Neues aus Oberal­theim: Verleumdung aus dem Netz

Die Preise sind zu hoch und das Logo sehr hässlich.“

Hässliches Logo und überhöhte Preise.“

Sehr unfreund­licher Vertriebs­leiter und ganz hässliches Logo!“

Vertriebs­leiter Valk musste sich setzen. Über Nacht war die Bewertung der Stadtwerk Oberal­theim GmbH (SWO) auf Facebook von ganz passabel auf grauenhaft abgesackt. So viele verär­gerte Kunden? Da konnte doch etwas nicht mit rechten Dingen zugehen. 

Die angeblich bewer­tenden Kunden fand Falk außerdem nicht nur nicht in der Kunden­datei. Sie hatten bei Facebook tatsächlich auch nie etwas gepostet, außer diese Bewertung abzugeben. Die Fotos, stellte er mit der Google–Bildersuche fest, stammten samt und sonders aus dem Internet. Ein Mann, der angeblich das Logo als besonders misslungen empfand, erwies sich auf diesem Wege als Filial­leiter einer portu­gie­si­schen Reinigungskette.

Für Valk gab es nur eine denkbare Auflösung dieses Rätsels: Zwar hielt er es für eigentlich ausge­schlossen, dass ausge­rechnet die technisch etwas zurück­ge­blie­benen Unter­al­t­heimer auf die Idee gekommen waren, mit falschen Profilen die SWO zu diffa­mieren. Aber erstens gab es kürzlich Probleme mit Bewer­tungen, und da waren es doch auch die Unter­al­t­heimer gewesen. Und außerdem hatte der Unter­al­t­heimer Geschäfts­führer Dr. Krause drei Töchter im Teenager­alter, denen mehr Online-Kompetenz zuzutrauen war als dem bekannt vertrot­telten Unter­al­t­heimer Chef.

Nun, es war nicht einfach, Geschäfts­füh­rerin Göker und Justi­ziarin Berlach die Abmahnung abzuringen. Immerhin: Zwei Tage später machten die SWO mit anwalt­lichem Schreiben eine Verletzung des Mitbe­wer­ber­schutzes nach § 4 Nummer 1 und 2 UWG und eine Irreführung nach § 5 UWG geltend.

Erwar­tungs­gemäß behauptete Krause, von nichts zu wissen. Er kenne kein Zeitung namens Facebook. Dieses Internet hätte sowieso keine große Zukunft. Die gefor­derte Unter­las­sungs­er­klärung könnte Falk deswegen vergessen.

Valk vergass nicht. Einige Tage später hatte das Landge­richt Oberal­theim die Sache auf dem Tisch. Hier ging es schnell: Angesichts der Ähnlichkeit der Kommentare der offen­kundig nur zu diesem Zweck angelegten Profile ging Richterin Kim selbst­ver­ständlich davon aus, dass ein- und dieselbe Person die Profile angelegt und die Oberal­t­heimer verleumdet haben musste. Zwar versuchte Krause sich noch auf die Vielzahl der deutschen Energie­ver­sorger heraus­zu­reden. Auf die Frage von Richterin Kim, wer außer den Unter­al­t­heimern Vertriebs­leiter Valk namentlich kannte, brach Krause indes vollkommen zusammen und bat nur, seine unschul­digen Töchter aus der Angele­genheit heraus­zu­halten. Denen hatte er sugge­riert, es gehe um eine Wette. 

Die Verur­teilung zur Unter­lassung erfolgte antragsgemäß.

Sie glauben, so etwas kann sich nur ein Anwalt am Freitag nachmittag ausdenken? Weit gefehlt: Oberlan­des­ge­richt Stuttgart, 4 U 239/18. Hier geht es aller­dings um Zahnärzte.

Von |2019-02-22T17:32:26+01:0022. Februar 2019|Wettbewerbsrecht|

Hausbesuch in Oberaltheim

Nicht schon wieder!“, schnaubt Geschäfts­füh­rerin Göker und hebt die Abmahnung der Konkurrenz aus Unter­al­theim anklagend in die Höhe. Vertriebs­leiter Valk schaut bekümmert zu Boden.

Das Linoleum müsste auch mal wieder neu.

Was war passiert? Die Werbe­of­fensive der Konkurrenz aus Unter­al­theim erwies sich als unangenehm wirksam. Tag für Tag flatterten die Kündi­gungen ins Haus, und Valks Laune wurde von Tag zu Tag schlechter. Nicht nur, dass dass die Kunden überhaupt kündigten. Nein, in vielen Fällen verlor Valk grund­ver­sorgte Kunden an einen Sonder­kun­den­tarif der Stadt­werke Unter­al­theim GmbH (SWU), der deutlich unvor­teil­hafter war als der beste Tarif der Stadt­werke Oberal­theim GmbH, der Optimalstrom.

Dann, eines Tages, lag die Kündigung seines Fußball­ka­me­raden, des Metzger­meisters Thorsten Täubner, auf dem Tisch. Valk zögerte keinen Moment. Fünf Minuten später saß er bei Thorsten in der Metzgerei Täubner, zwanzig Minuten später fuhr er mit der Wider­rufs­er­klärung heim. Es war einfach gewesen, ihn zu überzeugen.

In den nächsten Wochen klingelte Valk an vielen Türen. Und er hatte Erfolg. Aus Neukunden der SWU wurden Sonder­ver­trags­kunden der SWO. Dann aber kam die Abmahnung. Wettbe­werbs­widrig seien diese Hausbe­suche, fand die Konkurrenz. Es handele sich um aggressive geschäft­liche Handlungen nach § 4a UWG.

Nach Valks Ansicht könnte nichts weniger zutreffen. Aggressiv seien vielmehr die Unter­al­t­heimer, die in Oberal­theim nach Kunden fischen. Er dagegen sei je nachdem mit Blümchen oder einem Plüschtier bei den Kunden aufge­taucht. Und hätte ihm jemand die Tür gewiesen, dann wäre er gegangen.

Auch die Justi­tiarin Frau Berlach sieht keine aggressive Handlung. Eine solche müsse die Ratio­na­lität des abtrün­nigen Kunden zu beein­träch­tigen in der Lage sein. Und überdies zeige bereits Nr. 26 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG, wo nur die nicht befolgte Auffor­derung, eine Wohnung zu verlassen, aufge­führt wird, dass der in aller Regel sehr erwünschte Besuch des Herrn Falk darunter nicht falle.

Frau Göker wies die Abmahnung deswegen zurück. Vier Wochen später wies das Landge­richt Oberal­theim auch die von den Unter­al­t­heimern beantragte einst­weilige Verfügung zurück. „Also bei uns war Herr Valk sehr nett und höflich!“, beschied Frau Richterin am Landge­richt Dr. Vlacic den empörten Geschäfts­führer Krause aus Unter­al­theim. Außerdem – aber das behielt sie für sich – lieben ihre Kinder das mitge­brachte Plüschtier.

(Es ist aber alles andere als gesagt, dass das immer so glimpflich ausgeht …)

Von |2019-02-15T23:17:22+01:0015. Februar 2019|Wettbewerbsrecht|

Neues aus Oberal­theim: Das falsche Stadtwerk

Vertriebs­leiter Valk aus Oberal­theim wusste es ja schon als kleiner Junge: den Unter­al­t­heimern ist nicht zu trauen. Wusste sein Vater in den Achtzigern noch erschre­ckende Geschichten über Fehlein­würfe in Altglas­con­tainer und wilde Müllkippen in den Slums von Unter­al­theim zu berichten, so hat Valk die Stadt­werke Unter­al­theim GmbH (SWU) sozusagen auf frischer Tat ertappt: In ihrem Auftrag rufen Mitar­beiter eines Callcenters bei Oberal­t­heimern an, behaupten, sie seien „vom Stadtwerk“ und schwatzen ihnen neue Strom­lie­fer­ver­träge auf.

