Kanzleien rechnen ihre Dienstleistungen regelmäßig entweder über das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) oder anhand von Stundensätzen für die angefallene Arbeit ab. Da es sich bei den dieser Abrechnung zugrunde liegenden Honorarvereinbarung regelmäßig (wenn auch nicht immer) um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt, unterliegen diese Klauseln nicht nur dem anwaltlichen Standesrecht, also dem Sonderrecht der Rechtsanwälte, sondern auch der AGB-Kontrolle der §§ 305ff. BGB. Sie werden also von den Gerichten einer Inhaltskontrolle unterzogen. Klauseln, die nicht diesen Ansprüchen genügen, sind unwirksam.
Insbesondere die verbreiteten Viertelstundenklauseln, nach denen die angefallene Arbeitszeit je angefangene Viertelstunde abgerechnet und per Stundenaufstellung nachgewiesen wird, sind in den vergangenen Jahren mehrfach vor Gericht gegangen, wobei eine klare Linie der Rechtsprechung sich dabei bisher nicht ausmachen lässt. Unterschiedliche Oberlandesgerichte (OLG) sind zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt. Das OLG Düsseldorf hat am 18.02.2010 (I‑24 U 183/05) eine Viertelstundenklausel, bei der jeweils die angefangene Viertelstunde mit einem 1/4 des Stundensatzes vergütet werden sollte, für unwirksam erklärt. Die Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) zwar aufgehoben, aber die Frage nach der Vergütungsklausel ausdrücklich offen gelassen. Das OLG Schleswig sah sodann 2009 (11 U 159/07) in direkter Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung aus Düsseldorf eine ganz ähnliche Klausel für unproblematisch an. Das OLG Düsseldorf (I‑24 U 112/09) segnete dann 2010 immerhin eine Klausel ab, in der nur einmal am Tag eine angefangene Viertelstunde zu vergüten war, also alle anderen angefangenen Viertelstunden addiert werden sollten, so dass es maximal zu einer Mehrberechnung von 14 Minuten hätte kommen können.
Nunmehr hat das Landgericht (LG) Köln sich erneut mit einer solchen Klausel beschäftigt (26 O 453/16), interessanterweise auf Betreiben der Rechtsanwaltskammer Köln (RAK Köln), die geklagt hat, weil die ihrer Ansicht nach problematisch agierende Kanzlei nicht in Köln ansässig ist, so dass die Kammer nicht – wie gegenüber in Köln ansässigen Anwälten – hoheitlich vorgehen und etwa rügen konnte.
Die Entscheidung ist in vielfacher Hinsicht interessant. Besonderes Augenmerk verdient aber erneut die Passage zur viertelstündlichen Abrechnung. Hier heißt es in der Honorarvereinbarung, die vor Gericht ging:
Diese Klausel genügte dem LG Köln in Anknüpfung an die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf nicht. Das LG Köln sah darin wiederum eine unangemessene Benachteiligung des Mandanten, weil die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung verletzt würde. Ein Anwalt könnte so – so argumentierte bereits das OLG Düsseldorf – nämlich über den Tag verteilt jeweils vier Minuten für den Mandanten aktiv werden, und weil so vier Viertelstunden jeweils angefangen wären, würde ein ganzer Stundensatz anfallen. Das erschien dem Gericht angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten, die Arbeitszeit ganz genau zu erfassen, problematisch. Das Gericht unterstrich dabei, dass dies seiner Ansicht nach sowohl gegenüber Verbrauchern als auch gegenüber Unternehmen gelten würde.
Da im vorliegenden Fall die Kammer geklagt hat und es nicht (anders als in früheren Fällen) um konkrete Honorarforderungen geht, könnten weitere Instanzen die Frage nach der Wirksamkeit der Klausel nicht so leicht mit der Unerheblichkeit im konkrete Fall Außerachtlassung lassen. Es wäre allerdings denkbar, dass höhere Instanzen die Zulässigkeit der Klage verneinen, was die beklagte Kanzlei schon in der ersten Instanz vorgetragen hatte. Die Wahrscheinlichkeit ist aber nicht gering, dass anhand dieses Verfahrens endlich auch einmal durch den BGH geklärt wird, wie Anwälte mit dem schwierigen Kapitel Zeittaktung umzugehen haben.
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