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Kunden­anlage, örtliches Vertei­lernetz, Netz der allge­meinen Versorgung? Die Syste­matik des EnWG

Die Syste­matik des Energie­wirt­schafts­ge­setzes zur Einteilung von Anlagen zur verteilung von Energie ist grund­sätzlich recht übersichtlich. Alles was die Größe einer einzelnen (Direkt)leitung überschreitet ist entweder eine „Kunden­anlage“ oder aber schon ein „Netz“.

Der Begriff der Kunden­anlage ist in § 3 nr. 24a/b definiert – und regel­mäßig Gegen­stand von Abgren­zungs­fragen. Denn wenn Vertei­lungs­an­lagen für die Definition der Kunden­anlage zu groß oder ander­weitig ungeeignet sind, fallen sie automa­tisch in die Kategorie „Netz“. Und der Betrieb eines Netzes unter­liegt, anders als der Betrieb einer Kunden­anlage der Regulierung durch die Regulierungsbehörden.

Umspannwerk mit Zaun und Vorsicht Hochspannung-Schild

Dabei ist dann noch einmal zu unter­scheiden zwischen Netzen, welche die beson­deren Anfor­de­rungen des § 110 EnWG erfüllen und daher auf Antrag als „geschlos­senes Vertei­lernetz“ einge­stuft werden können und dem „Netz der allge­meinen Versorgung“ das jedem Anschluss­nehmer grund­sätzlich zur Verfügung stehen muss.

Aber bedeutet das nun, dass jedes Netz, dass weder Kunden­anlage noch geschlos­senes Vertei­lernetz im recht­lichen Sinne ist, als Netz der allge­meinen Versorgung gilt? Der § 3 Nr. 29d EnWG gibt hier Aufschluss, denn er definiert dort den Begriff des „örtlichen Vertei­ler­netzes“ als

ein Netz, das überwiegend der Belie­ferung von Letzt­ver­brau­chern über örtliche Leitungen, unabhängig von der Druck­stufe oder dem Durch­messer der Leitungen, dient; für die Abgrenzung der örtlichen Vertei­ler­netze von den vorge­la­gerten Netzebenen wird auf das Konzes­si­ons­gebiet abgestellt, in dem ein Netz der allge­meinen Versorgung im Sinne des § 18 Abs. 1 und des § 46 Abs. 2 betrieben wird einschließlich von Leitungen, die ein örtliches Vertei­lernetz mit einem benach­barten örtlichen Vertei­lernetz verbinden

Diese Definition legt nahe, dass es neben den beson­deren Netzen der allge­meinen Versorgung, für die üblicher­weise auch eine besondere Konzession nach § 46 Abs. 1 EnWG vergeben wird – auch örtliche Verteil­netze existieren können, die nicht als Netze der allge­meinen Versorgung gelten.

(Christian Dümke)

Von |3. November 2023|Kategorien: Grundkurs Energie, Netzbe­trieb|0 Kommentare

Klima­mo­bi­li­täts­planung: Frischer Wind aus Südwest?

Nach dem refor­mierten Straßen­ver­kehrs­gesetz soll Klima­schutz in Zukunft eine größere Rolle im Straßen­ver­kehrs­recht spielen. Aber die Einzel­heiten sind bislang noch offen. Denn noch ist von der Verord­nungs­er­mäch­tigung noch nicht abschließend Gebrauch gemacht worden, auch wenn schon ein Kabinetts­entwurf der refor­mierten StVO existiert.

Unklar ist auch noch, wie die Begrün­dungs­an­for­de­rungen für Klima­schutz­maß­nahmen aussehen könnten. Vielleicht könnte hier das sprich­wört­liche Muster­ländle, Baden-Württemberg, Pate stehen. Denn hier gibt es bereits eine gesetzlich veran­kerte Klima­mo­bi­li­täts­planung. Sie ergibt sich aus § 28 des Baden-Württe­m­­ber­­gi­­schen Klima­schutz­ge­setzes.  Demnach können Gemeinden und Gemein­de­ver­bände im Rahmen ihrer Zustän­dig­keiten Klima­mo­bi­li­täts­pläne aufstellen. In ihnen können sie Maßnahmen der Verkehrs­wende zur dauer­haften Vermin­derung von Treib­haus­gas­emis­sionen festlegen. Zu berück­sich­tigen sind dabei die Mobili­täts­be­dürf­nisse der Bevöl­kerung und der Wirtschaft.