Die Masche mit dem Anruf vom Stadtwerk ist Valk nicht neu. Hat er nicht erst letztes Jahr erfolg­reich ein bundesweit agierendes Unter­nehmen dabei erwischt, wie dessen Kunden­werber vorge­täuscht haben, sie seien Stadt­werks­mit­ar­beiter und es gehe nicht um einen Vertrags­wechsel, sondern schlicht um einen neuen Tarif? Bei der SWU liegt der Fall aller­dings nicht ganz so einfach, wie die Justi­ziarin Birte Berlach Falk erklärt. Den die SWU lügt ja nicht, wenn sie behauptet, sie sei ein Stadtwerk.

Aber kann das so richtig sein? Tag für Tag bearbeitet Valk die aus Unter­al­theim hämisch ihm zu gewor­fenen Kündi­gungen. Nachts träumt Valk vom gegne­ri­schen Vertriebs­leiter, der sich in Valks nächt­lichem Unter­be­wusstsein feist grinsend die Hände reibt. „Und dabei sind sie gar kein richtiges Stadtwerk!“, ächzt er am Morgen in der Abtei­lungs­lei­ter­be­spre­chung im Büro von Geschäfts­füh­rerin Göker.

Jetzt wird auch die Justi­ziarin hellhörig. Unter­al­theim, klärt Valk sie auf, habe vor einigen Jahren sozusagen sein Tafel­silber veräußert. Das Stadtwerk gehöre zu satten 74,9% seither einem Großun­ter­nehmen, die Stadt sei nur noch minderheitsbeteiligt.

Eine Stunde später steht Justi­ziarin Birte Berlach bei Valk im Büro. In der Hand hält sie ein Urteil des Bundes­ge­richtshofs (BGH) vom 13.06.2012. In dieser Entscheidung hat das höchste deutsche Zivil­ge­richt festge­stellt, dass es eine wettbe­werbs­widrige, weil gem. § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG irrefüh­rende Angabe darstellt, wenn sich ein Unter­nehmen als Stadtwerk ausgibt, dessen Anteils­mehrheit nicht bei der öffent­lichen Hand liegt. Dies beruht auf dem Umstand, dass Bürger Unter­nehmen, die sich überwiegend im Besitz der öffent­lichen Hand befinden, größeres Vertrauen entgegen bringen und von der beson­deren Verläss­lichkeit und Serio­sität solcher Unter­nehmen ausgehen. Außerdem vertrauen Verbraucher darauf, dass solche Unter­nehmen besonders Insolvenz fest seien. 

Das stimmt ja auch!“, trumpft Valk auf.

Noch am selben Tag mahnt die Anwältin der SWU die Unter­al­t­heimer Konkurrenz ab. Drei Tage später ist der Spuk vorbei. Die SWU hat eine Unter­las­sungs­er­klärung abgegeben, die SWO eine trium­phale Presse­er­klärung versandt. Und Valk gibt Justi­ziarin Berlach einen Erdbeer­becher im Eiscafé Venezia auf dem Markt­platz aus. Auf dem Markt­platz von Unter­al­theim wohlgemerkt.

Vor dem Fenster des gegne­ri­schen Geschäftsführers.

Von |2018-11-08T09:11:27+01:008. November 2018|Wettbewerbsrecht|

Preis­bremsen: Drei Monate März?!?

Okay, Preis­frage: Kunde bezieht im Januar und Februar 2023 von den Stadt­werken Unter­haltsheim AG Erdgas zu 20 Cent/kWh. Zum 01.03.2023 findet er einen neuen Versorger, die Stadt­werke Oberal­theim GmbH, der ihn zu 11,5 Cent/kWh versorgt. Zum 01.03.2023 greift nun die Gaspreisbremse.

Nach § 3 Abs. 1 EWPBG i. V. m. § 9 Abs. 3 Nr. 1 EWPBG beträgt der Referenz­preis für diesen Kunden nun 12 Cent/kWh. Da sein Märzpreis unter dem Referenz­preis liegt, beträgt seine Entlastung für den März null. Aber wie sieht es mit Januar und Februar aus? Nach § 5 Abs. 1 EWPBG muss der Lieferant vom 01.03.2023 auch für die Monate Januar und Februar 2023 entlasten. Die Stadt­werke Oberal­theim GmbH sind also zuständig.

Doch wie hoch ist nun dieser Anspruch? Die Tages­schau hat gestern in einem Beitrag viele überrascht: Der Anspruch für Januar und Februar beträgt im darge­stellten Fall nämlich null. Denn maßgeblich ist laut § 5 Ans. 1 EWPBG der für den Monat März 2023 ermit­telte Entlas­tungs­betrag. Und der war ja null. Umgekehrt ist das übrigens genauso. Hat jemand im Januar und Februar also noch recht günstig bezogen, weil etwa ein älterer Gaslie­fer­vertrag aus 2021 noch lief, und erst im März stiegen die Preise, so erhält der Kunde die hohe Entlastung auch für die Monate zuvor, in denen er noch gar keine Belastung tragen musste. Für Wärme (§ 13 Abs. 1 EWPBG) sieht es übrigens genauso aus.

Kostenlose Fotos zum Thema Fehler

Doch wird dann im Rahmen der Jahres­ab­rechnung die Entlastung wieder glatt­ge­zogen und den tatsäch­lichen Belas­tungen angepasst? § 20 Abs. 1 EWPBG, der die Jahres­end­ab­rechnung regelt, ordnet dies nicht an. Offenbar bleibt es tatsächlich bei der Märzent­lastung auch für die Monate Januar und Februar 2023. Der Gesetz­geber scheint hier entweder auf radikale Verein­fa­chung gesetzt zu haben, oder er hat das Problem schlicht übersehen (Miriam Vollmer)

 

Von |2023-03-10T23:12:05+01:0010. März 2023|Energiepolitik, Gas, Wärme|

Vertrags­schluss am Telefon: Wann beginnt die Widerspruchsfrist?

Der Vertriebs­leiter Valk der Stadt­werke Oberal­theim GmbH stöhnt. Gut, die Grenzen des Wettbe­werbs­recht sind auch seiner Ansicht nach oft allzu eng. Aber was derzeit auf dem an sich beschau­lichen Strom­markt im Städtchen Oberal­theim vor sich geht, sprengt Valks bisherige Vorstel­lungs­kraft: Ein neuer, an Abgefeimtheit den alten Konkur­renten, die Stadt­werke Unter­al­theim GmbH, weit hinter sich lassender Wettbe­werber hat sich breit gemacht. Die Hyper-Strom UG hat offenbar nicht nur Kunden­werber losge­schickt, die an der Haustür älteren Oberal­t­heimern erzählen, die Stadt­werke Oberal­theim GmbH gingen demnächst pleite, und dann sitze jeder im Dunklen, der nicht recht­zeitig zu Hyper-Strom gewechselt sei. Hyper hat auch ein Call Center angeheuert, das von morgens bis abends die Bürger des Städt­chens anruft und mit offen­kun­digen Unwahr­heiten über die Stadt­werke Oberal­theim erstaun­liche Erfolge feiert.

