­duelle Person des Arbeit­nehmers Bezug nimmt, und dieser könne auch nicht einfach aus Anlass der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses die Einwil­ligung wider­rufen, wenn er hierfür keine plausible Begründung habe (u. a. BAG, Az.: 8 AZR 1011/13).

Doch diese Recht­spre­chung stammt aus der Zeit vor Inkraft­treten des neuen Daten­schutz­rechts. Mögli­cher­weise müssen heute die deutlich höheren Anfor­de­rungen des neuen Daten­schutz­rechts einge­halten werden. Schließlich wissen wir ja noch nicht abschließend, wie es mit dem Verhältnis von DSGVO und KunstUrhG steht. Hieraus resul­tiert etwa: Das neue Daten­schutz­recht ordnet an, dass bereits bei der Daten­er­hebung, also beim Fototermin, über die beabsich­tigte Verwendung der Bilder infor­miert werden muss. Außerdem erlaubt das neue Daten­schutz­recht es ausdrücklich, Einwil­li­gungen jederzeit mit Wirkung für die Zukunft zu wider­rufen. Es ist nicht ausge­schlossen, dass damit die arbeits­recht­liche Recht­spre­chung, nach der ein Mitar­beiter nach seiner Kündigung nicht einfach so seine Einwil­ligung zurück­ziehen kann, damit hinfällig ist.

Doch sollte ein Unter­nehmen angesichts dieser bisher ungeklärten Fragen künftig ganz auf Mitar­bei­ter­fotos verzichten? Mögli­cher­weise liegt eine sowohl sichere, als auch pragma­tische Lösung darin, Einwil­li­gungen einzu­holen und dabei alle Forma­li­täten und Infor­ma­ti­ons­pflichten einzu­halten, und nie so viel drucken zu lassen, dass bei einer zurück­ge­zo­genen Einwil­ligung ein wirklich schmerz­hafter Schaden entsteht.

Von |2019-01-09T00:06:00+01:009. Januar 2019|Wettbewerbsrecht|

Neues aus Oberal­theim: Das falsche Stadtwerk

Vertriebs­leiter Valk aus Oberal­theim wusste es ja schon als kleiner Junge: den Unter­al­t­heimern ist nicht zu trauen. Wusste sein Vater in den Achtzigern noch erschre­ckende Geschichten über Fehlein­würfe in Altglas­con­tainer und wilde Müllkippen in den Slums von Unter­al­theim zu berichten, so hat Valk die Stadt­werke Unter­al­theim GmbH (SWU) sozusagen auf frischer Tat ertappt: In ihrem Auftrag rufen Mitar­beiter eines Callcenters bei Oberal­t­heimern an, behaupten, sie seien „vom Stadtwerk“ und schwatzen ihnen neue Strom­lie­fer­ver­träge auf.

Die Masche mit dem Anruf vom Stadtwerk ist Valk nicht neu. Hat er nicht erst letztes Jahr erfolg­reich ein bundesweit agierendes Unter­nehmen dabei erwischt, wie dessen Kunden­werber vorge­täuscht haben, sie seien Stadt­werks­mit­ar­beiter und es gehe nicht um einen Vertrags­wechsel, sondern schlicht um einen neuen Tarif? Bei der SWU liegt der Fall aller­dings nicht ganz so einfach, wie die Justi­ziarin Birte Berlach Falk erklärt. Den die SWU lügt ja nicht, wenn sie behauptet, sie sei ein Stadtwerk.

Aber kann das so richtig sein? Tag für Tag bearbeitet Valk die aus Unter­al­theim hämisch ihm zu gewor­fenen Kündi­gungen. Nachts träumt Valk vom gegne­ri­schen Vertriebs­leiter, der sich in Valks nächt­lichem Unter­be­wusstsein feist grinsend die Hände reibt. „Und dabei sind sie gar kein richtiges Stadtwerk!“, ächzt er am Morgen in der Abtei­lungs­lei­ter­be­spre­chung im Büro von Geschäfts­füh­rerin Göker.