Das ist nicht so weit von dem, was auch in der Straßen­ver­kehrs­rechts­reform vorge­sehen ist. Auch da sollen die neuen Ziele Umwelt­schutz, insbe­sondere Klima­schutz, Gesund­heits­schutz und geordnete städte­bau­liche Entwicklung mit den Erfor­der­nissen des Verkehrs in Ausgleich gebracht werden. Es läge insofern nahe, das in einem Bundesland bereits erprobte Instrument mit den neuen Möglich­keiten des Straßen­ver­kehrs­rechts zu verschränken: Die Klima­mo­bi­li­täts­planung könnte, ähnlich wie bereits das städte­bau­liche Verkehrs­konzept bei dem Anord­nungs­grund der geord­neten städte­bau­lichen Entwicklung, helfen, Klima­schutz im Verkehr nachvoll­ziehbar und konsistent zu begründen. Insofern könnten Kommunen ihre Gestal­tungs­spiel­räume vergrößern, wenn sie sich recht­zeitig um eine klima­freund­liche Verkehrs­planung kümmern. (Olaf Dilling)

Von |2. November 2023|Kategorien: Umwelt, Verkehr|Schlag­wörter: , , , , |0 Kommentare

Verdammt der Überwachungsplan

In drei Tagen ist es soweit. Die Überwa­chungs­pläne nach § 6 Brenn­­stoff-Emissi­ons­han­­dels­­gesetz (BEHG) müssen zum 31.10.2023 einge­reicht werden. Die Deutsche Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt) hat hierfür Formulare bereit­ge­stellt, es gibt online zahlreiche Hilfen und Hinweise, wie Verant­wort­liche sich mit der elektro­ni­schen Infra­struktur der Behörde durch das Dickicht schlagen sollen. Immerhin: Verifi­ziert werden müssen die Überwa­chungs­pläne nicht.

Doch was, wenn der Verant­wort­liche Fehler macht? Was passiert, wenn ein Überwa­chungsplan nicht oder zu spät oder mit inhalt­lichen Fehlern abgegeben wird? Die Antwort findet sich in § 22 Abs. 3 BEHG. Hiernach ist es eine Ordnungs­wid­rigkeit, vorsätzlich oder auch fahrlässig einen Überwa­chungsplan nicht, nicht recht­zeitig, nicht vollständig oder nicht richtig abzugeben. Gem. § 22 Abs. 4 BEHG kann dies Geldbußen bis zu 50.000 EUR nach sich ziehen.

Immerhin: Die 50.000 EUR begrenzen das Bußgeld nach oben. Unterhalb dieses maximalen Bußgeld­rahmens setzt die DEHSt ein angemes­senes Bußgeld fest, für dessen Höhe § 17 OWiG maßgeblich ist. Hiernach beträgt das minimale Bußgeld 5 EUR. Da § 22 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 BEHG nicht nach Vorsatz und Fahrläs­sigkeit diffe­ren­zieren, gilt § 17 Abs. 2 OWiG, wonach dann fahrlässige Fehler im Umgang mit dem Überwa­chungsplan mit maximal 25.000 EUR geahndet werden können, vorsätz­liche mit maximal 50.000 EUR. Nach § 17 Abs. 3 OWiG sind ansonsten die Bedeutung der OWiG, die Verhält­nisse des Verant­wort­lichen und die näheren Umstände, also der Vorwurf, der den Täter trifft, maßgeblich. Zu deutsch: Hat er sich wirklich jede erdenk­liche Mühe gegeben oder hat er hart am Rande des Eventu­al­vor­satzes geschlampt? Insofern mag es sich also selbst wenn es am Ende schief geht, lohnen, den Überwa­chungsplan nicht auf die leichte Schulter genommen zu haben (Miriam Vollmer).

P.S.: Sie haben Last-Minute-Fragen rund um den Überwa­chungsplan? Mailen Sie uns, wir melden uns direkt bei Ihnen, um noch recht­zeitig abzugeben.