Abmah­nungen der Hyper-Strom UG wegen Irreführung und Cold Calls laufen.  Doch wie bekommt Valk nun seine Kunden zurück? Leider melden sich nicht alle Opfer der dreisten Kampagne innerhalb der vierzehn­tä­gigen Frist ab Vertrags­schluss, die gem. § 312 g Abs. 1, § 355 Abs. 2 BGB, § 356 Abs. 2 Nr. 2 BGB für Fernab­satz­ver­träge u. a. über Strom gilt. Sind die Kunden jetzt ernstlich für volle 12 Monate an die Hyper-Strom UG gebunden?

Hier immerhin hilft dem Kunden – und damit Herrn Valk – § 1 Abs. 2 des Art. 246 EGBG. Hier ist geregelt, dass das Unter­nehmen den Verbraucher über sein Wider­rufs­recht hätte infor­mieren müssen. Die Telefo­n­agenten der Hyper-Strom UG haben dies aber nicht getan. Statt dessen wurde nur die Frage: „Wollen sie mit Hyper-Strom zuver­lässig versorgt werden?“, und das abgefor­derte „ja“ des Kunden elektro­nisch aufgezeichnet.

Wenn die Infor­ma­ti­ons­pflicht verletzt wurde, gilt die vierzehn­tägige Frist für die Wider­rufs­mög­lichkeit von Fernab­satz­ver­trägen nicht. Die Kunden haben deswegen 12 Monate und 14 Tage Zeit, die aufge­schwatzten Verträge zu wider­rufen, § 356 Abs. 3 BGB.

Das lässt Valk sich nicht zweimal sagen. Nun telefo­niert er. Und am Ende des Tages ist Valk erschöpft von längeren Gesprächen mit vorwiegend älteren Verbrau­chern des schönen Oberal­t­heims. Aber seine Kunden hat er alle, alle wieder (Miriam Vollmer).

 

 

Von |2019-11-22T16:31:21+01:0022. November 2019|Strom, Wettbewerbsrecht|

Famili­en­strom und Kinderbild

Verdammt! Ausge­rechnet das beste Bild der neuen Famili­en­strom-Kampagne der Stadtwerk Oberal­theim GmbH (SWO) soll Vertriebs­leiter Valk von der Homepage nehmen! Dabei hatte er diesmal ausdrücklich daran gedacht, eine Zustimmung in die Veröf­fent­li­chung des Fotos einzuholen.

Auf dem bösen Bild sitzen Mutter und Tochter auf dem Balkon und frühstücken. Die attraktive rothaarige Mutter, das Kind mit einer auffäl­ligen Ähnlichkeit mit Kobold Pumuckl, im Hinter­grund der Unter­al­t­heimer See: Ein besseres und werbe­träch­ti­geres Bild konnte Valk sich kaum mehr vorstellen. Und die Mutter hatte doch unterschrieben!

Beschwert hatte sich deswegen natürlich auch nicht die Mutter. Statt­dessen hatte sich der Anwalt des – von ihr geschie­denen – Vaters gemeldet. Was Valk nicht gewusst hatte: der Vater des reizenden Kindes arbeitete ausge­rechnet beim direkten Konkurrenten. 

Leider kann hier auch Justi­ziaren Birte Berlach nicht helfen. Kommen­tarlos schickt sie Valk eine Entscheidung des OLG Oldenburg vom 24.5.2018 (13 W 10/18). In dieser Entscheidung, in der es vorder­gründig um Prozess­kos­ten­hilfe geht, spricht das nieder­säch­sische Oberlan­des­ge­richt klar aus, dass die Einwil­ligung nach § 22 Kunst­ur­he­ber­gesetz (KunstUrhG) eine Entscheidung über eine Angele­genheit darstellt, deren Regelung für das Kind von erheb­licher Bedeutung ist. Solche Entschei­dungen dürfen Eltern – anders als Entschei­dungen des täglichen Lebens – nur im gegen­sei­tigen Einver­nehmen treffen. Dies begründet das OLG zum einen mit der Seltenheit solcher Entschei­dungen. Zum anderen mit erheb­lichen Auswir­kungen auf die Entwicklung des Kindes, hier mit der Gefährdung des allge­meinen Persön­lich­keits­rechts durch die Publi­kation gegenüber einer theore­tisch unbegrenzten Anzahl an Menschen, und dem Umstand, dass eine verläss­liche Löschung von Fotos im Netz unmöglich und eine etwaige Weiter­ver­breitung kaum kontrol­lierbar sind. Außerdem handelte es sich auch bei dem entschie­denen Fall um eine werbliche Verwendung.

Es hilft also nichts. Falk muss das Foto entfernen.

Von |2019-06-19T14:11:00+02:0019. Juni 2019|Wettbewerbsrecht|

Ooooops … die Geneh­mi­gungs­grenze und das ETS

Und ein Biogas-BHKW haben sie auch …?“, fragen wir ab und suchen auf dem Anlagen­schaubild die einzelnen Anlagen­teile des HKW Oberal­theim zusammen. Gut. Hier sind die Dampf­kessel, dort ist das Erdgas-BHKW, und dort hinten steht es. Das Biogas-BHKW. Alles zusammen 120 MW FWL. In der Geneh­migung aller­dings finden wir nur 110 MW. Und, hoppla, wo ist hier eigentlich die Biogas-Anlage? Ist sie etwa nicht Gegen­stand der Geneh­migung, sondern eigen­ständig genehmigt?

Geneh­mi­gungs­rechtlich ist das ja alles kein Problem. Aber im Emissi­ons­handel macht das einen großen Unter­schied. Denn für die Anlagen­ab­grenzung kommt es nicht darauf an, ob die Anlagen nach dem Dafür­halten des Betreibers irgendwie zusam­men­ge­hören. Sondern gem. § 2 Abs. 4 TEHG auf die Grenzen der Geneh­migung. Und hier ist der Fall eindeutig: Das Biogas-BHKW gehört nicht dazu.

Diese Erkenntnis hat weitrei­chende Konse­quenzen. Wenn die mit Biogas betriebene Anlage zum emissi­ons­han­dels­pflich­tigen HKW Oberal­theim gehört, gibt es für die Produktion an Wärme auch dieser Anlage eine Zuteilung von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen. Kraft­werke sind nämlich entweder ganz oder gar nicht emissi­ons­han­dels­pflichtig. Oder aber sie die Biogas­anlage ist nicht vom Emissi­ons­handel erfasst. Dann müssen die Oberal­t­heimer – der Kraft­werks­leiter ist nicht begeistert – die Produk­ti­ons­mengen der Anlage beim Export ins Wärmenetz außer acht lassen.

Und außerdem sollten die Oberal­t­heimer einmal einen tiefen Blick in ihre Mittei­lungen zum Betrieb der letzten Jahre werfen.

Von |2019-05-24T11:54:02+02:0024. Mai 2019|Emissionshandel|

Doch dann ist es zu spät

Geschäfts­führer Dr. Krause stöhnte. Seine Stadt­werke Unter­al­theim GmbH (SWU) hatten es mal wieder nicht leicht. Die Konkurrenz, genauer gesagt, der Vertriebs­leiter Valk der Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) hatte die Vereins­trainer Unter­al­t­heims am Montag, dem 15. April 2019, zum Grillen einge­laden und einen Sport-Spezi­aldeal angeboten: Die Sport­trainer würden in ihren Vereinen für den Superfit-Tarif der SWO werben. Und für jeden gewor­benen Kunden schrieb Valk dem Verein einen Superfit-Punkt gut, die man nach Anzahl gestaffelt in Grill­feste, Wasser­spender, Pokale oder andere Vorteile umtau­schen konnte. Noch am selben Tag sprach sich das Superfit-Programm zu Dr. Krause herum. „Bitte prüfen!“, schrieb er auf den Flyer und verfügte den zu seiner Justi­tiarin, Frau Gungör. Die aller­dings war am selben Tag – es war Karwoche und die Schule war zu – schon im Urlaub.