Jetzt wird auch die Justi­ziarin hellhörig. Unter­al­theim, klärt Valk sie auf, habe vor einigen Jahren sozusagen sein Tafel­silber veräußert. Das Stadtwerk gehöre zu satten 74,9% seither einem Großun­ter­nehmen, die Stadt sei nur noch minderheitsbeteiligt.

Eine Stunde später steht Justi­ziarin Birte Berlach bei Valk im Büro. In der Hand hält sie ein Urteil des Bundes­ge­richtshofs (BGH) vom 13.06.2012. In dieser Entscheidung hat das höchste deutsche Zivil­ge­richt festge­stellt, dass es eine wettbe­werbs­widrige, weil gem. § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG irrefüh­rende Angabe darstellt, wenn sich ein Unter­nehmen als Stadtwerk ausgibt, dessen Anteils­mehrheit nicht bei der öffent­lichen Hand liegt. Dies beruht auf dem Umstand, dass Bürger Unter­nehmen, die sich überwiegend im Besitz der öffent­lichen Hand befinden, größeres Vertrauen entgegen bringen und von der beson­deren Verläss­lichkeit und Serio­sität solcher Unter­nehmen ausgehen. Außerdem vertrauen Verbraucher darauf, dass solche Unter­nehmen besonders Insolvenz fest seien. 

Das stimmt ja auch!“, trumpft Valk auf.

Noch am selben Tag mahnt die Anwältin der SWU die Unter­al­t­heimer Konkurrenz ab. Drei Tage später ist der Spuk vorbei. Die SWU hat eine Unter­las­sungs­er­klärung abgegeben, die SWO eine trium­phale Presse­er­klärung versandt. Und Valk gibt Justi­ziarin Berlach einen Erdbeer­becher im Eiscafé Venezia auf dem Markt­platz aus. Auf dem Markt­platz von Unter­al­theim wohlgemerkt.

Vor dem Fenster des gegne­ri­schen Geschäftsführers.

Von |2018-11-08T09:11:27+01:008. November 2018|Wettbewerbsrecht|

Der Abenteu­er­tarif

Vertriebs­leiter Valk ist wirklich mit allen Wassern gewaschen. Aber selbst ihm fällt es nicht leicht, den Grund­ver­sor­gungs­tarif der Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) anzupreisen. Er ist schließlich deutlich teurer als der Grund­ver­sor­gungs­tarif in anderen Gemeinden. Und viel, viel teurer als alle anderen Tarife der SWO ist er auch. Warum Valk trotzdem versucht, ihn anzupreisen: Er ist extrem profitabel. 

Zwar kann die SWO sich die Kunden in der Grund­ver­sorgung nicht aussuchen. Aber immerhin sind diese Kunden nicht so preis­be­wusst wie andere. Sie, die noch nie gewechselt haben, sind die treuesten Kunden und machen bis heute rund 40 % der Stromerlöse der SWO aus. 

Aller­dings kann man den Tarif ja schlecht genau so anpreisen. Für den günstigen Online-Tarif mit zwei Jahre Laufzeit, Bankeinzug und Rechnung per E‑Mail hat Valk sich den schönen Namen „Sparschwein-Tarif“ einfallen lassen. Der Tarif mit zweijäh­riger Mindest­ver­trags­laufzeit in Kombi­nation mit 42 km Fahrt mit einem der beiden Car-Sharing-Elektro­mobile der SWO heißt der Marathon-Tarif. „Sicherheit auf langen Wegen“ lautet der Slogan. Aber wie zum Teufel soll der Grund­ver­sor­gungs­tarif nur heißen?

Schließlich kommt Valk die rettende Idee. Der „Abenteurer-Tarif“ soll die Grund­ver­sorgung künftig betitelt werden. Zwar ist der durch­schnitt­liche Grund­ver­sor­gungs­kunde Rentner und alles andere als abenteu­erlich veranlagt. Aber ein bisschen abenteu­erlich ist die Grund­ver­sorgung schon, findet Valk. Denn niemand ist ja so spontan wie der Grund­ver­sor­gungs­kunde: Alle anderen Tarife der SEO laufen nämlich mindestens zwei Jahre. Nur diesen Tarif kann der Kunde – das ist gesetzlich so vorge­schrieben – kurzfristig kündigen.