Von |27. Oktober 2023|Kategorien: Emissi­ons­handel|Schlag­wörter: , |0 Kommentare

Anpassung der Verbrauchs­pro­gnosen nach § 6 S. 3 StromPBG

Die Nachfrage nach Wärme­pumpen ist zuletzt wohl bedingt durch die ungeklärte Förderung einge­brochen, aber Wallboxen nehmen massiv zu. Mit dem Zubau verbunden sind nicht immer, aber oft, auch deutliche Steige­rungen der Strom­ab­nahme. Dies kann in Zusam­menhang mit der Strom­preis­bremse dazu führen, dass Kunden deutlich weniger Entlastung erfahren als die 80% ausgehend von der Strom­ver­brauchs­pro­gnose, für die § 6 S. 2 Nr. 1a StromPBG Entlas­tungen gewährt.

§ 6 S. 3 StromPBG bietet für dieses Problem an sich eine Lösung, denn hier ist vorge­sehen, dass die Strom­ver­brauchs­pro­gnose angepasst wird,

wenn der Betreiber der Wärme­pumpe oder der Ladeein­richtung die Verwendung dieses zusätz­lichen Verbrauchs­geräts dem Betreiber des Elektri­zi­täts­ver­tei­ler­netzes nach § 19 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 der Nieder­span­nungs­an­schluss­ver­ordnung mitge­teilt hat.“

Hieraus ergibt sich: Ohne Mitteilung gibt es auch keine Anpassung der Prognose. Letzt­ver­braucher, die dies bei Instal­lation versäumt haben, sollten unbedingt das Gespräch suchen, denn der Wortlaut legt es nahe, dass erst ab der Mitteilung für die Zukunft angepasst wird, alles andere wäre wohl eine freiwillige Maßnahme des Versorgers, der dies mit einiger Wahrschein­lichkeit auch nicht erstattet bekommen kann (Miriam Vollmer).

Von |27. Oktober 2023|Kategorien: Allgemein|0 Kommentare

Letzt­ver­braucher“ oder „Haushalts­kunde“? LG Köln zur Auslegung des § 41 Abs. 3 EnWG a.F.

Das Auslegen von Gesetzen gehört zum Handwerk eines Juristen. Denn leider drückt der Gesetz­geber sich nicht immer verständlich aus oder es bestehen zumindest verschiedene Ansichten über die Frage, was er wohl mit dieser oder jener Aussage im Gesetz gemeint haben könnte. So auch bei § 41 EnWG in der bis zum 26. Juli 2021 geltenden Fassung.

§ 41 EnWG regelt die Anfor­de­rungen an Energie­lie­fer­ver­träge. Aber für wen? In der aktuellen Fassung bezieht sich der Gesamte Paragraph eindeutig auf Energie­lie­fer­ver­träge mit „Letzt­ver­brau­chern“. Der Begriff des Letzt­ver­brau­chers wurde vom Gesetz­geber in § 3 Nr. 25 EnWG definiert. Soweit so klar.

In der früheren Fassung lautete die Überschrift der Norm jedoch noch „Energ­lie­fer­ver­träge mit Haushalts­kunden“ und sämtliche Absätze, abgesehen von Absatz 3 bezogen sich auch eindeutig auf Verträge mit Haushalts­kunden. Die Begriffe „Haushalts­kunde“ und „Letzt­ver­braucher“ sind nicht gleich­be­deutend. Der Begriff des Haushalts­kunden ist gem. der Definition des § 3 Nr. 22 EnWG enger als der des Letzt­ver­brau­chers. Dieser Unter­schied ist von Bedeutung denn im Absatz 3 der alten Fassung des § 41 EnWG stand geschrieben, dass Energie­ver­sorger „Letzt­ver­braucher“ im Fall von Preis­an­pas­sungen recht­zeitig infor­mieren und ihnen ein Sonder­kün­di­gungs­recht gewähren müssen.

Und hierzu war und ist (auch unter Juristen) streitig, ob der Gesetz­geber dort auch wirklich „Letzt­ver­braucher“ meinte, als er Letzt­ver­braucher sagte. Oder ob hier vielleicht ein Versehen des Gesetz­gebers vorlag und er die Begriffe „Letzt­ver­braucher“ und „Haushalts­kunde“ verwechselt hat, denn schließlich sollte der § 41 EnWG a.F. laut Überschrift ja nur für Verträge mit Haushalts­kunden gelten.