Gegen dieses Superfit-Programm der Konkurrenz an sich, so erklärte es Justi­tiarin Gungör ihre Chef Dr. Krause nach den Oster­ferien, inzwi­schen schrieb man den 29. April 2019, war an sich kaum ein Kraut gewachsen. In den Allge­meinen Geschäfts­be­din­gungen des Programms „Superfit“ fand sie dann aber doch noch den einen oder anderen Fehler. Man könne abmahnen, erläu­terte Frau Gungör in einem ausführ­lichen Vermerk am 30. April 2019.

Am 2. Mai landete der Vermerk in der Postmappe von Herrn Dr. Krause. Der wollte auch wirklich noch unbedingt vor seinem Urlaub die Post abarbeiten, aber dann kündigte am 3. Mai Knall auf Fall der Abtei­lungs­leiter Finanzen, und Krause kam zu nichts. Am 4. Mai – das war der Samstag – flog Herr Krause mit Frau Krause nach Paphos, um drei Wochen auf Zypern zu baden. „Kümmern mich um Valk unmit­telbar nach meiner Rückkehr!“, textete er noch vom Flughafen aus die Justi­tiarin an.

Soll Anwalt GANZ SCHNELL abmahnen und Eilantrag stellen?“, textete Frau Gungör am 10. Mai Herrn Dr. Krause zurück, schrieb dazu, dass trotz der Erleich­te­rungen des § 12 Abs. 2 UWG für den Eilrechts­schutz bei Wettbe­werbs­ver­let­zungen von den meisten Oberlan­des­ge­richten eine ungeschriebene Monats­frist angenommen wird, und die zweimo­natige Frist z. B. des KG Berlin oder des OLG Düsseldorf den Unter­al­t­heimern nichts nütze, weil eine Zustän­digkeit der großzü­gi­geren Oberlan­des­ge­richte hier schlech­ter­dings nicht angenommen werden könne. Anders als bei Verstößen im Internet, wo der die Zustän­digkeit begrün­dende Begehungsort „überall“ angenommen wird, hat Valk seine wettbe­werb­lichen Misse­taten nämlich nur in Oberal­theim begangen.

Herr Dr. Krause aller­dings reagierte nicht. Sein Handy liegt nämlich seit einem kleinen Malheur am 8. Mai im Meer vor Limassol, und es spricht Einiges dafür, dass die Monats­frist am 15. Mai 2019 um Mitter­nacht verstreichen wird, ohne dass ein Eilantrag gestellt werden wird. Zwar kann dann immer noch eine Haupt­sa­che­klage erhoben werden. Aber angesichts der Dauer einer solchen Angele­genheit ist es gut möglich, dass das Programm „Superfit“ dann schon längst erfolg­reich beendet worden sein wird, und ein Unter­las­sungs­titel den Unter­al­t­heimern nicht mehr viel nützt.

Deswegen: Verstößt die Konkurrenz gegen wettbe­werbs­recht­liche Regeln, sollte so schnell wie möglich etwas unter­nommen werden, um noch ausrei­chend Zeit für Abmahnung und Eilantrag zu haben. Ansonsten läuft der Rechts­schutz oft faktisch leer.

Von |2019-05-13T08:57:33+02:0012. Mai 2019|Strom, Vertrieb, Wettbewerbsrecht|

Keine Frist­ver­kürzung beim Messstellenaustausch

Die Älteren unter uns erinnern sich: Bis 1998 galten für den Strom­ver­trieb Gebiets­fest­le­gungen. In Oberal­theim zum Beispiel durfte man damals nur bei den Stadt­werken Oberal­theim Strom und Gas beziehen. Die Libera­li­sierung hat dem ein Ende gemacht. Seither kann jeder Versorger bundesweit liefern. Das ist aber noch nicht alles. Auch das Messwesen wurde 2008 libera­li­siert. Man muss also Messein­rich­tungen nicht durch den grund­zu­stän­digen Messstel­len­be­treiber einbauen, betreiben und warten lassen. Sondern kann eine ander­weitige Verein­barung nach § 5 oder 6 Messstel­len­be­triebs­gesetz (MsBG) abschließen.

Das Meßwesen soll aber nicht nur liberaler, sondern auch intel­li­genter werden, also künftig die techni­schen Möglich­keiten der Digita­li­sierung nutzen. Deswegen enthält Kapitel vier des MsBG eine Reihe von ergän­zenden Rechten und Pflichten in Zusam­menhang mit dem Messstel­len­be­trieb mit modernen Messein­rich­tungen und intel­li­genten Messsys­temen. Hier ordnet nun der § 37 Abs. 2 MsBG an, dass spätestens drei Monate von der Ausstattung der Messstelle mit modernen Messein­rich­tungen die Betrof­fenen Anschluss­nutzer, ‑nehmer, Anlagen­be­treiber und Messstel­len­be­treiber zu infor­mieren sind. Sie sind dabei auf die Möglichkeit zur freien Wahl eines Messstel­len­be­treibers hinzuweisen.

Diese Drei-Monats-Frist hat Westnetz 2017 nach Ansicht des Landge­richts (LG) Dortmund missachtet. Westnetz hatte erst zwei Wochen vor dem geplanten Einbau infor­miert. Zwar enthielt das Schreiben einen Hinweis auf die Drei-Monats-Frist mit dem Vermerk, dass Betroffene dem vorge­zo­genen Termin wider­sprechen können. Nach Ansicht der Kammer reicht das aber nicht, um den Anfor­de­rungen des Gesetzes zu genügen. Westnetz stelle Wettbe­werber und Kunden damit vor vollendete Tatsachen und greife in die Wertung des Gesetz­gebers ein, der sich die Sache ja nun anders vorge­stellt hat. Eine Einwil­ligung in eine Frist­ver­kürzung müsse vor der Benennung eines Termins vorliegen und nicht im selben Schreiben erst erbeten werden.

Die Entscheidung ist noch nicht rechts­kräftig. Sie ist inhaltlich jedoch überzeugend. Die Entscheidung unter zeitlichen Druck wollte der Gesetz­geber gerade nicht. Es wäre mithin überra­schen, wenn das Oberlan­des­ge­richt die Sache anders sehen würde. Aber Überra­schungen erlebt man ja immer wieder (LG Dortmund, Az.: 25 O 282/18).

Von |2019-03-15T14:13:41+01:0015. März 2019|Digitales, Gas, Strom|

Fünf Sterne: Bewer­tungen gegen Vorteile

Vertriebs­leiter Valk ist sauer. Die Konkurrenz, die Stadt­werke Unter­al­theim GmbH (SWU), hat es tatsächlich geschafft, mit 4,5 von 5 Sternen die Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) hinter sich zu lassen. „Exzel­lenter Service!“, muss Valk über die Konkurrenz lesen. „Unkom­pli­zierter Versor­ger­wechsel!“, was besonders schmerzt, weil der Valk namentlich bekannte Kunde, Herr Kaufmann, zuvor 20 Jahre Strom bei der SWO bezog.

Erst als Valk Herrn Kaufmann beim Einkaufen trifft, lichtet sich der Nebel um das Geheimnis der glänzenden Bewer­tungen: Jeder Kunde, der der SWU im Netz volle fünf Punkte gibt, erhält postwendend das SWU-Fanpaket, bestehend aus dem Unter­al­t­heimer Stier aus Plüsch, einem Malbuch mit Stier und einer Rindermettwurst.