Spontan wie keiner“ schreibt Valk kurz entschlossen. Dann schickt er den Flyer mit seinen drei Tarifen in die Druckerei und lässt die Flyer verteilen. Doch nur wenige Tage später flattert erneut eine Abmahnung ins Haus. § 3 Abs. 3 UWG in Verbindung mit Nummer zehn des Anhangs zum UWG sei verletzt, behaupten die Stadt­werke Unter­al­theim GmbH, die SWU. Hier ist nämlich verboten, den unzutref­fenden Eindruck zu erwecken, gesetzlich bestehende Rechte würden eine Beson­derheit des Angebots darstellen. 

Valk jedoch denkt nicht daran, sich zu unter­werfen. Natürlich, so diktiert er der Justi­tiarin Frau Berlach in die Feder, sei das Recht zur kurzfris­tigen Kündigung eine Beson­derheit des Grund­ver­sor­gungs­tarifs. Aber doch nicht gegenüber der SWU, die ebenfalls einen Grund­ver­sor­gungs­tarif anbieten muss, da sie in Unter­al­theim – aber eben nicht in Oberal­theim – die Grund­ver­sor­ger­funktion erfüllt. Nein, lediglich gegenüber den anderen Tarifen, die die SWO selbst anbietet, sei die kurzfristige Kündi­gungs­mög­lichkeit etwas Besonderes.

Valk hätte es auch diesmal auf eine gericht­liche Ausein­an­der­setzung ankommen lassen. Doch Geschäfts­füh­rerin Göker reicht es diesmal. Sie greift zum Hörer. Die SWU verzichtet auf alle Rechte aus der Abmahnung. Die SWO bezahlt der SWU dafür eine Anzeige für ihren Strom­ver­trieb im „Altheimer Tageblatt“ der 30 km entfernten Kreisstadt.

Machen Sie sich nichts daraus, da haben wir doch eh kaum Kunden.“, tröstet Frau Göker Herrn Valk. Und dass die Abonnenten des „Altheimer Tageblatts“ den Flyer der SWO am Folgetag als Beilage erhalten: Das wird in Unter­al­theim vermutlich nie jemand erfahren.

Von |2018-09-12T08:11:15+02:0012. September 2018|Wettbewerbsrecht|

Der Influencer schlägt zu

Frau Göker bleibt auch nichts erspart. Monatelang hatte Vertriebs­leiter Valk herum gebohrt: Junge Kunden ließen sich nicht mit einem schöneren Kunden­center gewinnen. Statt­dessen setzt Valk auf Influencer. Das sind, erklärte er der Geschäfts­füh­rerin, so Künstler aus dem Internet.

Einen jungen Mann hatte Valk Frau Göker aufge­schwatzt. Im Internet soll er ein Star sein. Irgendwann hatte Valk Frau Göker wie immer weich­ge­klopft. Für 350 € im Monat sollte der junge Mann bei YouTube für ein ganzes Jahr jeweils ein kurzes Filmchen über die Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) machen.

Einige Monate lief auch alles prächtig. Frau Göker hatte sich zwar jedes Mal gefragt, ob dieser merkwürdige Sprech­gesang eigentlich wirklich gut ankommt. Auch die vielen Fäkal­aus­drücke hatten sie gestört. Überhaupt, Deutscher Rap. Und wieso ging es immer um Krimi­nelle? Frau Göker hört am liebsten Volks­musik. Aber immerhin: Der junge Mann kam bei der jungen Klientel großartig an, sogar Frau Gökers Neffe äußerte sich ausge­sprochen begeistert.

Dann letzte Woche der Schock. Der junge Mann sang nicht nur über Gewalt­taten. Gemeinsam mit einem Freund hatte er tatsächlich eine Prügelei auf dem Stadtfest von Unter­al­theim angefangen und einem anderen Mann den Arm gebrochen. Frau Göker wollte gar nicht ausschließen, dass die Fans des Influencers sogar das bejubeln würden. Sie aber wollte damit nichts mehr zu tun haben. Valk sollte den Vertrag sofort kündigen.