Der Streit hat ganz praktische Auswir­kungen, zum Beispiel bei der Frage ob ein Energie­ver­sorger bei der Erhöhung seiner Preise gegenüber einem Indus­trie­un­ter­nehmen (das Letzt­ver­braucher aber nicht Haushalts­kunde ist) die Anfor­de­rungen des § 41 Abs. 3 alte Fassung EnWG einhalten musste oder nicht.

Wir haben hier vertreten, dass der Gesetz­geber beim Wort genommen werden muss und zumindest das Landge­richt Köln gab uns dazu kürzlich recht. § 41 EnWG a.F. sei am Wortlaut auszu­legen und wenn der Gesetz­geber den von ihm selber definierten Begriff des Letzt­ver­brau­chers dort verwendet, dann gilt das auch (Landge­richt Köln, Hinweis­be­schluss vom 30.06.2023, 88 O 3/23).

(Christian Dümke)

Von |27. Oktober 2023|Kategorien: Recht­spre­chung|0 Kommentare

StVG-Reform: Neue Ziele vs. alte Ziele des Straßenverkehrsrechts

Tatsächlich ist letzten Freitag nach vielen und vorschnellen Ankün­di­gungen endlich ein erster und entschei­dender Schritt zur Reform des Straßen­ver­kehrs­rechts getan worden. Nun ist der Weg frei, um auch Kommunen und Ländern mehr Spiel­räume in der StVO zu geben. Der Schritt bestand darin, zunächst einmal das Straßen­ver­kehrs­gesetz zu refor­mieren. In Zukunft wird es möglich sein, im Bereich des Straßen­ver­kehrs­rechts auch Verord­nungen zu erlassen, die nicht nur auf die Sicherheit und Leich­tigkeit des Verkehrs gestützt sind, sondern weiter Ziele gleich­be­rechtigt in den Blick nehmen, namentlich Umwelt‑, insbe­sondere Klima­schutz und Gesund­heits­schutz sowie eine geordnete städte­bau­liche Entwicklung.

Um dies zu ermög­lichen, wurde in § 6 StVG der neue Absatz 4a eingefügt. Bei der öffent­lichen Anhörung Anfang letzter Woche war dies vom Vertreter der Städte und Kommunen als eine Ausnahme bezeichnet worden (wörtlich als „ganz kleine Schublade“). Aus dem Wortlaut ergibt sich das nicht. Dort steht schlicht, Rechts­ver­ord­nungen können auch erlassen werden zur Verbes­serung der genannten neuen Rechts­güter, soweit sie nicht bereits nach bishe­rigen Ermäch­ti­gungen erlassen werden können. Darin ist zwar formal ein Regel-Ausnahme-Verhältnis begründet, es bestehen aber keine Beschränkung für die Verwendung dieser Rechts­grundlage auf Ausnah­me­fälle in einem quanti­ta­tiven Sinne. Kurz gesagt, der Verord­nungs­geber wird nicht auf seltene Ausnahmen beschränkt.

Eine inhalt­liche Einschränkung besteht aller­dings darin, dass die bisher zentralen Rechts­güter, Sicherheit und Leich­tigkeit, weiterhin berück­sichtigt werden müssen. Bezüglich der Sicherheit ist das eigentlich selbst­ver­ständlich. Denn bei der Verkehrs­si­cherheit geht es indirekt um den Schutz wichtiger Rechts­güter wie Leben, körper­liche Unver­sehrtheit und Eigentum. Die ebenso starke Gewichtung der Leich­tigkeit des Verkehrs ist dagegen politisch kontrovers.

Denn warum sollte es nicht im Spielraum der Kommunen stehen, für Teile des Straßen­raums andere Ziele über die Leich­tigkeit des Verkehrs zu priori­sieren? Es muss dabei jedoch auch berück­sichtigt werden, dass inzwi­schen im Gesetz­ge­bungs­ver­fahren unwider­sprochen geblieben ist, dass die Leich­tigkeit des Verkehrs für alle Verkehrs­mittel gleicher­maßen gelten soll. Dies ermög­licht es im Ergebnis, Maßnahmen durch­zu­setzen, die sowohl der Leich­tigkeit des Umwelt­ver­bunds als auch Zielen des Umwelt- und Klima­schutzes oder der geord­neten städte­bau­lichen Entwicklung dienen. (Olaf Dilling)

 

Von |24. Oktober 2023|Kategorien: Kommentar, Verkehr|Schlag­wörter: , , , , |0 Kommentare