Noch am selben Tag mahnt die Anwältin der SWO die lästige Konkurrenz ab. Man darf nämlich keine Bewer­tungen kaufen, wie das OLG Hamm schon 2010 klarge­stellt hat, wenn es ausführt:

Wird mit Kunden­emp­feh­lungen und anderen Referenz­schreiben geworben, darf das Urteil des Kunden grund­sätzlich nicht erkauft sein. Die Verwendung bezahlter Zuschriften ist unzulässig, wenn auf die Bezahlung – wie hier – nicht ausdrücklich hinge­wiesen wird“

Der Verbraucher erwarte nämlich ein freies und unbeein­flusstes Meinungsbild und werde in die Irre geführt, wenn dem nicht so sei.

Nach einigem Hin und Her unter­wirft sich die SWU. Valk stellt schon mal den Sekt kalt, als ihn neue Bewer­tungen irritieren. Die Bewer­tungsflut hört nämlich gar nicht auf. Auf der Seite der SWO dagegen tröpfelt es eher als es läuft. Nur alle paar Monate äußert sich mal jemand, und dazu – wie das eben so ist – auch noch meistens solche Leute, die aus irgend­einem Grund unzufrieden sind. Endlich erfährt Valk, dass das SWU-Fanpaket nun nicht mehr nur für gute Bewer­tungen versprochen wird. Sondern für jeden, der überhaupt bewertet.

Doch auch hier folgt stehenden Fußes die Abmahnung. Denn das OLG Hamm hat 2013 festge­stellt, dass jede Vorteils­ge­währung für Bewer­tungen wettbe­werbs­widrig ist, weil der verspro­chene Vorteil die Selbst­be­stimmtheit der Meinung beein­trächtige. Das Meinungsbild werde so verzerrt.

Einen Tag später klingelt bei Valk das Telefon. Sein Antipode ist dran, der Vertriebs­leiter der SWU. Man kenne sich doch, hebt dieser an. Und man wolle sich doch nichts Böses. Und wie wäre es denn, wenn Valk auf seine Abmahnung verzichte. Und dafür auch die SWU nicht so genau hinschaue, wo Valk seine Bewer­tungen herbe­kommt. Nach einigem Hin und Her ist man so gut wie handelseinig.

Am Ende scheitert der Deal dann doch an den Juristen. Denn auch, wenn SWO und SWU sich einig wären: Es soll, so hört man, ja noch andere Wettbe­werber geben. Und die Verbrau­cher­zen­tralen sind auch nicht ohne.

Von |2019-02-04T11:36:59+01:004. Februar 2019|Wettbewerbsrecht|

Neues von der facebook-Fanpage

Erinnern Sie sich noch an die EuGH-Entscheidung zu facebook-Fanpages und an den Ärger, den Herr Valk von den Stadt­werken Oberal­theim damit hatte?

Um es kurz zu rekapi­tu­lieren: Am 5. Juni 2018 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer viel beach­teten Entscheidung sich mit sogenannten facebook-Fanpages befasst. Es geht also um diese Seiten bei facebook, mit denen sich Unter­nehmen oder öffent­liche Organi­sa­tionen kostenlos präsen­tieren und in Kontakt mit ihren Kunden treten können. Eine schöne Sache eigentlich, wenn nur nicht das Geschäfts­modell von facebook darin bestehen würde, möglichst viele Daten zu sammeln – und das mit Hilfe von Cookies nicht nur von facebook-Nutzern, sondern auch von Kunden, die mit facebook ansonsten gar nichts am Hut haben. In seinem Urteil hat der EuGH festge­stellt, dass nicht nur facebook für das Sammeln und Verar­beiten der Daten verant­wortlich ist, sondern auch die Betreiber der Fanpage eine Mitver­ant­wortung haben. Das hat die deutschen Daten­schützer natürlich gefreut, denn an facebook, dessen europäi­scher Sitz in Irland ist, kommen sie schlicht nicht ran.

Herr Valk war dagegen weniger begeistert. Schließlich war es ihm ein Anliegen, dass die Stadt­werke Oberal­theim mithalten können und bei einem jungen Kunden­stamm wahrge­nommen werden, der sich auf den sozialen Netzwerken bewegt. Facebook zu verlassen kam daher nicht in Frage. Anderer­seits profi­tierte er zwar von der statis­ti­schen Auswertung seiner Kunden­daten durch facebook, den sogenannten insights, hatte ansonsten nichts mit der Daten­ver­ar­beitung durch facebook zu tun. Er konnte insofern auch keinerlei Einfluss darauf nehmen, dass dabei alles mit rechten Dingen zugeht. Herrn Valk blieb insofern nichts übrig, als auf eine weitere Klärung der Rechtslage zu warten; ein unbefrie­di­gender Zustand für einen Vertriebs­leiter, der die Dinge ansonsten gern etwas offen­siver angeht. Inzwi­schen hat sich zwar einiges getan, ob es aber reicht, um den Stadt­werken Oberal­theim und anderen Unter­nehmen Sicherheit zu bieten?

Zunächst hatte die Daten­schutz­kon­ferenz, in der sich die Daten­schutz­be­hörden des Bundes und der Ländern abstimmen, unmit­telbar nach seinem Erscheinen auf die Konse­quenzen des Urteils aufmerksam gemacht: Die Daten­schutz­grund­ver­ordnung (DSGVO) fordert bei gemein­samer Verant­wort­lichkeit eine Verein­barung nach Artikel 26 DSGVO zwischen den Betei­ligten über die Verteilung der Pflichten. Als die Daten­schutz­kon­ferenz drei Monate später erneut zusam­mentrat, war facebook, von kosme­ti­schen Details abgesehen, aller­dings noch untätig geblieben. Daher wurden die Fanpages für illegal erklärt und die Verein­barung erneut angemahnt.

Auf die Mahnung hin legte Facebook ein paar Tage später eine Verein­barung vor, das sogenannte „Page Controller Addendum“. Mit dieser Zusatz­ver­ein­barung erkennt facebook zum einen die geltende Rechtslage an und übernimmt die Haupt­ver­ant­wortung für den Daten­schutz, dazu zählt insbe­sondere die Erfüllung von Infor­ma­ti­ons­pflichten, Betrof­fe­nen­rechten, Melde­pflichten und Daten­si­cherheit. Die Fanpage-Betreiber müssen klären, dass eine Rechts­grundlage für die Verar­beitung der Insights-Daten besteht. In dem Zusam­menhang stellt sich die Frage, ob und auf welche Weise Kunden oder Besucher der Fanpage über die Daten­ver­ar­beitung im Zusam­menhang mit ihrem Besuch infor­miert werden müssen. Weiterhin müssen die Betreiber den Verant­wort­lichen für die Daten­ver­ar­beitung der Seite benennen und sonstige geltende recht­liche Pflichten erfüllen. Schließlich müssen die Betreiber alle Nutzer­an­fragen oder Anfragen der Aufsichts­be­hörden per Formular an Facebook weiter­leiten und bei der Klärung der Anfragen kooperieren.