Aller­dings lief der Vertrag noch fast ein ganzes Jahr. Justi­ziarin Birte Berlach schrieb zwar ein energi­sches Kündi­gungs­schreiben und berief sich auf § 313 Abs. 3 S. 2 BGB. Hier liege eine Störung der Geschäfts­grundlage vor. Denn die öffent­liche Wertschätzung, die der Markt dem jungen Mann entge­gen­bringe, sei durch die Straftat so schwer­wiegend zum Schlechten verändert worden, dass gemäß § 313 Abs. 3 S. 2 BGB ein Recht zur Kündigung bestünde.

Der Influencer nahm das nicht hin. Sich öffentlich zu prügeln sei quasi Teil seines Images. Sein Anwalt schrieb sogar, als „Gangster Rapper“ (Frau Göker runzelte die Stirn) sei seine Glaub­wür­digkeit sogar gestiegen. Als Frau Göker sich aber angesichts der zöger­lichen Reaktion der Richter am örtlichen Landge­richt nicht mehr sicher war, ob sie den Vertrag wirklich würde kündigen können, ging sie auf einen Kuhhandel ein: Bis zum Ende der einjäh­rigen Vertrags­laufzeit bekam der junge Mann vollkommen leistungslos die Hälfte der verein­barten Summe. Alle Filme, die rund um die SWO schon im Netz standen, wurden, soweit es ging, entfernt.

Gegen so etwas, so der erstaunlich gut gelaunte Valk, sei man halt nie gefeit. Justi­ziarin Berlach jedoch weiß es besser: Bei der nächsten Zusam­men­arbeit mit Influencern müsse der Vertrag für solche Fälle eine Kündi­gungs­mög­lichkeit enthalten. Nochmal –  sie sah Valk strafend an – würde jeden­falls nichts mehr per Handschlag besiegelt. 

Aber ob es zu einem solchen Vertrag jemals wieder kommt? Geschäfts­füh­rerin Göker schwört: Influencer kommen ihr nicht mehr ins Haus. Valk aller­dings war erst heute morgen bei Frau Berlach, um sich zu erkun­digen, was man gegen Nachbarn tun könne, die sich beschweren, wenn man im Keller laut singt.

Sie wollen mehr erfahren? Kommen Sie zu uns.

Von |2018-08-30T21:02:44+02:0030. August 2018|Wettbewerbsrecht|

Den Stier bei den Hörnern

Man muss zugeben, dass die Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) in den letzten Monaten im benach­barten Unter­al­theim ganz gute Geschäfte gemacht haben. Aber das – so die Geschäfts­leitung der Stadt­werke Unter­al­theim GmbH (SWU) ist jetzt alles Vergan­genheit, denn die SWU hat eine Werbe­agentur mit einer Offensive beauf­tragt, und nun wird das Blatt sich wenden.

Die SWU müsste ein Stadtwerk zum Anfassen werden, hatte die Werbefrau dem Geschäfts­führer Dr. Kunze erzählt. In wochen­langen Sitzungen hatte sie mit ihm und den anderen Mitgliedern der Geschäfts­leitung eine Strategie entwi­ckelt, ausgehend von Identät und Werten der Energie­ver­sorgung in Unter­al­theim, und schließlich war ein Maskottchen dabei heraus­ge­kommen. Eine dicke Kuh. Nein, viel besser: Ein Stier. Es gibt nämlich ein Kuhhorn im Unter­halt­heimer Wappen.

Dr. Kunze rief einen Kinder­stier­mal­wett­bewerb aus. Seine Vertriebs­lei­terin entwi­ckelte mit der Agentur ein Produkt namens „Stier­strom“, der als „kraftvoll“ beworben wurde. Auf allen Prospekten und Plakaten prangten auf einmal Stiere, es gab lustige Wortspiele mit Stieren, und tatsächlich gingen die Abschlüsse erst einmal hoch. Dann aber kam der Samstag, Markttag in Unter­al­theim, und auf dem Markt stand Vertriebs­leiter Valk, Abgesandter des bösen Feindes SWO, an einem riesigen Grill.

An dem Drehspieß drehte sich ein knusprig brauner Ochse, hinter dem Grill prangte ein Plakat „Schlachttag! Hier drehen sich die besten Preise!“, und als Dr. Kunze den fettig grinsenden Valk Ochsen­fetzen verteilen sah, hätte nicht viel gefehlt, und er hätte höchst­selbst zum Bratspieß gegriffen. Statt dessen rief er den Anwalt des Hauses an.

Dieser verschickte noch am selben Tage eine Abmahnung. Hier liege ein Fall der wettbe­werbs­wid­rigen verglei­chenden Werbung nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 und 5 UWG vor, denn die SWO hätte den guten Ruf des Strom­pro­dukts der SWU beein­trächtigt und außerdem die SWU in Gestalt des Stieres verun­glimpft. Wieder einmal fordert die SWU auch diesmal, dass nun bitte endlich Schluss sein muss: Im Wieder­ho­lungsfall fordert die SWU eine Vertrags­strafe von 25.000 EUR.

Sechs Stunden später ist der Ochs am Spieß alle, der Stand abgeräumt und die Antwort da. Die Anwältin der SWO sieht keinen Rechts­verstoß. Hier liege lediglich eine ironische, humor­volle Anspielung vor, keineswegs eine ernst­hafte Herab­setzung. Schließlich hätte Valk nie behauptet, sein Strom sei besser als der der SWU, oder es bestünden quali­tative Unter­schiede zwischen beiden Unter­nehmen. So etwas sei erlaubt, schreibt die Anwältin, weist auf eine Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs (BGH) hin, der seinerzeit eine verglei­chende Werbung der taz als erlaubt angesehen hatte. Um des lieben Friedens willen würde die SWO sich gleichwohl verpflichten, nie wieder auf dem Markt­platz von Unter­al­theim Ochsen­fetzen zu verschenken. Zwar würden weder die Abmahn­kosten ersetzt, auch keine Vertrags­strafe vereinbart, aber immerhin: Die SWU war’s zufrieden.

Bis zum nächsten Samstag. Da stand nämlich Valk erneut auf dem Markt­platz. Hinter ihm ein Bild des Ochs am Spieß und die große Aufschrift:

Wir dürfen Sie hier nicht mehr einladen. Aber Strom liefern dürfen wir Ihnen immer noch.“

Von |2018-07-23T22:58:20+02:0024. Juli 2018|Allgemein, Wettbewerbsrecht|

Die beiden Busse: Irrefüh­render Preis­ver­gleich durch Unterlassen

Frau Geschäfts­füh­rerin Göker seufzt. Vertriebs­leiter Valk mag ja erfolg­reich sein. Der Strom­verkauf der Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) brummt. Aber vielleicht sind seine Methoden doch etwas robust? Die vierte Abmahnung in einem Jahr! Und dabei ist jetzt erst Ende Juni. Dabei war klar, dass die sozusagen verfein­deten Stadt­werke Unter­al­theim GmbH (SWU) sich provo­ziert fühlen musste, als Valk zwei Busse mit großfor­ma­tigen Werbe­bannern bekleben und den ganzen Tag durch Unter­al­theim fahren ließ, auf denen stand

Nicht nur besser, sondern billiger!“

Und dann eine Preis­ge­gen­über­stellung, bei der – so die Abmahnung der SWU – dem teuren Grund­ver­sor­gungs­tarif der SWU wettbe­werbs­widrig wegen § 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 4 UWG ein drastisch günsti­gerer Sonder­ver­trags­tarif der SWO gegenüber gestellt wurde, ohne explizit zu erwähnen, dass der SWO-Tarif mit einer einjäh­rigen Mindest­laufzeit verbunden ist, wohin­gegen Kunden den Grund­ver­sor­gungs­vertrag der SWU mit der gesetzlich festge­legten zweiwö­chigen Kündi­gungs­frist beenden können und die SWU auch einen Tarif anbietet, der zwar immer noch teurer ist als der der SWO, aber immerhin nicht so atembe­raubend teuer wie ihr Grund­ver­sor­gungs­vertrag. 