Herrn Valk hat die insights-Verein­barung mit Facebook zwar schon mal abgeschlossen, richtig befriedigt hat ihn die Lösung jedoch noch nicht. Sorge bereitet ihm unter anderem die Ankün­digung seiner zustän­digen Daten­schutz­be­hörde, die Daten­schutz­kon­for­mität von Fanpages in der Verwaltung und bei ausge­wählten Unter­nehmen zu prüfen. Erste Städte sollen die Konse­quenz gezogen und sich aus Facebook verab­schiedet haben. Soweit will Herr Valk nicht gehen. Er wartet lieber noch auf die Entscheidung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts (BVerwG). Der EuGH hatte nämlich noch nicht das letzte Wort gesprochen, sondern nur im Vorla­ge­ver­fahren Fragen beant­wortet, die für ein Urteil des BVerwG streit­ent­scheidend sind.

Von |2019-01-21T15:27:02+01:0021. Januar 2019|Datenschutz, Digitales|

Das Bild in der Broschüre: Mitar­bei­ter­fotos nach Inkraft­treten der DSGVO

Im Nachhinein waren sich ja alle einig: Ausge­rechnet den größten Queru­lanten von Oberal­theim als Buchhalter einzu­stellen, war ein Fehler. Aber nach mehreren schlimmen, quasi buchhal­ter­losen Monaten war Geschäfts­füh­rerin Göker so weich gekocht, dass sie sich auf ein Experiment mit Herrn Abusch einließ.

Es hatte dann auch nicht lange gedauert. Zum 1. Oktober hatte Herr Abusch angefangen. Zum Ende des Jahres hatte er die Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) dann auch schon wieder verlassen. Es blieb nur die Sache mit der Broschüre

Die SWO hatten sich nämlich 2018 dazu entschlossen, eine neue Unter­neh­mens­bro­schüre aufzu­legen. Die Fotos waren toll. Frau Göker mit der neuen Solar­anlage. Vertriebs­leiter Valk im Gespräch mit einer neuen Kundin. Und eben auch Herr Abusch, der mit finster zusam­men­ge­zo­genen Brauen auf einen Bildschirm starrt.

Die SWO fand es nun nicht gar so schlimm, dass Herr Abusch weiterhin in der Unter­neh­mens­bro­schüre abgebildet blieb. Doch kaum lag die Broschüre öffentlich aus, meldete sich Herr Abusch: Die Broschüre müsse weg. § 22 Abs. 1 Kunst­ur­he­ber­gesetz (KunstUrhG) erlaube die Verbreitung von Bildnissen von Personen nämlich nur mit deren Einwil­ligung. Und eine solche habe er nie erteilt. 

Das ist doch klar, dass man Fotos von Mitar­beitern machen kann!“, wütete Valk, musste sich von Justi­ziarin Berlach aber eines Besseren belehren lassen. Auch ein Mitar­beiter muss einwil­ligen, damit der Arbeit­geber seine Bilder veröf­fent­lichen darf. Zähne­knir­schend trat Herr Valk mit Herrn Berlach in Verhand­lungen und zahlte schließlich eine Summe, über die Herr Valk nie wieder sprechen möchte, an den schadenfroh grinsenden Ex-Buchhalter.

Doch selbst wenn eine solche Einwil­ligung erteilt worden wären, wäre die Angele­genheit nicht ganz trivial. Zwar existiert eine Recht­spre­chung des Bundes­ar­beits­ge­richts, nach der eine Einwil­ligung jeden­falls dann nicht automa­tisch mit der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses erlischt, wenn der Film nicht auf die indivi­duelle Person des Arbeit­nehmers Bezug nimmt, und dieser könne auch nicht einfach aus Anlass der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses die Einwil­ligung wider­rufen, wenn er hierfür keine plausible Begründung habe (u. a. BAG, Az.: 8 AZR 1011/13).

Doch diese Recht­spre­chung stammt aus der Zeit vor Inkraft­treten des neuen Daten­schutz­rechts. Mögli­cher­weise müssen heute die deutlich höheren Anfor­de­rungen des neuen Daten­schutz­rechts einge­halten werden. Schließlich wissen wir ja noch nicht abschließend, wie es mit dem Verhältnis von DSGVO und KunstUrhG steht. Hieraus resul­tiert etwa: Das neue Daten­schutz­recht ordnet an, dass bereits bei der Daten­er­hebung, also beim Fototermin, über die beabsich­tigte Verwendung der Bilder infor­miert werden muss. Außerdem erlaubt das neue Daten­schutz­recht es ausdrücklich, Einwil­li­gungen jederzeit mit Wirkung für die Zukunft zu wider­rufen. Es ist nicht ausge­schlossen, dass damit die arbeits­recht­liche Recht­spre­chung, nach der ein Mitar­beiter nach seiner Kündigung nicht einfach so seine Einwil­ligung zurück­ziehen kann, damit hinfällig ist.

Doch sollte ein Unter­nehmen angesichts dieser bisher ungeklärten Fragen künftig ganz auf Mitar­bei­ter­fotos verzichten? Mögli­cher­weise liegt eine sowohl sichere, als auch pragma­tische Lösung darin, Einwil­li­gungen einzu­holen und dabei alle Forma­li­täten und Infor­ma­ti­ons­pflichten einzu­halten, und nie so viel drucken zu lassen, dass bei einer zurück­ge­zo­genen Einwil­ligung ein wirklich schmerz­hafter Schaden entsteht.

Von |2019-01-09T00:06:00+01:009. Januar 2019|Wettbewerbsrecht|

Wunder­waffe im Verbrau­cher­schutz? Die neue Musterfeststellungsklage

Anders als die USA tut sich Deutschland mit kollek­tivem Rechts­schutz eher schwer. Voraus­setzung für den Zugang zu den Gerichten ist nach herkömm­licher Dogmatik nämlich die Betrof­fenheit in eigenen Rechten – und die kann grund­sätzlich nur jeder für sich selbst geltend machen. Im Umwelt­recht hat sich das mit der Verbands­klage für anerkannte Umwelt­ver­bände schon seit einiger Zeit geändert. Nun gibt es seit Anfang dieses Monats auch im Verbrau­cher­schutz ein Instrument, das mit den §§ 606 ff. in die Zivil­pro­zess­ordnung (ZPO) eingefügt worden ist. Die sogenannte Muster­fest­stel­lungs­klage, bzw. kurz: Muster­klage. Droht nun eine Schwemme von „Sammel­klagen“?

Durch die Muster­fest­stel­lungs­klage erhalten nun auch bestimmte, gesetzlich näher quali­fi­zierte Verbrau­cher­schutz­ver­bände ein Klage­recht in Zivil­sachen. Aller­dings bezieht sich das Klage­recht nur auf die Feststellung der Voraus­set­zungen von Ansprüchen oder anderen Rechts­ver­hält­nissen. Es kann also anders als bei den Sammel­klagen nach ameri­ka­ni­scher Art nicht direkt auf Zahlung, Leistung oder Unter­lassung geklagt werden. Voraus­setzung für die Zuläs­sigkeit der Klage – und das ist ein Unter­schied zur umwelt­recht­lichen „altru­is­ti­schen“ Verbands­klage – ist nach § 606 Absatz 3 Nr. 2 und 3 ZPO, dass zehn indivi­duelle Verbraucher ihre Betrof­fenheit in eigenen Rechten glaubhaft machen. Innerhalb von zwei Monaten nach öffent­licher Bekannt­ma­chung müssen weitere 50 Verbraucher ihre Rechte wirksam angemeldet haben.

Anlass für die Einführung der Muster­fest­stel­lungs­klage war der Diesel­skandal. Weil die Ansprüche gegen die Volks­wagen AG drei Jahre nach dem Bekannt­werden der ‚Unregel­mä­ßig­keiten‘ bei der Abgas­rei­nigung zu Neujahr 2019 verjähren würden, wurde die Klageart noch kurz vorher, nämlich zum 1. November 2018 einge­führt. Am selben Tag hat der Verbrau­cher­zen­trale Bundes­verband (vzbv) in Koope­ration mit dem ADAC Klage gegen VW einge­reicht, die nun öffentlich bekannt gemacht wurde. Mit der Klage soll festge­stellt werden, dass Volks­wagen seine Käufer vorsätzlich sitten­widrig geschädigt hat und ihnen Schadens­ersatz schuldet. Gesucht wurden zunächst noch 50 Verbraucher, die ihre Rechte wirksam anmelden, was vermutlich nicht schwer fallen dürfte. Die Anmeldung als Betrof­fener im Klage­re­gister ist nämlich nicht mit keinerlei Kosten oder Risiken verbunden – und selbst das Anmel­dungs­for­mular lässt sich in wenigen Minuten ausfüllen.

Falls Sie also zufällig ein Fahrzeug der Marke Volks­wagen, Audi, Seat oder Skoda mit einem Diesel­motor des Typs VW EA189 gekauft haben, für die ein Rückruf ausge­sprochen wurde, könnten Sie sich ebenfalls ins Klage­re­gister eintragen. Wenn die Muster­fest­stel­lungs­klage erfolg­reich ist, wird vom Gericht festge­stellt, dass ein Schaden vorliegt. Nach einem positiven Feststel­lungs­urteil müssten die Verbraucher ihre Schaden­er­satz­an­sprüche zwar noch indivi­duell durch­setzen. Das Prozess­risiko lässt sich dann aber überschauen, so dass ein hoher Anreiz zur Klage besteht, wenn nicht ohnehin ein Vergleich geschlossen wurde.

Wie Sie vielleicht schon erraten haben, wurden die Paragrafen zur Regelung der Muster­fest­stel­lungs­klage nicht bloß wegen des Diesel­skandals in die Zivil­pro­zess­ordnung eingefügt. Allgemein war es vielen Verbrau­chern bislang schlicht zu lästig, mit relativ hohem Aufwand und erheb­lichem Kosten­risiko gegen Rechts­ver­stöße von Unter­nehmen vorzu­gehen, wenn der eigene Schaden nur gering war. Das könnte sich in Zukunft ändern, da nach einer erfolg­reichen Muster­fest­stel­lungs­klage eine indivi­duelle Schaden­er­satz­klage angesichts des geringen Beweis­auf­wands und Kosten­ri­sikos auch für Verbraucher ökono­misch lukrativ ist. Laut Erläu­te­rungen im Inter­net­auf­tritt des Bundes­rates soll das neue Verfahren vielmehr „bei so genannten Massen­ge­schäften wie Preis­er­hö­hungen von Banken oder Energie­lie­fe­ranten oder auch unfairen Vertrags­klauseln“ helfen. Es ist also nicht auszu­schließen, dass die Unter­al­theim GmbH in Zukunft auf Verbrau­cher­schützer noch schlechter zu sprechen ist, als das bisher bereits der Fall war. Wie gut, dass die Stadt­werke Oberal­theim ihre Energie­lie­fer­ver­träge zum Jahresende überar­beitet haben.

Von |2018-11-29T09:20:42+01:0029. November 2018|Allgemein, Vertrieb|

Der Abenteu­er­tarif

Vertriebs­leiter Valk ist wirklich mit allen Wassern gewaschen. Aber selbst ihm fällt es nicht leicht, den Grund­ver­sor­gungs­tarif der Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) anzupreisen. Er ist schließlich deutlich teurer als der Grund­ver­sor­gungs­tarif in anderen Gemeinden. Und viel, viel teurer als alle anderen Tarife der SWO ist er auch. Warum Valk trotzdem versucht, ihn anzupreisen: Er ist extrem profitabel. 

Zwar kann die SWO sich die Kunden in der Grund­ver­sorgung nicht aussuchen. Aber immerhin sind diese Kunden nicht so preis­be­wusst wie andere. Sie, die noch nie gewechselt haben, sind die treuesten Kunden und machen bis heute rund 40 % der Stromerlöse der SWO aus. 

Aller­dings kann man den Tarif ja schlecht genau so anpreisen. Für den günstigen Online-Tarif mit zwei Jahre Laufzeit, Bankeinzug und Rechnung per E‑Mail hat Valk sich den schönen Namen „Sparschwein-Tarif“ einfallen lassen. Der Tarif mit zweijäh­riger Mindest­ver­trags­laufzeit in Kombi­nation mit 42 km Fahrt mit einem der beiden Car-Sharing-Elektro­mobile der SWO heißt der Marathon-Tarif. „Sicherheit auf langen Wegen“ lautet der Slogan. Aber wie zum Teufel soll der Grund­ver­sor­gungs­tarif nur heißen?

Schließlich kommt Valk die rettende Idee. Der „Abenteurer-Tarif“ soll die Grund­ver­sorgung künftig betitelt werden. Zwar ist der durch­schnitt­liche Grund­ver­sor­gungs­kunde Rentner und alles andere als abenteu­erlich veranlagt. Aber ein bisschen abenteu­erlich ist die Grund­ver­sorgung schon, findet Valk. Denn niemand ist ja so spontan wie der Grund­ver­sor­gungs­kunde: Alle anderen Tarife der SEO laufen nämlich mindestens zwei Jahre. Nur diesen Tarif kann der Kunde – das ist gesetzlich so vorge­schrieben – kurzfristig kündigen.

Spontan wie keiner“ schreibt Valk kurz entschlossen. Dann schickt er den Flyer mit seinen drei Tarifen in die Druckerei und lässt die Flyer verteilen. Doch nur wenige Tage später flattert erneut eine Abmahnung ins Haus. § 3 Abs. 3 UWG in Verbindung mit Nummer zehn des Anhangs zum UWG sei verletzt, behaupten die Stadt­werke Unter­al­theim GmbH, die SWU. Hier ist nämlich verboten, den unzutref­fenden Eindruck zu erwecken, gesetzlich bestehende Rechte würden eine Beson­derheit des Angebots darstellen. 

Valk jedoch denkt nicht daran, sich zu unter­werfen. Natürlich, so diktiert er der Justi­tiarin Frau Berlach in die Feder, sei das Recht zur kurzfris­tigen Kündigung eine Beson­derheit des Grund­ver­sor­gungs­tarifs. Aber doch nicht gegenüber der SWU, die ebenfalls einen Grund­ver­sor­gungs­tarif anbieten muss, da sie in Unter­al­theim – aber eben nicht in Oberal­theim – die Grund­ver­sor­ger­funktion erfüllt. Nein, lediglich gegenüber den anderen Tarifen, die die SWO selbst anbietet, sei die kurzfristige Kündi­gungs­mög­lichkeit etwas Besonderes.

Valk hätte es auch diesmal auf eine gericht­liche Ausein­an­der­setzung ankommen lassen. Doch Geschäfts­füh­rerin Göker reicht es diesmal. Sie greift zum Hörer. Die SWU verzichtet auf alle Rechte aus der Abmahnung. Die SWO bezahlt der SWU dafür eine Anzeige für ihren Strom­ver­trieb im „Altheimer Tageblatt“ der 30 km entfernten Kreisstadt.

Machen Sie sich nichts daraus, da haben wir doch eh kaum Kunden.“, tröstet Frau Göker Herrn Valk. Und dass die Abonnenten des „Altheimer Tageblatts“ den Flyer der SWO am Folgetag als Beilage erhalten: Das wird in Unter­al­theim vermutlich nie jemand erfahren.