Würde Valk wenigstens nicht so schrecklich feixen! 1.300 EUR soll die SWO an den Anwalt der SWU zahlen, das ist nicht die Welt, aber auch kein Pappen­stiel, und außerdem soll sich die SWO dazu verpflichten, den angeblich irrefüh­renden Preis­ver­gleich ohne Klarstellung, dass die Kündi­gungs­fristen so unter­schiedlich sind und die SWU noch weitere günstigere Tarife hat, zu unter­lassen. 20.000 EUR Vertrags­strafe soll die SWO jedesmal an die SWU zahlen, wenn sie hiergegen verstößt. 

Das Geld für die Buswerbung gibt mir auch niemand zurück!“, schimpft Frau Göker Herrn Valk aus, der – nicht unähnlich Frau Gökers frechem Jüngsten – versonnen aus dem Fenster schaut und unver­zeih­li­cher­weise grinst. 

Frist­ablauf für die Abgabe der von der SWU einge­for­derten Unter­las­sungs­er­klärung ist noch heute 18.00 Uhr, und so segnet Frau Göker ihren Schöpfer, als um 15.00 Uhr endlich die Anwältin des Hauses zurückruft, auch wenn sie auch nicht mehr tun kann, als die Abmahnung als im Grunde berechtigt zu bezeichnen, Kontakt zur Gegen­seite aufzu­nehmen, die Unter­las­sungs­er­klärung etwas einzu­grenzen und statt einer starren Vertrags­strafe eine nach sogenanntem Hamburger Brauch anzubieten, bei dem also die Vertrags­strafe im Falle erneuter Verstöße von einer Seite verschul­dens­ab­hängig festgelegt und von der anderen zur gericht­lichen Überprüfung gestellt werden kann. „Da kann ihr Mandant die Buswerbung ja gleich wieder abreissen.“, kommen­tiert der Anwalt der SWU die Ankün­digung der Anwältin, die modifi­zierte Unter­las­sungs­er­klärung würde sogleich verschickt. 

Um 17:30 Uhr gibt Frau Göker die Unter­las­sungs­er­klärung in der vorab­ge­stimmten Form ab. Um 18.00 Uhr reisst Valk keinewegs die Buswerbung ab, sondern beklebt eigen­händig beide Busse am Rande der Werbe­banner mit leuchtend gelben Aufklebern, auf denen steht: 

Ein Jahr fest!*“

und ein klein­ge­druckter Zusatz, auf dem steht, dass der Vertrag eine einjährige Mindest­laufzeit hat und dass die SWU auch noch andere Tarife hat, die mögli­cher­weise günstiger als ihr Grund­ver­sor­gungs­tarif sein könnten. Um 18:15 Uhr machen sich die Busse wieder auf nach Unteraltheim.

Und um 18:30 Uhr erscheint Lokal­re­porter Repnik bei der SWO, dem Frau Göker ein paar Hinter­grund­in­for­ma­tionen darüber gibt, dass die SWU offenbar so verzweifelt über die – nur allzu verständ­liche – Abwan­derung ihrer Kunden ist, dass sie sich nur mit Abmah­nungen der wirtschaftlich überle­genen Konkurrenz erwehren könne. Ganz im Vertrauen zeigt Frau Göker Herrn Repnik sogar die aktuelle Abmahnung, weist mehrfach darauf hin, was ein Kunde alles sparen könne, wenn er aus der Grund­ver­sorgung der SWU zur SWO wechselt, und lässt sich mit den Worten „So etwas habe ich nicht nötig!“, in der Zeitung zitieren. Mit dem Schicksal und Herrn Valk versöhnt weist Frau Göker die 1.300 EUR um 19:30 Uhr an und schließt um 20.00 Uhr das Büroge­bäude ab. 

Um 23.00 Uhr fragt sich Frau Göker beim Zähne­putzen aller­dings, woher Herr Valk eigentlich so plötzlich die Aufkleber hatte. 

Von |2018-06-28T12:25:09+02:0027. Juni 2018|Wettbewerbsrecht|

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