Von |2018-09-12T08:11:15+02:0012. September 2018|Wettbewerbsrecht|

Der Influencer schlägt zu

Frau Göker bleibt auch nichts erspart. Monatelang hatte Vertriebs­leiter Valk herum gebohrt: Junge Kunden ließen sich nicht mit einem schöneren Kunden­center gewinnen. Statt­dessen setzt Valk auf Influencer. Das sind, erklärte er der Geschäfts­füh­rerin, so Künstler aus dem Internet.

Einen jungen Mann hatte Valk Frau Göker aufge­schwatzt. Im Internet soll er ein Star sein. Irgendwann hatte Valk Frau Göker wie immer weich­ge­klopft. Für 350 € im Monat sollte der junge Mann bei YouTube für ein ganzes Jahr jeweils ein kurzes Filmchen über die Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) machen.

Einige Monate lief auch alles prächtig. Frau Göker hatte sich zwar jedes Mal gefragt, ob dieser merkwürdige Sprech­gesang eigentlich wirklich gut ankommt. Auch die vielen Fäkal­aus­drücke hatten sie gestört. Überhaupt, Deutscher Rap. Und wieso ging es immer um Krimi­nelle? Frau Göker hört am liebsten Volks­musik. Aber immerhin: Der junge Mann kam bei der jungen Klientel großartig an, sogar Frau Gökers Neffe äußerte sich ausge­sprochen begeistert.

Dann letzte Woche der Schock. Der junge Mann sang nicht nur über Gewalt­taten. Gemeinsam mit einem Freund hatte er tatsächlich eine Prügelei auf dem Stadtfest von Unter­al­theim angefangen und einem anderen Mann den Arm gebrochen. Frau Göker wollte gar nicht ausschließen, dass die Fans des Influencers sogar das bejubeln würden. Sie aber wollte damit nichts mehr zu tun haben. Valk sollte den Vertrag sofort kündigen.

Aller­dings lief der Vertrag noch fast ein ganzes Jahr. Justi­ziarin Birte Berlach schrieb zwar ein energi­sches Kündi­gungs­schreiben und berief sich auf § 313 Abs. 3 S. 2 BGB. Hier liege eine Störung der Geschäfts­grundlage vor. Denn die öffent­liche Wertschätzung, die der Markt dem jungen Mann entge­gen­bringe, sei durch die Straftat so schwer­wiegend zum Schlechten verändert worden, dass gemäß § 313 Abs. 3 S. 2 BGB ein Recht zur Kündigung bestünde.

Der Influencer nahm das nicht hin. Sich öffentlich zu prügeln sei quasi Teil seines Images. Sein Anwalt schrieb sogar, als „Gangster Rapper“ (Frau Göker runzelte die Stirn) sei seine Glaub­wür­digkeit sogar gestiegen. Als Frau Göker sich aber angesichts der zöger­lichen Reaktion der Richter am örtlichen Landge­richt nicht mehr sicher war, ob sie den Vertrag wirklich würde kündigen können, ging sie auf einen Kuhhandel ein: Bis zum Ende der einjäh­rigen Vertrags­laufzeit bekam der junge Mann vollkommen leistungslos die Hälfte der verein­barten Summe. Alle Filme, die rund um die SWO schon im Netz standen, wurden, soweit es ging, entfernt.

Gegen so etwas, so der erstaunlich gut gelaunte Valk, sei man halt nie gefeit. Justi­ziarin Berlach jedoch weiß es besser: Bei der nächsten Zusam­men­arbeit mit Influencern müsse der Vertrag für solche Fälle eine Kündi­gungs­mög­lichkeit enthalten. Nochmal –  sie sah Valk strafend an – würde jeden­falls nichts mehr per Handschlag besiegelt. 

Aber ob es zu einem solchen Vertrag jemals wieder kommt? Geschäfts­füh­rerin Göker schwört: Influencer kommen ihr nicht mehr ins Haus. Valk aller­dings war erst heute morgen bei Frau Berlach, um sich zu erkun­digen, was man gegen Nachbarn tun könne, die sich beschweren, wenn man im Keller laut singt.

Sie wollen mehr erfahren? Kommen Sie zu uns.

Von |2018-08-30T21:02:44+02:0030. August 2018|Wettbewerbsrecht|

Wenn der Staat nicht spurt

Stellen wir uns vor, Sie haben Ärger mit Herrn Abusch, dem alten Queru­lanten. Das ist Ihr Mieter. Sie haben ihm gekündigt, er soll ausziehen, Sie wollen, dass er poten­tielle Nachmieter in die Wohnung lässt, und darauf haben Sie auch einen schon gerichtlich durch ein Urteil festge­stellten Anspruch.

Macht er aber nicht. Sie haben sich mit den Nachmietern angekündigt, aber Herr Abusch macht nicht auf. Herr Abusch befolgt das Urteil einfach nicht. Sie wenden sich also wieder ans Gericht und beantragen Vollstre­ckungs­mittel. Erst beantragen Sie Zwangs­gelder für jeden Fall, in dem Sie wieder vor verschlos­sener Tür stehen. Aber Herr Abusch hat einfach kein Geld, deswegen haben Sie ihm ja auch gekündigt. Schließlich beantragen Sie Zwangshaft. Wird Herr Abusch es soweit kommen lassen? Das nehmen wir doch eher nicht an.

Stellen wir uns nun vor, Sie haben nicht Herrn Abusch, sondern die Stadt Oberal­theim verklagt, beispiels­weise auf eine Auskunft. Sie gewinnen mit Pauken und Trompeten Ihren Prozess vorm Verwal­tungs­ge­richt. Die Stadt macht aber nicht, was sie soll. Frau Bürger­meis­terin Birkner ist für Sie nicht zu sprechen, die verlangten Akten gibt es auch nicht, und nun stehen Sie da. Sie also zurück zum Verwaltungsgericht.

Zwangshaft, sagen Sie. § 172 VwGO sagt das Verwaltungsgericht:

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einst­wei­ligen Anordnung aufer­legten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Frist­setzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach frucht­losem Frist­ablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken“

Typisch Staat, sagen Sie. Immer eine Extra­wurst. Und auf der Gegen­seite sitzt Bürger­meis­terin Birkner und dreht Ihnen eine lange Nase. Die Stadt zahlt also, es passiert gar nichts, und irgendwann sind Sie das Ganze müde. Dann legen Sie die Sache zu den Akten und im Rathaus knallen die Korken.

Die Kläger gegen die Schad­stoff­be­lastung in deutschen Innen­städten, darunter die Deutsche Umwelt­hilfe (DUH), werden, schätzen wir mal, die Sache aber nicht auf sich beruhen lassen. Nach Bayern hat nun auch Baden-Württemberg Zwangsgeld erlassen, weil immer noch keine Fahrverbote oder gleich wirksame Maßnahmen verhängt wurden. Bedau­erlich: Diese Gelder fließen in die Staats­kasse, also direkt wieder ans Land Bsden-Württemberg, so dass keine besonders motivie­rende Wirkung zu erwarten ist. Hier stellt sich also durchaus die Frage, ob nicht am Ende doch – trotz des Wortlauts des § 172 VwGO – aus der verfas­sungs­rechtlich veran­kerten Geset­zes­bindung der Verwaltung direkt heraus, Zwangshaft angeordnet werden muss. Aber bis es dahin kommen sollte, ist es sicherlich noch ein langer Weg.

Von |2018-08-26T22:54:50+02:0026. August 2018|Verwaltungsrecht|

Neue Suche benötigt?

Wenn Sie keine passenden Treffer gefunden haben, versuchen Sie eine neue Suche!